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  • Der Meistersänger von Corrinis - Beitrag zum Thema des Monats Mai 2014


    Brandon Thorne

    Uiscan Guth Lebenslauf wurde bereits bei seiner Geburt bestimmt:

    Noch kein Säugling vor ihm hat bereits bei der Geburt einen derartigen Eindruck hinterlassen wie Uiscan. In einem kleinen Dorf in Erainn geboren, wird keiner der dortigen Einwohner seine Geburtsnacht vergessen. Kaum erblickte er das Licht der Welt – das in diesem Fall hauptsächlich von Fackellicht gespendet wurde, war es doch eine finstere Neumondnacht – ließ sein markerschütterndes Schreien jedem im Dorfe aufschrecken: Männer griffen zu ihren Waffen, Frauen liefen zu ihren Kindern und die Kinder weinten. Noch heute erzählen die Einwohner von dieser „Nacht des Grauens“ und den darauf folgenden „Monaten der Verzweiflung“. Ob die Milch der Kühe wirklich sauer wurde und die Vögel vom Himmel fielen weiß heute keiner mehr so genau, jedenfalls wurden die Eltern des Kindes gebeten, mitsamt ihren Nachwuchs für die nächste Zeit eine einsame Hütte weit entfernt vom Dorf zu beziehen. Was sie auch taten.

     

    Von allen am meisten beeindruckt von der Stimme Uiscans war seine Mutter, die dieses „Geschenk der Götter“ nach allen Regeln ihrer Kunst fördern wollte. Selbst durchaus mehr als unmusikalisch widmete sie sich aufopfernd der Stimmbildung ihres Einziggeborenen, der auch wirklich niemals einen einzige richtigen Ton treffen sollte.

    Der Vater verstarb ein Jahr nach Uiscans Geburt.

     

    Als Uiscan sein fünftes Lebensjahr vollendet hatte, suchte seine Mutter nach einem Lehrer für ihren talentierten Sohn. Er sollte nicht nur seine Stimme weiterbilden (wofür sie nach wie vor Sorge tragen wollte), sondern auch ein passendes Instrument lernen. Die Wahl des Jungen fiel auf die Leier und tatsächlich fand sich ein wandernder Barde, der einen Winter lang für Kost und Bett (und ein bisschen mehr) versuchte dem Burschen den richtigen Umgang mit der Leier beizubringen. Doch mehr als willkürliches Gezupfe an den Saiten sollte dem Jungen nie gelingen. Die erste Schneeschmelze nahm der Barde als Anlass, wieder auf Wanderschaft zu gehen. Nicht ohne zu versichern, dass er noch nie jemanden kennengelernt hätte, der diese Art von musikalischer Begabung besitze oder gar mit solch einer Stimme gesegnet sei.

    Er sollte nie wieder zurückkehren. Uiscans Mutter vermutete einen jähen Tod des Lehrers.

    Die kommenden Jahre verbrachte Uiscan mit musikalischem Selbststudium, während seine Mutter versuchte das Notwendigste für deren beiden Überleben zusammenzukratzen. Doch all ihre Mühen waren ihr einerlei, so lange ihr Sohn nur seinem „Schicksal“ folgen konnte von dem sie noch immer absolut überzeugt war.

    So vergingen Uiscans Jugendjahre bis er 17 Jahre alt geworden war. Vollkommen überzeugt von sich und seiner Begabung beschloss er endlich auf Wanderschaft zu gehen, um die ganze Welt mit seinem Können zu begeistern. Seine Mutter stellte sich seinen Plänen nicht in den Weg, sie wollte ihren Sohn nicht umsonst die ganzen Jahre über gefördert haben.

    Nach einem abschließenden Duett mit seiner Mutter verließ Uiscan also jene und Heim und machte sich auf in die große weite Welt. Seine Mutter erlitt noch am selben Abend einen doppelten Gehörsturz.

     

    Seine ersten Jahre wanderte er durch Erainn, wo er überall zuerst mit großer Freude begrüßt wurde. Bis er zu singen oder zu spielen anfing. Entweder flüchteten daraufhin seine Zuhörer oder er selbst wurde nach einer ordentlichen Tracht Prügel aus Wirtshaus oder Dorf vertrieben. Dies führte dazu, dass er tatsächlich keinen Ort ein zweites Mal besuchte und seine jahrelange Wanderschaft ihn schließlich aus seinem Heimatland hinausführte. Fast ganz Versternesse sollte er zu Gesicht bekommen: über Ywerddon und Clanngadarn führte sein Weg nach Alba und von dort wieder in den Süden bis nach Chryseia. Ein Jahr verbrachte er sogar in Valian, wo ein gutmütiger Musiker tatsächlich versuchte Uiscan noch einmal in der Leier zu unterrichten. Nachdem das Jahr vergangen wahr, stellte Uiscan jedoch fest, dass sein Lehrer unbelehrbar war und noch immer vollkommene Ignoranz gegenüber seinen Leistungen zeigte und verließ das Land wieder um sich wieder auf den Nachhauseweg zu machen. Sein Ziel war die Hütte seiner Mutter, die einzige Person die sein herrliches Spiel zu würdigen wusste.

    Landen sollte er aber in der Grenzstadt Corrinis und dort lebt er noch immer. Der Zufall wollte es, dass sein Talent dort endlich Anerkennung finden sollte: Zwei streitende Bäcker hatten viel Zeit und Energie darauf verwendet sich gegenseitig durch alle möglichen Gemeinheiten das Leben schwer zu machen. Einer der beiden bezahlte Uiscan schließlich dafür, eine Woche lang vor dem Laden des ungeliebten Konkurrenten zu spielen. Damit war der Damm gebrochen: es wurde zu einem beliebten Spiel in der Stadt, den grauenhaften Gesang und das fürchterliche Leiergezupfe dieses unbegabten und gleichzeitig so selbstüberzeugten Mannes „weiterzuschenken“. Die Diebesgilde verwendet ihn als Ablenkung, Schuldnern wird er als Drohung geschickt, verschmähte Liebhaber zahlen gut dafür, dass er seine Stimme vor dem Balkon der ehemaligen Angebeteten erklingen lässt.

    Sogar das Interesse der Magiergilde konnte er wecken. Bisher konnten ihm jedoch keinerlei Zauberei nachgewiesen werden. Das Gerücht über die Möglichkeit „Namenloses Grauen“ und „Wahnsinn“ gleichzeitig zaubern zu können hält sich jedoch hartnäckig.

     

    So lebt Uiscan nun halbwegs gut von seinem Talent, wenn er auch in den meisten Wirtshäusern Auftrittverbot hat. Leider „bezaubert“ er mit seiner Stimme die Gäste, die dann vergessen zu trinken und zu essen und das ist doch geschäftsschädigend. Das kann der Meistersänger von Corrinis verstehen. Oder wie ihn die Einheimischen nennen: Das Monster mit der Leier.


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