Die Geschichte beginnt eines Tages vor etwa zehn Jahren im Hafen von Haelgarde. Die Asvargrs Feuer lag in der Mündung des Foss auf Reede während die Beute der letzten Monate zu Geld gemacht wurde. Aus Sicherheitsgründen legte das Schiff nicht fest an, gab es doch länger zurückreichende Meinungsverschiedenheiten zwischen Olof Schildbeißer, dem Kapitän und einigen der reicheren Händlern. Allerdings war Olof dieses Mal doch in der Stadt. Eine kleine Wunde an der rechten Schulter hatte sich zuerst entzündet und danach den ganzen Arm gelähmt. Vorsichtig wurde er in die Mauern der Stadt geschmuggelt und von einem Heilkundigen betreut. Unterdessen gab es im Tropfenden Hahn eine größere Schlägerei zwischen etwa einem Dutzend Männern der Asvargrs Feuer und einigen Zwergen. Normalerweise kein Problem, aber dieses Mal tagte im Hinterzimmer ein Treffen der Schützengilde und einer der Schützen erkannte in den Störenfrieden die Mannschaft Olofs und gab der Stadtwache Bescheid.
Für das Dutzend Männer bedeutete dies neben einer heftigen Abreibung erst einmal eine Nacht im Loch, aber auch die anderen auf Landgang waren in Gefahr. Steuermann Jörgen wurde von seiner Geliebten, Frewyn, gewarnt und beeilte sich raus aus der Stadt und aufs Schiff zu kommen. Weg vom Hafen, versuchte Jörgen es am Deorsteadtor um von dort über die Fosswiesen und dann per Boot zu flüchten. Aber da, kurz vor Erreichen des Tors wurden da die Wachen verstärkt. Ohne groß zu denken griff er nach dem Schößling, den eine Halblingsfrau trug und murmelte: "Darf ich Euch tragen helfen? Besser Ihr lehnt nicht ab!" Gloriande Blioblerics, so ihr Name, zuckte kaum ob des überraschenden Angebots und erwiderte trocken: "Gerne, aber drückt den Ballen nicht zu sehr, die Wurzeln könnten sonst Schaden nehmen. Wie heißt Ihr überhaupt und wie komme ich zu der Ehre? Seid Ihr öfter in der Stadt? Ich glaube, ich habe Euch noch nie gesehen. Wo kommt Ihr überhaupt her, Ihr redet anders als die Albai..."
Jörgen war einerseits erleichtert als die Torwache endlich Gloria ansprach, andererseits aber auch angespannt. "Ah, Fräulein Gloria. Habt Ihr wieder Zuwachs für Euren Garten gefunden? Was ist das überhaupt?"
Würde die Wache ihn erkennen? Aber Gloria erwiderte ganz trocken: "Dies ist ein südlicher Pfirsichbaum. Er sollte in ein paar Jahren süßere Früchte liefern und ich hoffe, dass ihm ein wenig Schnee im Winter nicht weiter schadet. Abe eigentlich geht es gar nicht so sehr um die Früchte, ich möchte ihn mit einigen unserer Bäume kreuzen und so die Vorteile verschiedener Arten vereinen. Hatte ich Eurer Frau nicht letztes Jahr einen Korb voller Früchte für den Obstkuchen zum Geburtstag von Hauptmann Havald verkauft? Wie ist denn der Kuchen geworden, sie hatte da doch ein wundervolles Rezept..."
Abgelenkt durch das Gespräch achteten die Wachen gar nicht richtig auf den hünenhaften Waelinger, der mit einem Schößling im Arm der schnatternden Halblingsfrau durchs Tor folgte, als ob er dies jeden Tag machen würde. Das seltsame Pärchen war noch keine fünf Minuten aus dem Tor heraus als die Wachen alarmiert wurden und eine Patrouille hinter Jörgen hergeschickt wurde. Jörgen hatte dies aber geahnt und mit Gloria den Weg zum Sommerhaus an den Fosswiesen eingeschlagen. Bevor die Bedienung oder irgendwer anders reagieren konnte nahm Jörgen den Schößling in den einen Arm, Gloria in den anderen und setzte beide in ein Bötchen am Anleger, schob das Boot ins Wasser, sprang selber an Bord und ruderte auf die Mitte des Flusses zu. Gloria fühlte sich sichtlich unwohl, schaute zurück ans Ufer und begann zu schimpfen: "Was soll das? Ich will an Land, bringt mich wieder Land, trocken natürlich!" Doch der kalte Ton Jörgens ließ sie verstummen: "Ich werde offenbar gesucht und Ihr habt mir geholfen. Was mag das wohl für eine Strafe mit sich bringen? Kommt mit mir und lasst Gras über die Sache wachsen. Oder springt mit dem Bäumchen ins Wasser, ich rudere jedenfalls zu meinem Schiff."
Gloria schaute den großen Waelinger an, der sich gewaltig in die Riemen legte und den Foss hinunter Richtung Meer steuerte und dachte nach. Als dann vom Ufer her einige Armbrustbolzen in der Nähe des Bootes ins Wasser platschen duckte sie sich und meinte kleinlaut: "Ich glaube, ich werde wohl erst einmal Eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen..."
Die Worte mögen vielleicht der romantischen Phantasie einiger Geschichtenerzähler entsprungen sein, aber die Flucht der Asvargrs Feuer war das ganze Jahr über eines der Gesprächsthemen in Haelgarde und es verwundert, dass die Geschichten bei der Hinrichtung Olofs (er wurde gefangen und als sich zu den Klagen der Händler auch noch Berichte über Gewalttaten außerhalb Haelgardes häuften kam der Rat der Stadt schnell zum Schluss, dass Olofs mehr Belastung als alles andere war und fällte das Urteil) nicht von ganzen Pfirsischplantagen erzählten.
Nicht allgemein bekannt ist das weitere Schicksal der Asvargrs Feuer. In den Monaten nach der nur knapp gelungenen Flucht vor Haelgarde versuchte die Mannschaft herauszufinden wie sehr sie gesucht wird und außerdem musste der Verlust einiger Männer und vor allem Kapitän Olofs wettgemacht werden. Zur treibenden Kraft entwickelte sich hierbei Gloria, die nach einigen Tagen an Bord resolut ihre Vorstellungen in immer stärkerem Maße durchsetzen konnte. Von ihr stammte auch die Idee, dass das Schiff sich wie die Mannschaft besser tarnen müsse und das Ersatzsegel deshalb eine deutlich andere Farbe haben müsse. Über den nächsten Winter ergab sich die heutige Organisation: Jörgen ist zwar de facto Kapitän, nennt sich aber erster Steuermann. Gloria ist als Hehlerin offizielles Mitglied und fährt nicht nur regelmäßig mit auf Kaperfahrt, sie sorgt in verschiedenen Verkleidungen und Rollen für ein gutes Auskommen aller.
Das Schiff läuft immer wieder unter anderem Namen in die Häfen ein, deshalb nennt es die Mannschaft inzwischen auch nur noch "das Schiff", während es bei Gloria, Jörgen und den anderen Maaten häufiger auch als blauer Schatten bezeichnet wird. Auf der Suche nach Opfern auf See oder vor einem Überfall wird ein mit Färberwaid gefärbtes Segel gehisst und auffällige Strukturen an Bord werden ebenfalls mittels blauem Stoff getarnt. Von großem Vorteil hat sich die Vorhaltung einer doppelten Takelage. Dadurch ist der blaue Schatten auf Kaperfahrt mit Lateinersegel schnell und gut manövrierbar und mit Rahsegeln bei Stürmen noch sicher zu steuern. Außerdem sind die Rahsegel eine gute Ausrede für den erhöhten Mannschaftsbestand... Der Umbau braucht nur wenige Stunden.
Wenn also demnächst Kauffahrer mal wieder von einem Überfall berichten und dabei einen blauen Schatten beschreiben, dann dürfte es nicht nur am Alkohol liegen...
Ich habe noch weitere Ideen für dieses Schiff, vielleicht komme ich auch noch zur Ausarbeitung.
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