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  • Der Diamantring - Beitrag zum Thema des Monats April 2014


    Anjanka

    Der Diamantring

     

     

    Kaum jemand, der noch ein wenig Mitleid in sich trägt, wird an diesem armen Mann mittleren Alters vorbeigehen, der seufzend und elendig dreinschauend an der Wand der hiesigen (Post)Kutschenstation lehnt. Der Kerl hat zerzauste braune Haare, relativ verschlissene Kleidung und starrt zutiefst traurig auf etwas in seiner Hand.

     

    Wendet man sich ihm zu und kommt nah genug heran, um das Ding in seiner Hand zu sehen, ist die Verwunderung groß, warum ein Mann mit einem Diamantring so elendig aus der Wäsche schaut.

    "Nun, es ist so...", wird dieser auf die entsprechende Nachfrage seufzend antworten, "...meine arme Mutter hat mir über einen Boten mitteilen lassen, dass es ihr sehr schlecht geht. Sie und die anderen zu Hause erwarten das Schlimmste." Er muss schlucken, ringt mit den Tränen und fährt dann leicht zittrig fort: "Es ist ja meine Schuld, dass ich in die Fremde ging. Dass ich etwas von der Welt sehen wollte...Träume hatte. Nichts davon ist wahr geworden und heute bin ich arm wie ein Bettler - nur dieser Ring hier ist mir geblieben. Mutter gab ihn mir, um ihn der Frau zu schenken, die dereinst mein Herz erobern würde. Leider gab es eine solche Dame nie...und so blieb dieses Familienerbstück in meinem Besitz." Er seufzt wieder. "Das Dumme ist nur, dass ich ansonsten keinerlei Habseligkeiten mehr mein Eigen nennen kann. Und die Kutsche, die ins Dorf meiner Mutter fährt, kann ich mir nicht leisten. Auch kein Pferd, um selbst hinzukommen. Und sonst weiß ich keine Möglichkeit, wie ich noch rechtzeitig zu ihr kommen soll... Ihr versteht also, weshalb ich ob meiner Lage so verzweifelt bin."

     

    Aber er ist noch nicht fertig - kurz, bevor sein Zuhörer etwas äußern kann, fährt er schon wieder fort:

    "Dabei gäbe es einen Weg - der mir sehr schwer fällt, aber immerhin - wie ich doch noch zu etwas Gold käme. Nur stelle ich fest, dass mir auch dieser verwährt bleibt. Ich habe mich nämlich nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, diesen Ring hier zu verkaufen, um so die Reise bezahlen zu können. Mutter wird das verstehen - lieber wird sie mich an ihrem Totenbett noch ein letztes Mal sehen, als diesen Ring, den ich ohnehin nie weitergeben werde, in der Familie zu wissen. Und ihrem Sohn dafür keinen letzten Kuss geben zu können." Wieder ein tiefer Seufzer. "Aber als ich vor gut einer Stunde beim hiesigen Händler war, hatte dieser geschlossen und ein Schild in der Tür weist darauf hin, dass er erst übermorgen wieder zurück sein wird. Dann kann es aber schon zu spät sein! Ich muss JETZT los, ich spüre es! Jede Sekunde zählt, aber mir sind die Hände gebunden...ich muss warten. Oder dieses edle Stück dem Kutscher anbieten, zum Tausch für die Fahrt. Somit würde ich den Ring weit unter Wert verlieren...aber ich habe keine Wahl...hach...wenn es doch nur einen anderen Weg gäbe..."

     

    Ab hier läuft es normalerweise folgendermaßen:

    Ein "herzensguter" Bürger nimmt sich der Sache des armen Mannes an und kauft diesem hier und jetzt den Ring ab. Natürlich immer noch weit unter Wert, aber für einen besseren Preis, als die Reise wert gewesen wäre. Etwa ein Drittel des geschätzten Wertes, der laut Aussage des Mannes bei ca. 300 GS liegt, gibt der großzügige Spender also aus und kann dem Mann so die Reise, ein anständiges Begräbnis für die Mutter und einen Neustart gewähren. Dieser ist sehr dankbar und macht sich sogleich auf den Weg - entweder per Kutsche, wenn diese in dem Moment ankommt, oder per Pferd, das er sich laut eigener Aussage sofort mieten oder kaufen will.

     

    Damit hat der Käufer gleichzeitig ein gutes Geschäft gemacht und jemandem in Not geholfen. Denkt er zumindest, bis er den Ring (und vor allem dessen Diamanten) prüfen lässt und feststellen muss, dass das Metall aus hübsch poliertem Messing und der Stein aus Glas besteht...der Ring ist also in Wirklichkeit nur ein paar Silberlinge wert...

     

    Der "arme Mann" mit der todkranken Mutter ist zu diesem Zeitpunkt längst über alle Berge und freut sich, schon wieder einen "ehrenhaften" Bürger ausgenommen zu haben.

     

    Regeltechnisches:

    Nur Abenteurer mit der Fertigkeit Schätzen (nach M4) oder Geschäftssinn (nach M5) haben überhaupt eine Chance, den Schwindel zu erkennen. Auch nur dann, wenn sie es schaffen, dem Gauner den Ring kurz zur Besichtigung abzuschwatzen (was dieser aber zulässt, da er an die gut gemachte Fälschung glaubt). Betrachtet man den Ring dann bei gutem Licht, so erkennt man mit einem EW: Schätzen/Geschäftssinn -4, dass der Stein unecht ist.

    Die rührselige Geschichte lässt sich übrigens so leicht nicht durchschauen, da sie sehr gut einstudiert ist. Hier muss schon auf Verdacht hin ein EW: Menschenkenntnis -6 gelingen!

     

    Dieser Gauner kann in allen Städten Midgards auftauchen, in die er nach obiger Beschreibung hineinpassen kann.

     

    Viel Spaß beim Ausnehmen der SC,

    LG Anjanka


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