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  • Kurzgeschichte: Ist DAS das Glück?


    Galaphil

    Folgende kleine Geschichte ist ein weiteres Puzzlestück aus meiner Runde rund um Stella Furia. Zusätzlich zu Stella ist seit kurzem ein junges, rothaariges Mädchen (Kaja) ihre Begleiterin, die eigentlich Schülerin des Meisterdiebs Sebastianos ist - bekannt aus Y_seas Band "Ritual" - der sich zur Zeit aber nicht in Thalassa, sondern in Lidralien aufhält.

     

    Vorgeschichte war, dass sich Stella und Kaja in einem Gasthaus in Schiffersruh mit einem Magister aus Leonessa und dessen Freundin trafen, einen guten Wein tranken und dabei auch viel geredet - und von Seiten des Magisters - auch ein bisschen geflirtet wurde. Am Abend, bei Sonnenuntergang, sind die beiden wieder auf dem Weg zurück in Richtung Oberstadt. Kaja ist vom Wein leicht berauscht:

     

    Ist DAS das GLÜCK?

     

    Auf dem Weg vom Pfeifenden Fischer zurück zur Weißen Rose bemerkt Stella wieder den Nebel, der aus den Ritzen und Spalten des Knochenhügels hervor quillt. Sie macht sich ihre eigenen Gedanken dazu. Die Stadt, zumindest die Unterstadt und da vor allem das Hafenviertel, scheint fast schon so "normal" zu sein, wie eine beliebige Küstenstadt in Chryseia oder Lidralien. Kaja mag das nicht auffallen, da sie hier geboren, aufgewachsen und nie rausgekommen ist, aber Stella, die ja aus Tura stammt, stimmt das sehr nachdenklich.

     

    Wäre da nicht der Knochenhügel, mit seiner als Warnung an vergangenen Hochmut herausragenden, zerborstenen Zitadelle, die wie ein Raubtier weit ihr Maul über der Stadt aufreißt und diese zu verschlingen droht - oder der Nebel, der immer wieder hervorquillt und weite Teile der Oberstadt in ein unheimliches Licht hüllt. Wären da nicht die Geschöpfe Molkos, die sich im Nebel der Nacht verstecken und deren Hass auf alles Menschliche ewig währt - und deren Bekämpfung sich Stella geschworen hat, bis an ihr Ende.

     

    Dann, ja dann, wäre Schiffersruh fast schon eine beliebige, normale Stadt am Meer der Fünf Winde.

     

    Stella wirft einen kurzen Blick zur Seite. Neben ihr ist Kaja, deren Blick nichts von all den Gefahren vor ihr wahrnimmt, denn zu sehr ist sie in der Erinnerung an die letzten Stunden versunken. Sie trägt das neue Kleid, die bunten Bänder im Haar und die weichen Stiefel, die sie sich extra maßanfertigen hat lassen. Das erste Mal in ihrem Leben hatte sie genug Gold, um sich so einen Luxus leisten zu können und nicht wie bisher mit zerschlissenen und gestohlenen Sandalen herumlaufen zu müssen. Das schöne neue Kleid, sündhaft teuer mit der blauen Farbe eingefärbt im Tücherhof. Die bunten Bänder, die so gut zu ihren lockigen, rotblonden Haaren passen und im Schein der letzten Sonnenstrahlen glänzen.

     

    Wieder ein forschender Blick Stellas über den düsteren Hügel vor ihr, dann noch einmal zurück zu Kaja. Wie kann dieses Mädel, das in diesem Pfuhl aufgewachsen war und noch nie Frieden, Sicherheit und Wohlstand gekannt hatte, weder eine Familie noch eine Villa, wie sie einst, wie kann sie nur so leicht und unbeschwert sein?

     

    Vielleicht war das der Grund? Stella grübelt nachdenklich vor sich hin. Kaja weiß einfach nicht, was es bedeutet, in einem Haus voller Wächter aufzuwachsen, wo man behütet und beschützt wird. Für Kaja war jeder Tag ein Überlebenskampf gewesen. Ohne zu wissen, was am nächsten Tag passieren und ob sie genug zum Essen haben würde - und wo sie schlafen konnte, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen!

     

    Vielleicht ist genau das der Grund für Kajas Leichtigkeit: Sie ist glücklich, weil es etwas Besonderes ist, eigene Stiefel zu haben. Ein sauberes, neues, blaues Kleid zu tragen und vom guten chryseischen Wein zu trinken! Das war das Glück ... Für Kaja. In genau diesem Augenblick, war genau DAS ihr Glück!

     

    Stella seufzt. Dafür war sie nicht geschaffen. Sie hatte viel mehr aufgegeben, in Tura zurückgelassen, ihre Jugend, ihre Unbeschwertheit; nur um sich mit Leib und Seele Culsu zu verschreiben. Den Willen der Göttin hier, in der Stadt Culsus, auszuführen. Für Glück war da kein Raum. Zumindest nicht für diese Art von Glück, die Kaja gerade erlebt.

     

    Stattdessen richtet Stella ihren forschenden Blick wieder auf den Knochenhügel, auf dem die letzten Sonnenstrahlen einen Kampf gegen den aufsteigenden Nebel führen, den sie schnell verlieren werden. Sie wird heute Nacht noch dort oben ihre Runden drehen - eine Streiftour über die belebten Teile der alten Oberstadt. Wie es seit einigen Jahren ihre tägliche Aufgabe ist. Aber Kaja wird sie vorher noch bei Semorphe abliefern, um sie in Sicherheit zu wissen. Heute soll nichts mehr Kajas Unbeschwertheit trüben - sie soll sich den kleinen Augenblick des Glücks bewahren, bevor sie der nächste Tag wieder auf den Boden der harten Realität in Thalassa zurückholen wird.


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