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  • Charakterautonomie vs. Selbstbeherrschung


    Jorgarin

    In einer einige Monate zurückliegenden Runde bei einem von mir sehr geschätzten Spielleiter begab es sich, dass mein von mir ebenfalls sehr geschätzter valianischer Magier von einer Meerjungfrau (Jungfrau erscheint mir in diesem Zusammenhang jedoch eher unangebracht) erfolgreich verführt und in ihr schlüpfriges Bett gelockt wurde. Das Ereignis war mir äußerst unangenehm, da es konträr zu meinem Charakterkonzept eines an fleischlichen Gelüsten absolut desinteressierten, machthungrigen und wissensdurstigen Menschen stand. Hätte die Nixe versprochen, ihm ihre Sammlung magischer Artefakte zu zeigen, wäre ihr der junge Magier mit Freuden und – bei misslungener Sb-Probe – unter Missachtung sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen gefolgt. So hinterließ die Szene bei mir einen faden und sehr unbefriedigenden Nachgeschmack.

    Allein, woher sollte es mein Spielleiter wissen? Er handelt gemäß den Regeln des von uns gewählten Rollenspielsystems, und dieses impliziert nun einmal Situationen, in denen die Charakterautonomie temporär vom Spieler zum Spielleiter wechselt. Es ist also ein systemimmanentes Problem, und demzufolge wohl nur durch eine entsprechende Gruppenkonvention – aka Hausregel – in den Griff zu bekommen.

     

    Ein Hinweis zwischendurch: Wer der Meinung ist, dass alles prima ist und keine Probleme damit hat, dass Charaktere mit niedriger Sb unkontrolliert in der Gegend herumhuren, -saufen und -fressen müssen, wann immer dem Autoren des jeweiligen Abenteuers oder dem amtierenden SL der Sinn danach steht, wird diesen Artikel kaum interessant finden. Er ist mehr für diejenigen gedacht, die sich für ihre Charaktere ein Konzept entwickeln und wenig Begeisterung empfinden, wenn dieses sich aufgrund einer verpatzten Versuchungsprobe oder inflationär herumlaufender Verführer/-innen bzw. Silberzungen in Wohlgefallen auflöst.

     

    Führen wir uns zunächst einmal die Regeln (DFR Seite 34 unten rechts) vor Augen: Die Sb sagt uns, wie leicht unser Abenteurer Versuchungen erliegt – zum Beispiel einem hübschen Gesicht, einer Flasche guten Weines... etc. Das gibt dem SL zunächst einmal, wenn man es unkritisch betrachtet, ein mächtiges Werkzeug an die Hand. Daneben sollte man auch einen kritischen Blick auf die Fertigkeiten Beredsamkeit und Verführen werfen, wobei (und das wird gerne vergessen) das Verführen von Spielercharakteren bereits im Regelwerk (Seite 191) einer Beschränkung unterliegt.

     

    Im Erfolgsfall sollte der Spielleiter alles tun, dass der Abenteurer und sein Spieler diese Person für besonders sympathisch und vertrauenswürdig hält...

     

    Hier steht mit keiner Silbe, dass der Verführte in irgendeiner Form seine Handlungsautonomie verliert und Dinge tun muss, die er eigentlich nicht tun möchte. Es wird vielmehr dem SL auferlegt, den NSC so zu spielen, dass er für den betroffenen Charakter eine Verführung darstellt. Insofern ist Verführen bei richtiger Regelauslegung für unser Charakterkonzept gar nicht so bedrohlich, wie es zu nächst erscheinen mag.

     

    Die Beschreibung von Beredsamkeit sagt hingegen nichts Spezielles über die Anwendung auf Spielercharaktere aus. Da jedoch bei den Versuchungsregeln im Kompendium ausdrücklich erwähnt wird, dass hier ausnahmsweise die Kontrolle über die Spielerfigur vom Spieler auf den Spielleiter übergeht, liegt die Vermutung nahe, dass es sich mit der Beredsamkeit wie mit dem Verführen verhält, ein Erfolg also den Spielleiter dazu verpflichtet, dem Spieler die Ideen der Silberzunge entsprechend schmackhaft zu machen.

     

    Wenden wir uns also dem letzten und härtesten Gegner unseres Charakterkonzepts zu: der Selbstbeherrschung. Hier stehen wir, wie oben erwähnt, in der Tat vor dem Problem, dass die Regeln (zumindest die Erweiterungsregeln im Kompendium) Situationen vorsehen, in denen unser Abenteurer zum unkontrollierten Werkzeug des Spielleiters werden kann. Das kann und will ich so nicht unangefochten stehen lassen. Sicherlich richtig ist, dass, wenn wir nach den unmodifizierten Regeln spielen, die Sb nun einmal da ist und bei regelkonformem Spiel auch entsprechende Beachtung finden sollte. Nur ist Versuchung ein sehr dehnbarer Begriff, und es wäre falsch, die Entscheidung darüber, was für unseren Abenteurer eine Versuchung darstellt, dem Spielleiter zu überlassen. Ob er sich nun von einem drallen Knabenpopo, einem anmutigen Schaf, einer holden Dame, einer Flasche Zwergenschnaps oder einem Haufen Geschmeide in Versuchung führen lässt: Das letzte Wort über das Verhalten unseres Abenteurers – wenn er nicht gerade mittels Macht über Menschen als Marionette eines NSC-Zauberers herumtanzt – sollte bei uns liegen. Ein Priester des Alaran mit einer niedrigen Sb wird nicht zwangsläufig die selben Dinge verführerisch finden wie ein waelischer Bandit. Und nicht jeder Glücksritter muss sich zwangsläufig zu Kindfrauen mit üppiger Oberweite hingezogen fühlen. Vielleicht sind ja reife Herren eher nach seinem Geschmack.

    Aber: Damit das letzte Wort bei uns liegen kann, muss auch das erste bei uns liegen. Demzufolge ist es unsere Verantwortung als Spieler, dem Spielleiter entsprechende Richtlinien an die Hand zu geben, mittels derer er abschätzen kann, was für uns eine überhaupt eine Versuchung darstellt. Tun wir dies nicht, wird es irgendwann zwangsläufig zu unschönen Situationen wie der eingangs beschriebenen Nixenverführung kommen.

    Als ich übrigens bei einem späteren Abenteuer meinen Spielleiter darauf hingewiesen habe, dass mein Magier von fleischlichen Gelüsten nichts hält und wo meiner Meinung nach seine Schwächen liegen, hat er dies sofort und ohne Widerspruch akzeptiert und mich entsprechend angespielt. Es ist also, wie so vieles, eine Frage der rechtzeitigen Kommunikation.

     

    Lösungsvorschlag: Versuchungspunkte und Schwachstellen

    Wir haben also unseren frisch erschaffenen Abenteurer, und wir haben soeben seine Sb ermittelt. Ist der Wert sehr niedrig, dann wissen wir, dass unser Abenteurer moralische Schwachstellen hat, also Eigenschaften, die ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben behindern können (und wahrscheinlich auch werden). Hat er einen sehr hohen Wert, dann ist er äußerst zielstrebig, und es wird wenig (bei Sb 100 mutmaßlich gar nichts) geben, was ihn von der Erfüllung einer Aufgabe abhalten kann.

     

    Im Folgenden stelle ich ein einfaches System vor, diese Gedanken in Werte zu fassen, die dem SL nicht nur einen Versuchungsspielraum bieten, sondern auch Auslöser äußerst interessanter und für beide Seiten befriedigender Spielsituationen werden können. Wir ermitteln für unseren Abenteurer Versuchungspunkte, und zwar nach der Formel:

     

    Versuchungspunkte = (100-Sb)/10

     

    Wie bei Midgard üblich, wird zu Ungunsten des Spielers gerundet. Demnach erhält ein Abenteurer mit Sb 100 gar keine Versuchungspunkte, während einer mit Sb 10 satte 9 Punkte bekommt.

     

    Diese Punkte werden nun Schwachstellen zugewiesen, wobei eine Schwachstelle bis zu 3 Punkte erhalten kann. Die Schwachstellen überlegt sich der Spieler selbst in Anlehnung an sein Charakterkonzept und notiert sie auf der Rückseite seines Charakterbogens und des Spielleiterbogens. Je höher der Wert der Schwachstelle, desto größer das Potential, dass der Abenteurer aufgrund von Versuchungen seine Pflicht vernachlässigt oder andere Pläne fallen lässt. Und desto gravierender auch die Taten, die er dafür zu tun bereit ist. Ein Wert von 1 zeigt, dass er eine kleinere Pflichtverletzung begehen würde, wenn ein entsprechender Anreiz da wäre. Ein Wert von 3 bedeutet, dass der Abenteurer bis hin zum Hochverrat alles tun würde, um sein Verlangen zu stillen. Der Vorteil an diesem System ist, dass es bei einer verpatzten Probe aufgrund der Bereitschaft des Spielers, sich auf diese Schwachstellen einzulassen, noch nicht einmal zu einer Übernahme durch den SL kommen muss.

     

    Beispiel 1:

    Hanno Caerula, Magier aus Valian, hat eine Sb von 25, was ihm 8 Versuchungspunkte einbringt. Ich verteile diese wie folgt:

     

    - Geheimwissen über die Seemeister: 2

    - Magische Gegenstände: 1

    - Gesellschaftliches Ansehen: 2

    - Machthunger: 3

     

    Wenn Hanno von einem schmierigen Krämer mit dem Versprechen, ihm geheime Dokumente aus der Seemeisterzeit zu zeigen, von seinem Posten gelockt wird, ist das für mich schlüssig. Wenn hingegen eine prallbusige Schönheit mit ihren Reizen winkt, wird ihm das allenfalls ein müdes Gähnen entlocken.

     

    Beispiel 2:

    Jorgarin, Händler aus Orsamanca, hat eine Sb von 15 und somit 9 Versuchungspunkte. Ich verteile sie wie folgt:

     

    Schöne Frauen: 2

    Erlesene Speisen: 1

    Erlesene Weine: 1

    Seltene Bücher: 2

    Reichtum: 3

     

    Jorgarin ist mehr so der Klassiker, wie ihn der Autor der Versuchungsregeln im Kompendium wohl im Sinn gehabt haben mag. Für eine Flasche Tevarrischer Beerenauslese lässt er schon mal Fünfe gerade sein, und wenn ihm jemand genug Gold anbietet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er während eines Auftrags die Fronten wechselt.

     

    Tabus

    Tabus stellen eine Erweiterung der Versuchungspunkte-Regel dar. Neben seinen Schwachstellen notiert der Spieler auch Dinge, die sein Abenteurer auf gar keinen Fall tun würde, weil sie seiner Natur zuwider laufen. Diese Tabus sollte der Spielleiter unbedingt beachten, und sie helfen ihm auch bei der Anwendung von Fertigkeiten und Zaubern der NSCs, die ja hin und wieder davon abhängig sind, ob jemand gezwungen wird, wider seine Natur zu handeln oder nicht. Tabus könnten beispielsweise sein:

     

    - würde niemals morden/foltern/schänden/Verrat begehen,

    - keinerlei Interesse an sexuellen Ausschweifungen,

    - desinteressiert an materiellem Reichtum,

    - Vegetarier,

    - Pazifist,

    - Feigling,

    - Abstinenzler,

    etc.

     

    Die Anzahlt der Tabus, die ein Spieler für seinen Abenteurer notiert, sollte begrenzt sein, um übersichtlich zu bleiben und ihn prägnanter zu charakterisieren. Falls jemand aus der geneigten Leserschaft einen Vorschlag hat, wie man eine Begrenzung der Tabus aus den Charakterwerten ableiten könnte, wäre ich dankbar.

     

    Ein Wort zum Schluss: Natürlich werden manche Leser auf den Gedanken kommen, dass man sich durch die Schwachstellen-Regelung gegen Versuchungen immunisieren könne, indem man bewusst völlig absurde und mutmaßlich nur einmal in 10 Jahren anspielbare Schwachstellen wählt. Hier ist natürlich die Bereitschaft zu abwechslungsreichem und in sich schlüssigem Rollenspiel gefordert. Wer zu abstrakte Schwachstellen wählt, outet sich darüber hinaus bei seinen Mitspielern als "Memme" ;) und wird schon am entsprechenden Spott zu knuspern haben. Abgesehen davon können natürlich auch gerade exotische Schwachstellen dem SL einen willkommenen Aufhänger für ganz besonders heimtückische Versuchungen bieten. Nur die Praxis wird zeigen, ob mein Konzept funktionsfähig ist.

     

    Das war es zunächst, ich hoffe, es hat dem einen oder anderen gefallen. Für Anregungen und Denkanstöße wäre ich dankbar, und wenn ich Eurer Meinung nach an der einen oder anderen Stelle völlig auf dem Holzweg sein sollte, würde ich mich auch über entsprechende Kommentare freuen.

     

    Es grüßt Euch

    Jorgarin


    Benutzer-Feedback

    Empfohlene Kommentare



    Solwac

    Geschrieben

    Bei manchen Kommentaren habe ich übrigens den Eindruck, als würde die Verführungsregel geradezu inflationär genutzt. Wie ist das denn so in Euren Runden? Kommt es öfter vor, das der Spielleiter die Handlungen von Spielercharakteren bestimmt? Und wenn ja, was sagen die betroffenen Spieler dazu? Finden die das in Ordnung, oder empfinden sie es als störend?
    Ich glaube nicht, dass es so übermäßig häufig vorkommt. Aber den Geschichten nach scheint ein hoher Anteil der Versuchungen stark gegen die Vorstellungen der Spieler zu laufen (egal warum und ob eine solche Vorstellung sinnvoll in irgendeiner Art und Weise ist).

     

    Manchmal scheint es mir allerdings auch, dass Figuren häufiger an Versuchungen "zerbrechen" als im Abenteuer zu sterben. :silly:

     

    Solwac

    Blaues Feuer

    Geschrieben (bearbeitet)

    Bei manchen Kommentaren habe ich übrigens den Eindruck, als würde die Verführungsregel geradezu inflationär genutzt. Wie ist das denn so in Euren Runden? Kommt es öfter vor, das der Spielleiter die Handlungen von Spielercharakteren bestimmt? Und wenn ja, was sagen die betroffenen Spieler dazu? Finden die das in Ordnung, oder empfinden sie es als störend?

     

    ganz im Gegenteil. Deswegen sei ich auch keinen Grund für die Einführung einer starren Regel mit Stärke und Schwächen. Charakterkonzept => Spielleiter mitteilen => gemeinsam Spass haben und darauf vertrauen, daß der SL mir nicht auf Biegen und Brechen eins reinwürgen will sondern einen schönen Spieleabend gestalten

    Bearbeitet von Blaues_Feuer
    Rechtschreibkorrektur und Ergänzung
    Widukind

    Geschrieben

    ...

    Bei manchen Kommentaren habe ich übrigens den Eindruck, als würde die Verführungsregel geradezu inflationär genutzt. Wie ist das denn so in Euren Runden? Kommt es öfter vor, das der Spielleiter die Handlungen von Spielercharakteren bestimmt? Und wenn ja, was sagen die betroffenen Spieler dazu? Finden die das in Ordnung, oder empfinden sie es als störend?

     

    Also ganz generell schicke ich mal eines vorweg: Bei uns herrscht ein gewisser Vertrauensvorschuss gegenueber dem Spielleiter, der auch vom SL nicht enttäuscht wird. Beispiel: Ich nehme mir als SL die Freiheit, stimmungsvoll einfach mal Handlungen des Chars zu beschreiben, nutze das aber nicht zum Nachteil des Chars aus. Beispiel:

     

    So: Während deiner Nachtwache drückt die Blase und du hockst dich ins Gras. Dabei findest du eine blinkende Goldmünze.

     

    So nicht: Während deiner Nachtwache drückt die Blase und du hockst dich ins Gras. Dabei beisst Dich eine Klapperschlange...

     

    Und ähnlich auch bei Verführungen. Ich möchte vermeiden, dass der Char das Gefühl hat, der SL lässt ohn Dinge tun, die er nicht tun würde. Ich sehe es aber (wie oben schon geschrieben) in der Verantworung des Spielers, mir klarzumachen, was der Char tun wuerde und was nicht, vor allem wenn es vom Standard abweicht...

    Serdo

    Geschrieben

    Ich kann sehr gut damit leben, wenn ein Abstinenzler, den Schnaps links liegen lässt oder der der Vegetarier den Schweinebraten unangetastet lässt.

     

    Nur hat jemand mit Sb 10 wahrscheinlich einfach nicht die richtigen Werte für einen Abstinenzler, Vergetarier, Keuschheitsfanatiker.

     

    Es sind dann tendentiell eher "Eigentlich trinke ich ja gar nicht, aber hier in dieser gemütlichen Runde mache ich dann heute mal eine Ausnahme"-Typen. Das geben die Werte des Charakters einfach her und dann sollte man die Figur auch nicht in das Gegenteil umbiegen.

     

    Diesen Ansatz halte ich für vollkommen falsch. Wenn ich mich selbst als Beispiel nehme, dann würde ich mich mit einer Sb von 60 einordnen (Mittelfeld). Wenn Du mir den besten Kaffee, Espresso oder Cappuccino der Welt servierst, von mir aus mit Versuchungsgrad 60, so werde ich ihn nicht trinken. Ganz einfach, weil ich den Geschmack so widerlich finde, dass ich mich übergeben würde.

     

    Darum sehe ich keinen Zusammenhang zwischen Selbstbeherrschung und Abstinenz/Vegetarismus/Homosexualität etc. Es kommt vielmehr darauf an, warum jemand etwas vermeidet. Es gibt Leute, die keinen Kaffee trinken, weil es ihnen der Arzt verboten hat oder weil sie ihn für ungesund halten. Diese könnten entsprechend verführt werden. Mich kannst Du mit Kaffee jagen und ich werde ihn nicht trinken.

    Eleazar

    Geschrieben

    Ich kann sehr gut damit leben, wenn ein Abstinenzler, den Schnaps links liegen lässt oder der der Vegetarier den Schweinebraten unangetastet lässt.

     

    Nur hat jemand mit Sb 10 wahrscheinlich einfach nicht die richtigen Werte für einen Abstinenzler, Vergetarier, Keuschheitsfanatiker.

     

    Es sind dann tendentiell eher "Eigentlich trinke ich ja gar nicht, aber hier in dieser gemütlichen Runde mache ich dann heute mal eine Ausnahme"-Typen. Das geben die Werte des Charakters einfach her und dann sollte man die Figur auch nicht in das Gegenteil umbiegen.

     

    Diesen Ansatz halte ich für vollkommen falsch. Wenn ich mich selbst als Beispiel nehme, dann würde ich mich mit einer Sb von 60 einordnen (Mittelfeld). Wenn Du mir den besten Kaffee, Espresso oder Cappuccino der Welt servierst, von mir aus mit Versuchungsgrad 60, so werde ich ihn nicht trinken. Ganz einfach, weil ich den Geschmack so widerlich finde, dass ich mich übergeben würde.

     

    Darum sehe ich keinen Zusammenhang zwischen Selbstbeherrschung und Abstinenz/Vegetarismus/Homosexualität etc. Es kommt vielmehr darauf an, warum jemand etwas vermeidet. Es gibt Leute, die keinen Kaffee trinken, weil es ihnen der Arzt verboten hat oder weil sie ihn für ungesund halten. Diese könnten entsprechend verführt werden. Mich kannst Du mit Kaffee jagen und ich werde ihn nicht trinken.

     

    Es mag es ja Sachen geben, die ein Charakter einfach nicht mag. Die mag er dann auch bei einer Sb von 01 nicht. Ob es dann aber grundsätzlich ganze Felder gibt, die deswegen ausgeschlossen sind, wage ich aber zu bezweifeln.

     

    Ich mag zum Beispiel persönlich keinen Whisky, weil ich den Geschmack nicht mag. Das ist so unabhängig von meiner Sb und so etwas gestehe ich jeder Spielfigur zu.

     

    Nun gibt es aber im Bereich der alkoholischen Getränke eine reiche Auswahl, so dass "Geschmack" nicht alles ausschließen kann. "Ich trinke keinen Alkohol" ist hingegen eine prinzipielle Entscheidung, die ich einem Charakter mit niedriger Sb so grundsätzlich kaum zugestehen würde.

     

    Zumal das Trinken ja auch noch flankiert werden würde mit gewissen sozialen Zwängen (wer mittrinkt, gehört mit dazu usw.). In gewisser Weise kann ich mir sogar vorstellen, dass jemand mit einer Sb von 01 öfters auch mal Sachen mittrinkt, die ihm gar nicht schmecken - weil ihm das jemand eingeschenkt hat/ weil es mit dazu gehört/ weil er kein Außenseiter sein will usw.

     

    Das könnte im Prinzip mit dem Kaffee genau so laufen: Normalerweise trinkst du keinen Kaffee, weil du ihn nicht magst und würdest das überall auch so vertreten.

     

    Mit einer geringen Sb gibt es jedoch genügend Einflüsse, die dich dazu bewegen würden, dieses eklige Gesöff dennoch runterzustürzen und danach eventuell gemessenen Schrittes den Waschraum aufzusuchen.

     

    Vielleicht trinkst du den Kaffee aber auch nicht - egal. Ich halte die Kaffeefrage eh in 99,9% der Abenteuer für vollkommen belanglos. Insofern wird auch nicht gegen die Sb gewürfelt.

     

    Bei den von mir angegebenen Beispielen handelt es sich eigentlich um Dinge, die die Mehrheit der Bevölkerung gerne tut oder die ein Suchtpotential haben und von denen man sich wenn dann erehr aufgrund prinzipieller Erwägungen fernhält.

     

    Und Prinzipien sind eben nicht das Feld, auf denen Personen mit geringer Sb brillieren.

    Dinlair NiMurdil

    Geschrieben

    grundsätzlich finde ich Jorgarins Vorschlag gut, und nein, ich denke auch nicht, dass eine Frau mittels Verführen einen schwulen oder sexuell uninteressierten Mann in ihren Bann ziehen kann, ebensowenig, wie ein Mann mittels Verführen einen heterosexuellen Mann in sein Bett locken wird.

     

    Was mir allerdings bei der vorgeschlagenen Formel noch fehlt, ist die Willenskraft, wobei ich die Trennung Sb/Wk eh schwierig finde. Was passiert denn, wenn ich (Wk 100) etwas unbedingt wiil, meine Sb mich aber scheitern lässt? Hier wird es leicht etwas unlogisch.

     

    Mir persönlich genügt es, besondere Charaktereigenschaften einfach festzulegen und dem Spielleiter mitzuteilen. In unseren Runden reicht das völlig aus, der jeweilige Spielleiter wird adequat damit umgehen. Auf Cons, wo man sich oft persönlich nicht so gut kennt, kann allerdings eine Regel hilfreich sein.

    • Like 1



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