Osterchronik, oder: Der Hase bringt nicht nur Eier...
Karfreitag nachmittag:
Auf Bitte meiner Perle holen wir eine Katze ab, um sie zur Schwiegermutter zu bringen.
Die macht nämlich nebenher in Katzensitting.
Klar, mache ich gern, und der Hund besucht auch immer begeistert die Würstchentante.
Also Frau und Hund ins Auto gepackt und die Mieze holen.
Das Tier wohnt noch nicht so lange bei ihrer italienischen Halterin, also dauert es einen Moment, bis es niedergerungen und im Polizeigriff in den Transportkorb verbracht worden ist.
Die Fahrt ist recht unterhaltsam, vor allem, als Oskar sich aus dem Halsband gewurschtelt hat, aus dem Fußraum mit einem Hechtsprung meiner Perle auf die Schulter gesprungen ist und nur noch von der Kopfstütze aufgehalten wird.
Das Ganze an der roten Ampel, neben uns die Cops, die nur noch mit den Köpfen schütteln.
Meine Perle, ganz Frohnatur, lächelt hinüber und meint durch das offene Fenster:"Normalerweise sitzt er ja hinten, aber da steht heute der Katzenkorb!"
Ich könnte ins Lenkrad beißen, gleich starten die beiden eine Verkehrskontrolle.
Doch zum Glück grinsen sie zurück, wünschen weiter frohe Ostern und biegen ab.
Bei der Schwiegermutter Kuchen schnabuliert und wieder ab, schließlich sind wir morgen sowieso wieder dort verabredet.
Ostersamstag:
Großes Rätselraten, wie die Katze eigentlich so dick sein kann, geradezu unförmig?
Minutenlang reden wir um den heißen Brei, bis endlich sich einer traut und das Wort "trächtig" haucht.
Panik, Hysterie, Nervenzusammenbruch.
Ich ans Telefon, eine Bekannte mit Sachkenntnis konsultieren.
Die Schwiegermutter ans Telefon, Katzenhalterin rundmachen.
Meine Perle hält die Stellung bei der Katze und krault dem Vieh verzückt den Bauch.
Weiber halt...
Zwischendurch gerät Oskar zwischen die Fronten, weil er endlich auch mal gucken will, wenn es schon nix zu essen gibt.
Zack, Platzverweis durch die leicht übererregte Schwiegermutter, die inzwischen zu Höchstform aufläuft:
Die Halterin versteht kein Wort, ihr deutschsprachiger Sohn ist außer Haus.
Aber ich fürchte, auch der hätte wenig von dem Wortschwall verstanden.
Eigentlich wäre das Telefon auch gar nicht nötig, bei der Lautstärke reicht es, sich ans offene Fenster zu stellen.
Meine Bekannte hat inzwischen telefonisch zur Klärung der Sachlage beigetragen, die Katze ist definitiv hochträchtig, ihr Gesäuge ist rot und der Bauchpelz ausgedünnt:
Die Tragzeit beträgt etwa 65 Tage, seit zwei Monaten wohnt sie jetzt bei ihrer italienischen Freundin.
Jedenfalls meint die Schwiegermutter, die Halterin so verstanden zu haben.
Das Essen verläuft in leicht gedrückter Stimmung und ist auch nicht ganz so gut wie sonst, leicht unterschiedliche Garstufen.
Wir versprechen moralische Unterstützung und morgen wiederzukommen.
Super, ich bin jetzt schon bedient.
Ostersonntag:
Die Katze hat geworfen, fünf Junge.
Zweimal rotgetigert, einmal schwarz, einmal grau getigert, einmal grau uni.
Die Schwiegermutter hat sich endgültig in ein seelisches Wrack verwandelt.
Telefonat mit der Halterin, ich will nicht wissen, wie weit der Telefonterror schon gegangen sein mag.
Jedenfalls ist jetzt endlich der Sohn zuhause.
Ja, vor gut zwei Monaten ist ihnen das Tier zugelaufen.
Ja, die Mutter war beim Tierarzt, was der aber sagte, weiß der Sohn nicht, er war ja nicht dabei.
O-Ton Schwiegermutter:"Was ist eigentlich bei ihnen zuhause los? Reden Sie nicht miteinander?
Ihre Mutter weiß bescheid, versteht aber kein deutsch, Sie verstehen mich, wissen aber dafür nichts!""
Meine Perle versucht, ihrer Mutter das Telefon zu entwinden, leider erfolglos.
Es stellt sich heraus, dass die Halterin inzwischen auf dem Weg nach München ist, was ja der Grund für das Katzensitting war.
Oskar versucht, die Tür zur Waschküche einzutreten, wo die Katzenfamilie liegt.
Wieder Platzverweis.
Ich wäre so gerne ganz woanders. Oskar bestimmt auch.
Essen, schon wieder.
Der Hund kommt auch nicht mehr, sitzt wohl im Garten und schmollt.
Aber er verpasst auch nichts, das Essen ist eine wüste und versalzene Komposition aus seltsamen Körperteilen von Außerirdischen, wild zerhackt, begleitet von Broccoli (zerkocht), Blumenkohl (in Butter ersäuft) und Kartoffeln (roh).
Schade, aber nachvollziehbar.
Ich bin ja nur froh, dass es keine Katze gibt, denn die Schwiegermutter erzählt Geschichten aus ihrer Kindheit, die sich alle um ungewollten Tiernachwuchs, Regentonnen, Hackklötze und harte Gegenstände drehen.
Nichts wie weg!
Perle ins Auto gesetzt, Hund gerufen.
Kein Hund.
Gepfiffen, keine Reaktion.
Ich finde Oskar im Nachbarsgarten, wo er inzwischen einen Krater gewühlt hat, in dem man zehn Katzenfamilien begraben könnte.
Ostermontag:
Ich bin bei den Nachbarn und schaufele die Grube wieder zu.
Der Osterhase kann mich mal, bis ihm die Zunge platzt!
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