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Spielleiter sollen nicht nett sein müssen


Abd al Rahman

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Angeregt wurde dieser Blog-Beitrag durch einen Beitrag hier.

 

Ich merke, dass ich mit Midgard in den letzten 1-2 Jahren immer weniger Spass habe. Ich hab mich gefragt, woran das liegt. Ok, das System ist schon stellenweise sperrig. Ich hab's aber als SL ganz gut im Griff und wenn es nicht zu detailliert wird, kann ich auch alle Regelfragen aus dem Handgelenk korrekt beantworten.

 

Was stört mich also? Was stört mich als Spieler, was stört mich als Spielleiter?

 

Mittlerweile weiß ich es. Es sind die zwangsweise netten Spielleiter. Zwangsweise? Nett? Wer zwingt mich nett zu sein? Wer zwingt mich dazu eine Herausforderung nicht knackig zu gestalten? Wer zwingt mich dazu immer im Hinterkopf zu behalten, dass jede Herausforderung zu einer hohen Wahrscheinlichkeit schaffbar sein soll? Was stört mich so daran, wenn einer meiner eigenen Charaktere sterben würde?

 

Ich hab mir darüber eine Weile Gedanken gemacht. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist, dass ich natürlich in keinem der Systeme die ich spiele meine Charaktere gerne sterben sehe. Bei Midgard kommt aber hinzu, dass Charaktere über einen sehr langen Zeitraum gespielt werden. 10 Jahre+ sind keine Seltenheit. Etwas, das man über so lange Zeit gespielt, gehegt und gepflegt und entwickelt hat, verliert man nicht gerne. Das ist verständlich. Ich meine, stellt Euch mal vor, ihr habt an etwas 10 Jahre gearbeitet und plötzlich kommt so ein Dödel daher und macht es Euch kaputt. Oder umgekehrt: Da sitzt man in der Heimrunde als Spielleiter und man entwirft das nächste Abenteuer, bzw. die nächste Szene. Man weiß, dass die Charaktere die man durch das Abenteuer hetzt 10 Jahre auf dem Buckel haben. Ist es da nicht natürlich im Zweifel eine Herausforderung etwas schwächer auszulegen?

 

Andere, schnelllebigere Systeme erzeugen in mir nicht den Wunsch Charaktere vorsichtiger anzupacken. Ich neige als Spieler dazu, Charaktere aus diesen System waghalsiger, nicht so vorsichtig zu spielen. Selbstmörderisch muss natürlich auch nicht sein. Aber etwas mehr Risiken einzugehen macht Spass. Voraussetzung ist natürlich, dass man Action betontes Rollenspiel mag. Wobei Action nicht immer nur Kämpfe bedeuten muss. Der Dieb der in ein schwer bewachtes Haus eindringt oder der Assassine der todesmutig zu einer Solomission aufbricht wollen auch beide Action haben - auch ohne, bzw. nur minimalem Kampf.

 

Ja klar ist es so, dass prinzipiell der Spielleiter keinen Schwierigkeitsgrad von vornherein festlegt (Hallo Rosendorn ;) ), sondern die Schwierigkeit sich aus der Plausibilität der Herausforderung heraus ergibt. Aber nehmen wir z.B. mal einen Kampf. Wird der NSC wirklich jede seiner Optionen optimal nutzen? Oder wird er auch mal, gesteuert durch Bedenken des SL, ob bewusst oder unbewusst, auch mal die für die Spieler günstigere Variante wählen? Wenn ich die Anzahl der Wachen an einem Tor bestimmen muss, sind es dann 4, 5 oder 6? Sitzen noch welche in Wachstuben? Plausibel wären alle drei Möglichkeiten. Aber welche wähle ich? Welche Gedanken mache ich mir? Was beeinflusst mich?

 

Systeme, die Charaktere langsam entwickeln lassen unterstützen, fördern vorsichtiges Verhalten. Sowohl seitens der Spielleitung und auch seitens der Spieler. Wer mehr zu verlieren hat (also investierte Zeit) neigt dazu vorsichtiger zu sein. Selbst wenn es um etwas virtuelles, ohne eigentlichen Gegenwert geht.

 

Was schließe ich daraus? Eigentlich nur die Erkenntnis, was mich genau an Midgard stört. Es lässt mich auf den Kern zurückkommen und eventuell ebnet die Erkenntnis mir die Möglichkeit mit Hausregeln entgegenzuwirken.

 

Oder ich warte auf M5, bei dem ja alles besser werden soll ;)

14 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Sehr schön geschrieben und wohl überarbeitet! Ich bin einverstanden!

 

Und ja, wenn man langsam in unser Alter kommt, ist der extrem langsame Powerlevelanstieg bei Midgard eher ein Bug als ein Feature.

 

Wer weiß, ob ich Grad 12 meines neuen Charakters überhaupt noch erlebe ... :agadur:

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Ich komm über den verlinkten beitrag rein. ich hab midgard noch nie gespielt. dafür aber ne ganze zeit gurps. habs da so ähnlich empfunden. war auch der grund warum meine gruppe damals das system gewechselt hat.

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So lange spiel ich noch nicht, dass ich die Chance gehabt hätte, einen Char tatsächlich auf Grad 10+ hochzuspielen. Aber da sehe ich eher das Problem der Person und nicht des Systems. Klar ist es nicht schön einen Char, den man lange gespielt hat, zu verlieren. Aber aus meiner Sicht ist der Char nur ein Vehikel um Spielspaß zu haben.

 

Mit dieser Einstellung ist es für mich auch als Spielleiter leichter den Spielern eine echte und nicht abgeschwächte Herausforderung zu bieten. Geht einer drauf, ja und, ist nur ein Vehikel.

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Ich frag mich in diesem Fall schon, was ich denn in meiner Kampagne anfangen soll, wenn einer der Charaktere stirbt. Ok, einen könnt ich noch verkraften. Aber zwei? Die Kampagne wäre nicht mehr spielbar. Einen Charakter auf Grad 10+ zu erschaffen wäre hier die einzige Lösung. Bei Midgard ein schwieriges Unterfangen, soll da am Ende was anderes wie ein reiner Kämpfertyp rauskommen.

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Gibt doch auch noch Erheben von den Toten ;) Wäre dann doch einen nette Aufgabe für die verbliebenen :D

 

Spaß beiseite: Auch als Spielleiter muss man akzeptieren, dass die Würfel mal gegen die Kampagne und damit gegen die eigene Arbeit entscheiden. Das kann bei geringen Herausforderungen genauso wie bei großen Herausforderungen passieren. Mir persönlich würde es als Spieler keinen dauerhaften Spaß bereiten, wenn ich feststellen würde, dass die Herausforderungen an bestimmten Stellen "heruntergeschraubt" wurden.

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Nein, deine Kritik ist nicht am System, sondern an deinem Verständnis des Systems. Wenn ich das richtig verstehe, verstehst Du Midgard als ein Entwicklungssystem, man fängt niedriggradig an und levelt sich hoch. Warum? Niemand hindert einen daran hochgradig zu beginnen, ist alles mEn eine Frage der Absprache innerhalb der Gruppe. Ist die Gruppe damit einverstanden, kann man jederzeit auf jedem Level in Midgard einsteigen, ein Kurzabenteuer spielen oder auch mehr. Das System ist flexibel und kann das alles abbilden. Die Frage ist doch, ist man selbst in der Lage, das eigene Verständnis von einem System über Bord zu werfen und das System einfach mal wieder als das zu verstehen, was es ist: ein reiner Rahmen in dem man spielen kann.

 

Btw: das ist natürlich nicht auf Midgard beschränkt ;)

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Ich glaube, unsere Kampagne hätte in jedem System ein Problem, wenn mehrere Charaktere stürben ;)

Ansonsten kann ich dir nur zustimmen.

in Midgard geht die Charakterentwicklung in hohen Graden so langsam, dass ich mich frage, ob mein G'Tug am Ende der Kampagne tatsächlich so weit ist, um in Rente gehen zu können. Zur Zeit besteht sein gesamter Besitz aus einem magischen Turm (an den er nicht heran kommt) und der Ausrüstung, die er bei sich trägt, sowie 190 Goldmünzen.

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Moin, Abd.

 

Ich kann den ersten Teil deiner These absolut unterschreiben: Ich habe auch größere Schwierigkeiten dabei, eine Spielfigur den Weg in den Großen Aktenvernichter zu schicken, wenn man sich mit ihr 10 Jahre lang wöchentlich getroffen hätte.

 

Was ich nicht verstehe ist, warum du das als spezielles Problem von Midgard und dem langsamen Aufsteigen ansiehst und warum du das gleiche Problem bei Figuren nicht erwartest, die in anderen Systemen schneller aufgestiegen sind.

 

Ich hänge an meinen Spielfiguren und an den Mitspielerfiguren, weil sie mir vertraut sind und ich mit ihnen viel "erlebt" habe. In der Gruppe haben sich um die einzelnen Figuren herum bestimmte Konstellationen, Geschichten, Insider-Gags entwickelt, die ich mit einer neuen Figur nicht hätte. Dass ich nun über die Zeit soundsoviele Punkte in die Figur gesteckt haben, ist dagegen für mich so gut wie bedeutungslos.

 

Im Prinzip ist es so wie in Fernsehserien: In der ersten Staffel eckt und kantet es in den Drehbüchern noch heftig und die Figuren kommen nicht plastisch rüber. In den weiteren Staffeln passt dann auf einmal alles und man hat mehr Freude an ihnen.

 

Ich hätte das gleiche Problem mit jeder alten, wohlvertrauten Figur unabhängig vom Spielsystem. Und ich hätte kein Problem, wenn mir ein "ungeliebter" oder selten gespielter Charakter über den Deister ginge, selbst wenn er Grad 12 wäre (okay, diese Konstellation ließe sich bei Midgard regelkonform darstellen).

 

Insofern hänge ich offensichtlich aus "emotionaleren" Gründen an so manch einer meiner Spielfiguren als du. Das würde im Spiel aber wohl kaum etwas ändern, wenn man 10 Jahre zusammen gespielt hat. Du wirst wahrscheinlich mindestens einen Spieler dabei haben, der so ähnlich denkt wie ich und der auch nicht getröstet wäre, wenn du sagen würdest: "Macht doch nichts, deine neue Figur ist in diesem System nach drei Monaten so mächtig wie die alte".

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Was ich nicht verstehe ist' date=' warum du das als spezielles Problem von Midgard und dem langsamen Aufsteigen ansiehst und warum du das gleiche Problem bei Figuren nicht erwartest, die in anderen Systemen schneller aufgestiegen sind.

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Warum das so ist kann ich auch nicht sagen. Ich hab nur gemerkt, dass es so ist. ich weiß, ist komisch und nicht wirklich eine befriedigende Antwort.

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Was ich nicht verstehe ist' date=' warum du das als spezielles Problem von Midgard und dem langsamen Aufsteigen ansiehst und warum du das gleiche Problem bei Figuren nicht erwartest, die in anderen Systemen schneller aufgestiegen sind.

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Warum das so ist kann ich auch nicht sagen. Ich hab nur gemerkt, dass es so ist. ich weiß, ist komisch und nicht wirklich eine befriedigende Antwort.

 

Spielst du denn andere Systeme ähnlich lange und intensiv wie Midgard, dass du einen echten Vergleich hast?

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