8. Brief - Daradag, 1. Trideade Feenmond
Liebste Mutter,
nachdem Mira den Tongartenzwerg namens Bromel, Heliadis angeblicher Sohn, zerschlagen hatte und deshalb von der Dorfältesten Rosianne ermahnt wurde, fanden wir besagten Kuchen im Haus von Heliadis. Ein besonderer Zauber schien auf ihm zu liegen, denn er war nach so langer Zeit immer noch frisch und hatte eine besondere Anziehung auf Wesen, die dem Essen sehr zugeneigt waren. So mussten Mira, die dem Drang den Kuchen zu essen standgehalten hatte, und ich ihn vor Gray und Fulidoc verteidigen. Endlich wurde auch die Bedeutung der Worte „das Süße bringt den Tod“ klar. Bevor wir uns zurück zum Gasthaus begaben, deckte ich die gläserne Käseglocke, welche vermutlich etwas Magisches an sich hatte, mit einem Tuch ab, damit die Halblinge den Kuchen nicht zu Gesicht bekommen würden. Als wir in der Taverne saßen, kam Iros zur Tür herein. Gemeinsam gingen wir auf ein Zimmer und er ließ aus einem Sack einen Totenschädel fallen. Er erzählte uns von einem großen Wesen, mit Schuppen, Kralle und Hauern, das in einer Höhle lebte. Gray und Dylan meinten, dass dies Wesen ein Troll und am besten mit Feuer zu bekämpfen sei. Wir suchten den Priester auf und erzählten ihm davon. Er gab uns einen guten Rat. Wir sollten uns dem Troll annehmen, sonst würden wir keine Freunde finden. Für mich gab es nie Zweifel daran, andere jedoch wollten eine Belohnung dafür. War die Gastfreundschaft und Dankbarkeit der Halblinge nicht schon genug? Mira erklärte uns, dass der Rat eines Halblingpriesters besonders sei und dass man gut daran tat ihn zu befolgen. Bevor wir an den südlichen Rand des Halfdals zogen, schloss ich Fin in mein Zimmer ein. Es tat mir leid dies zu tun, doch wollte ich ihn nicht dieser Gefahr aussetzten. Wir konnten Fulidoc nicht davon abhalten uns zu begleiten und so kam der Halbling ebenfalls mit. Wir ritten zu Pferd, während Iros nebenherlief. Mira bot mir an, mich hinter sie auf Herbert zu setzten. Dankend nahm ich ihr Angebot an, bemerkte jedoch einen verletzten Blick von Dylan. Ich war irritiert. Die ganzen Ereignisse der letzten Tage verunsicherten mich. Ich wusste nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte, weshalb ich es einfach schweigend hinnahm. Was erwartete er auch, nachdem er sich den Tag über so distanziert gezeigt hatte? Es gelang uns, dem Troll den Kuchen zu essen zu geben, jedoch mussten wir uns ihm trotzdem im Kampf stellen. Ich kam mir mit der Fackel in der Hand recht nutzlos vor, während die anderen auf den Troll einstachen. Dylan wurde schwer getroffen und einen weiteren Angriff des Trolls hätte er nicht überlebt. Zu allem Übel stach ihm auch noch Fulidoc in die Seite, als er vergeblich versuchte den Troll zu treffen. Auch wenn Dylan davon wenig begeistert war, schob ich mich zwischen ihn und den Troll. Es gelang ihm nicht an mir vorbeizukommen und ich konnte seinen Ärger förmlich hinter mir spüren. Doch ich würde ihn sicher nicht sterben lassen, nur weil er sich in den Kopf gesetzt hatte, mich um jeden Preis zu beschützen. Als nächstes erwischte der Troll jedoch mich und zerfetzte mir mit einem Schlag den Oberschenkel. Dadurch konnte ich Dylan nicht mehr davon abhalten, sich vor mich zu stellen. Als der Troll abermals seine Kralle erhob, durchfuhr mich panische Angst, doch Dylan schaffte es mit letzter Kraft den Schlag abzuwehren. Dann kam Iros uns zu Hilfe und schließlich gab Mira dem Wesen den Todesstoß. Erleichtert richtete ich mich wieder auf und begann sofort Dylans Wunden zu versorgen. Dann wendete ich mich meiner eigenen Verletzung zu, denn Mira konnte ich nicht helfen. Sie hatte ein Auge durch die Krallen des Trolls verloren. Als ich fertig war warf mir der Barde einen vorwurfsvollen Blick zu und ich antwortete mit ebensolchem Blick. Dylan und Gray holten die Pferde und wir ritten zurück. Dylan nahm mich vor sich auf sein Pferd und duldete kein Widerspruch.
Im Halfdal angekommen verbreitete sich die Geschichte schnell und bald waren wir umringt von Halblingen. Fulidoc rühmte sich mit unseren Taten, woraufhin Gray ziemlich verstimmt wurde. Dylan konnte ihn jedoch wieder beruhigen. Erst einmal begaben wir uns zu Laudunic Habustin, der sich um Mira kümmerte. Er schaute sich ebenfalls mein Bein an, danach konnte ich wieder laufen. Im Gasthaus wurde ein Fest zu unseren Ehren gefeiert. Jedoch hatte ich nach diesem Kampf und dem Schrecken, beinahe eine wichtige Person verloren zu haben, das Bedürfnis nach Rückzug. Ich schob mich durch die Menge und fragte nach einer Schüssel Wasser, dann ging ich auf mein Zimmer. Ich kümmerte mich um Fin und öffnete ihm das Fenster, in der Hoffnung, dass er mir verzeihen und zurückkehren würde. Kurz darauf klopfte es und Dylan brachte mir eine Schüssel Wasser. Er meinte ich sollte so etwas nie wieder tun, er hatte Angst um mein Leben gehabt. Ich antwortete, dass es mir nicht anders ginge, und dass er dem Tod näher gewesen wäre als ich. Ich hatte kaum meinen Satz beendet, als ich seine Lippen auf meinen spürte. Mein Ärger verflog und ich gab mich dem Kuss hin. Mein Herz klopfte, ein Teil in mir war überglücklich, dass es ihn immer noch nach mir verlangte. Doch so viel Unausgesprochenes, Unsicherheit kam in mir hoch, als sein Kuss leidenschaftlicher wurde. Da waren immer noch meine Haut, mein Arm und meine ungeklärten Gefühle. Mein letzter Versuch mich von ihm zu lösen scheiterte, als ich sah, wie ich ihn ein weiteres Mal damit verletzte. Ich konnte ihm nicht sagen, dass ich erst die Schuppen loshaben wollte. Ich konnte nicht mehr von meinen Gefühlen, meiner Unsicherheit sprechen. Alles drehte sich, den Göttern sei Dank, ich dachte noch daran die Kräuter zu mir zu nehmen, bevor ich in seinen Armen versank...Wir lagen noch eine Weile da, bevor er fragte, wie es nun weitergehen würde. Ich antwortete ihm ehrlich, dass ich wir wünschte, dass er an meiner Seite blieb. Ich testete ihn, in dem ich ihn fragte, was er tun würde, wenn aus dieser Verbindung neues Leben entstehen würde. Darüber hatte er sich natürlich keine Gedanken gemacht. Ich schätze er ist trotzallem ein Mann, wie jeder andere. Doch ich ließ das Thema schnell fallen, schließlich wollte ich nicht die gerade wieder eingekehrte Harmonie und das was zwischen uns entstanden war stören. Schließlich kam die Frage, auf die ich schon gewartet hatte. Dylan fragte nach den Schuppen an meinen Arm. Jedoch zeigte er Verständnis für mein Schweigen und ließ mich dann alleine, damit ich mich waschen konnte.
Mutter, wie sehr wünschte ich mir nun bei dir zu sein und zu erfahren was du denkst! Wirfst du mir Leichtsinn vor, weil ich mich auf einen Barden eingelassen habe? Freust du dich? Was rätst du mir? Ich hoffe du antwortest mir bald. Nun, ich denke du willst vor allem wissen, wie ich mich fühle. Um ehrlich zu sein, hätte ich mir vor wenigen Tagen nicht im Traum gedacht, dass es so weit kommen würde. Ich hatte mich doch immer in dieser Hinsicht von Männern ferngehalten. Wie hat es Dylan geschafft diese Mauer zu überwinden? Wie und wann hat er es geschafft, sich in mein Herz einzuschleichen? Ich bin glücklich, auch wenn ich mir viel zu viele Gedanken und Sorgen mache. Ich frage mich, was dies nun bedeutet. So viele Fragen, so viele verwirrende, neue Gefühle. Und wieder komme ich mit meinen Gedanken den Geschehnissen nicht hinterher. Ich entdecke Seiten an mir, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Ich bin erstaunt, manchmal erschrocken über mich selbst. Ich empfinde meine Gefühle und Wünsche bezüglich Dylan als egoistisch und tue mich damit schwer. Ich kann es noch nicht wirklich in Worte fassen, was in mir vorgeht. Vielleicht bringen die nächsten Tage, Wochen etwas Klarheit. Du kannst dir sicher sein, dass du es erfahren wirst.
Jetzt werde ich mich erst einmal hinunter zum festlichen Treiben gesellen, schließlich muss die Rettung des Halfdals noch gefeiert werden.
In Liebe
Enya
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