Oskar...und die seltsamen Frauen am See
Heute war ich mit meinem Chef im Wald, an diesem herrlichen See, an dem sich soviele Hunde aller Größen treffen, aber nur bei gutem Wetter.
Wir hatten gutes Wetter, und rings um den See liefen scharenweise Hunde; ich war schon ganz überdreht!
Plötzlich rauschte ich in eine ganze Gruppe hinein, die mit zwei Frauen unterwegs war.
Ich zeigte mich natürlich von meiner besten Seite und versuchte gleich mein Glück mit dem Windhund des Rudels, der mir als der Schnellste erschien, obwohl er für einen Renner zu dick war:
"Komm, fang mich!" sagte ich.
"Och nöh, ich trau mich nicht." sagte er.
Naja, so sind manche dieser schrägen Läufer: Lass' sie einen Hasen sehen, und sie sind für die Welt verloren, vor einem kleinen Spielchen jedoch haben sie Angst.
Aber ich bin ja nicht blöd:"Dann lass uns Enten jagen, Großer!"
"Au ja, los geht's!" Schon hatte ich ihn herumgekriegt, so geht das mit den Jägern...
Doch kaum rannte er los, wurde er gepfiffen, sackte zusammen, zog die Rute ein und meinte traurig:"Jag eine für mich mit, Kleiner. Ich darf nicht."
"Schade!" sagte ich und wandte mich einem Terrier aus meiner Verwandtschaft zu, auch er leicht übergewichtig:
"Hey! Heyhey! Ich bin Oskar, der Hase, und Du der Jäger! Fang mich, J-R!"
"Geh weg!" knurrte der, und:"Wenn ich mich dreckig mache, werden alle guten Gerüche von mir abgewaschen."
Das kenne ich nun so gar nicht, von mir ist noch nie alles abgewaschen worden, was immer das sein mag.
Aber gut, ich lerne ja noch. Gerüche abwaschen hört sich jedenfalls bedrohlich an.
Dann sah ich dieses niedliche Eurasier-Welpe, genauso eines wie das, mit dem ich gestern durch's Feld getobt war:
"Hey Kleiner, wollen wir spielen? Ich bin auch echt vorsichtig, versprochen..."
Der kleine Eurasier wollte sofort und war auch schon ganz schön flott, doch als er mir über eine Pfütze nachsetzen wollte, packte ihn eine der beiden Frauen, riss ihn hoch, schimpfte ihn aus, setzte ihn hin und leinte ihn an.
Ich verstand die Welt nicht mehr, der Kleine übrigens auch nicht.
Also wollte ich wenigstens noch kurz den alten Dackel neben der zweiten Frau kennenlernen.
Der war zwar angeleint und verbreitete schon von Weitem Griesgrämigkeit, aber was soll's: Versuchen kann ich's ja mal...
Na klar, er knurrte mich heiser an, allerdings zahnlos, huch!
Das wollte ich mir auf jeden Fall genauer ansehen, sowas sehe ich nicht jeden Tag!
Doch da packte eine der Frauen mich und hielt mich.
Aber da hättet ihr mal meinen Chef sehen und hören sollen:
Er kam mit diesen energischen Schritten auf mich zu und legte diesen festen Ton in seine Stimme, dass ich am Liebsten flach auf den Boden gefallen wäre.
Aber das ging ja nicht, weil die blöde, fremde Frau mich fest hielt.
Da erst merkte ich, dass mein Chef gar nicht mich meinte. Ich sage Euch, mir fiel ein Stein vom Herzen, denn ich mache schon ganz schön oft Unsinn!
Mein Chef raunzte die fremde Frau an wie manchmal mich, und sie blaffte in demselben Ton zurück, nur schriller.
Das ging so hin und her, währenddessen die Hände an meinem Geschirr wechselten.
"Komm, Oskar, wir gehen. Auf!" sagte mein Chef, und er hörte sich verschnupft an.
An sich wollte ich noch gar nicht gehen, aber an der Leine habe ich natürlich keine Wahl.
Jetzt frage ich Euch:
Ist das nicht total ungerecht, dass plötzlich ich an die Leine musste?
Was kann ich denn dafür, dass die anderen Hunde so langweilig waren und die Frauen so ängstlich?
Den kleinen Eurasier hätte ich locker zu einer Runde überredet, und vor den zwei Frauen hätte schon von selber Abstand gewahrt!
Mein Chef könnte mir ruhig mal etwas mehr zutrauen, finde ich...
Euer Oskar
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