Während der letzten drei Tage wurde es immer kälter. War es nördlich des Uchana noch frostfrei, so fror das Wasser heute sogar zur Mittagszeit. Daher kann sich jeder vorstellen, wie froh wir waren als etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang Tanju, unser Begleiter, die Jurten seines Stammes erspähte. Mein Schlafsack ist zwar schon extra warm, aber auf eine Nacht im einfachen Zelt während des aufziehenden Schneesturms konnte ich leicht verzichten.
Tanju wurde von allen begrüßt und er stellte uns als seine Gäste vor. Seine Schwester Beryl begrüßte uns mit heißem Tee und Archi, einer Art Schnaps aus Milch. Das wärmte von innen und als wir unsere Zelte aufbauen wollten lachten die Umstehenden und deuteten auf eine Jurte, die von einigen jungen Männern des Stammes aufgebaut wurde. Es war erstaunlich, innerhalb kürzester Zeit standen das Holzgerüst, wurden mehrere Lagen Stoff und Filz aufgelegt und ein Feuerchen im Inneren brannte. Etwas Einrichtung und unser Gepäck wurden reingestellt und wir hinein gebeten. Wir hatten letztlich gerade mal Zeit für ein paar Schlucke und das Absatteln unserer Tiere.
Als wir durch den dicken Filzvorhang ins Innere unserer Jurte kamen war es schon richtig gemütlich. Der Rauch des Feuers zog nach oben durchs Dach und die Wände schirmten erfolgreich den Wind ab. Beryl wollte uns bekochen, aber natürlich ließ ich mich nicht von der Kochstelle weisen. So lernte ich die Zubereitung von Teigtaschen mit gedünstetem oder frittiertem Schafsfleisch kennen. Für diesen Abend war es dann schon zu spät um größere Feierlichkeiten zu organisieren und so verbrachten wir einen eher ruhigen Abend nach der Reise. Obwohl in der Nacht ein halber Meter Schnee fiel hatten wir eine warme und bequeme Nacht. Am meisten habe ich aber über den großen Stein gestaunt, der wegen des Sturms an die Decke der Jurte gebunden wurde...
Aus den Geschichten von Clemens Zinnbecher
Klirrender Frost liegt über dem Weald als Rhylen Ni Rathgar den heißen Stein aus dem Kamin holt um ihn in ihr Bett zu legen. Entgegen sonstiger Gewohnheit würden ihre beiden Mägde mit in ihrem Bett schlafen. Und selbst mit Stein und den vielen Decken würde es eine kalte Nacht für die drei Frauen. Dabei liegt das Schlafzimmer direkt über der Küche. Aber der Kamin würde nur einen kleinen Teil der Wand vor Frost schützen. Auch Fensterladen, der Holzrahmen mit Schweinsblase und eine zusätzliche Decke als Windschutz werden sich dem scharfen Wind geschlagen geben müssen. Aber auch wenn Rhylen nicht so arm wie manch anderer Albai ist, Steinwände außer am Kamin und schwere Vorhänge vor den Fenstern konnte sie sich nicht leisten, dafür warf ihre kleine Schneiderei nicht genug ab. Wie in jedem Winter würden Gebete an Vana die schlimmste Erkältungen bekämpfen müssen...
Lachend betrat Talariel den großen Raum des Baumhauses neben der großen Eiche, wo ich seit etwa einem Mond Gast im Karmodin sein durfte. Als sie ihr fein gewebtes Stirnband vom Kopf zog fiel etwas Schnee von ihrem blonden Haar und schmolz innerhalb weniger Momente auf dem Teppich aus geflochtenen Blättern. Ich muss ein komisches Gesicht gemacht haben, jedenfalls wurde mir erklärt, dass einigen Tagen im Jahr tatsächlich Schnee in diesem Gebiet ewigen Frühlings fallen würde. Und in der Tat, nach einer lustigen Schneeballschlacht und einem Abend mit flammbierten Brombeerwein war es am nächsten Tag schon wieder warm genug um ohne Mantel raus zu gehen. Hätte ich nicht einen Schneemann gebaut, dann würde schon nichts mehr an den "Wintereinbruch" erinnern.
Aus den Geschichten von Clemens Zinnbecher
Salarios friert erbärmlich. Seit gerade mal drei Monaten war er Novize dieses nikostrischen Klosters und so richtig war er immer noch nicht an die kärgliche Kleidung gewöhnt. Vor ein paar Tagen, nach der ersten Frostnacht des Winters, wurde den Novizen das Tragen eines zweiten Chitons und von Sandalen mit Ledersohle im Kloster erlaubt. Aber spätestens nach einigen Minuten im Freien war das Leder hart vom Frost und was nützt die zweite Lage Stoff wenn Arme und Beine unbedeckt sind. Mit diesen und ähnlichen Gedanken im Kopf wird sich Salarios den Tag über beschäftigen und eventuell am Ende des Winters feststellen, dass er nicht oder wenigstens nur wenig krank gewesen sein wird...
Grummelnd bis schimpfend kümmerte sich Bror Klingenschliff um den Schneematsch in der Pforte, der fix gefroren die ansonsten tadellos funktionierende Tür behinderte. Die große Wachhalle dahinter war zwar nicht wirklich warm, aber eine Reihe von Feuerschalen sorgten nicht nur für Licht sondern auch für ausreichend Wärme. Fast schon im Gegenteil, im Sommer kommen die Bewohner Dvarheims ob der "Hitze" fast schon schnell ins Schwitzen wie an Torkins Schmiedefeuer!
Zumindest hier in den unterirdischen Hallen kann man es als Halbling auch im Winter aushalten, ein gutes Bier und ein leckeres Raclette zusammen mit einem langärmligen Hemd lassen keinen Gedanken an Kälte aufkommen.
Aus den Geschichten von Clemens Zinnbecher
Cainneach schnauft schwer. Schon seit dem frühen Morgen war die ganze Familie auf den Beinen um am Abend die Wintersonnenwende zu feiern. Dieses Jahr kam die Kälte aber schon früh den Runan hinab. Schlimm war nur der Transport von Vorräten aus dem Schuppen über den vereisten Hof in die Halle. Zweimal schon hat er sich im Hof hingelegt, aber zum Glück ist weder ihm noch den Kisten und Fässern etwas passiert. Wenn er jetzt schnell arbeiten würde, dann würde er vielleicht Onkel Eoghan beim Schlachten der zwei Schafe helfen dürfen.
Mühsam wuchtet Cainneach die nächste Kiste auf die Schulter, da wird er durch Musik abgelenkt. Müssen seine Schwestern nicht mehr in der Küche helfen und dürfen noch einmal üben? Ne, die Harfe klingt nach Tante Deirdre. Wie mag es wohl in Teámhair sein?
Cainneach, hör auf zu träumen und mach weiter!
Aufgeschreckt wuchtet der Junge die Kiste in die Halle und hastet wieder zum Schuppen um noch die Bierfässer rüber zu rollen...
Das hatte Kleine Löwin noch nicht gesehen! Frierend und staunend stand sie auf dem weißen Pulver, das sich jemand in der Nacht oben auf dem Sand verloren haben musste. Die anderen Kinder wussten auch nicht was los war und bestürmten den alten Träumenden Regenbogen. Der aber wehrte nur lächelnd ab und verschwand schnell wieder in seiner Hütte. Aber wahrscheinlich war ihm nur einfach kalt.
Etwas später, die Sonne stand zwei Handbreit über dem Horizont, wurde es laut im Dorf. Kleine Löwin und die anderen Kinder hatten gemerkt, dass die dünne Schicht Raureif überall verschwunden war. Ich legte dann irgendwann meinen Umhang ab, denn trotz der kalten Nacht würde es wieder heiß werden und ich genoss noch etwas die angenehme Kühle des frühen Tages.
Abends, als auch einige der Jäger wieder im Dorf waren, erzählte Träumender Regenbogen einige Geschichten. Nicht alle habe ich gleich gut verstanden, aber in einer ging es um einen Springmausgeist, der alle paar Jahre etwas Kreide verteilt. Das gefällt aber anderen Geistern nicht und sowie sie im Sonnenlicht darauf aufmerksam werden sammeln sie Stäubchen für Stäubchen wieder ein. Ich hatte morgens etwas Raureif in die Hand genommen um ihn mir genauer anzuschauen. Das gefiel den Erwachsenen aber nicht, mehr als mit den Füßen darauf herum zu laufen ist offenbar tabu.
Aus den Schriften über den Süden vom Gelehrten Tonio de Tura.
Gut gelaunt füttert Jaroslav ein paar Möhren an seine beiden Pferde. In Geltin liegt fast ein Meter Schnee auf den Straßen und an jedem Haus glitzern Dutzende von Eiszapfen im strahlenden Sonnenschein. Gleich werden sicher die nächsten zahlenden Gäste zu einer Runde im Pferdeschlitten aufbrechen. Leider sind solch tollen Tage selten im Winter, aber heute wird der Augenblick genossen und das Pferdefutter für den restlichen Winter verdient.
Gut eingepackt wartet Jaroslav auf Kundschaft und seine Gedanken schweifen zurück als er ein kleiner Junge war. Es war seine erste Fahrt bei der er seinen Vater begleiten durfte. Und bei einem der Häuser im Viertel der Reichen stand ein Schüsselchen Milch auf dem Fensterbrett. Auf die erstaunte Frage, was das denn bei den niedrigen Temperaturen solle, schließlich wäre doch alles gefroren, kam die verblüffende Antwort von seinem Vater, dass die Wichtel sich davon nicht stören lassen würden. Früh am morgen hätte er eine leere Schüssel herein geholt...
Ehemm!
Aufgeschreckt durch das Räuspern öffnet Jaroslav die Augen und er schreckt hoch. War er doch am helllichten Tag eingedöst und jetzt steht dieser vornehme Mann vor ihm. Schnell hüpft Jaroslav vom Kutschbock und er hilft der Begleitung des Mannes in den Schlitten. Während die Frau die Decken und Felle schließt verhandeln der Mann und Jaroslav Route und Dauer der Fahrt. Zufrieden mit dem Geschäft ertönt ein Schnalzen und der Schlitten setzt sich gemächlich in Bewegung. Wenn doch nur jeder Tag so wie heute wäre.
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