11. Brief - Ljosdag, 1. Trideade Rabenmond
Liebste Mutter,
viel Zeit ist vergangen, der erste Wintermonat ist angebrochen und es gibt Neuigkeiten. Gestern saßen wir beim Abendessen und besprachen, was wir nun als nächstes tun würden. Gray wollte nach Thame, denn es war die nächste Stadt mit einer Magiergilde. Ich schlug vor, dass wir dann weiter nach Corrinis und von dort aus nach Fiorinde reisen könnten. Sie fragten mich, was ich dort wolle und ich antwortete, dass in Fiorinde meine Mutter lebte, es in beiden Städten Magiergilden geben und der Winter dort nicht so streng sein würde. Mira fragte, ob ich Dylan nachdem er schon meinen Vater kennengelernt hatte, auch nicht meiner Mutter vorstellen wollte. Gray meinte auf diese Begegnung könnte er verzichten und ich beteuerte, dass du anders wärst als Vater. Ein bisschen verletzt hat mich Grays Bemerkung schon. Ich habe die Hoffnung, dass er seine Worte nicht ganz ernst gemeint hat. Vielleicht sollte ich mit ihm noch einmal bezüglich Vaters Drohung reden. Ich möchte nicht, dass er das Gefühl hat er muss mich beschützen. Er soll dies nur tun, wenn es sein Wunsch ist.
Letztlich beschlossen wir nach Thame zu reisen und dort dann weitere Entscheidungen zu treffen, schließlich wussten wir nicht, was alles auf unserer Reise passieren und wo uns unser Weg hinführen würde.
Als wir dort saßen und unsere Pläne besprachen, öffnete sich die Tür. Ein Mann, mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, kam herein und begab sich an unseren Tisch. Wir begrüßten ihn verwundert, als wir Iros erkannten. Er berichtete uns, dass er die Zeit in Dalesend verbracht und viel nachdacht hatte. Er hatte meinen Brief gelesen und danach sich zurückgezogen um einen freien Kopf zu bekommen. Dylan warf ihm einen kritischen Blick zu und auch ich war skeptisch, obgleich gespannt, was er uns noch zu sagen hatte. Iros setzte sich zu uns und bestellte sechs Falschen Blauwasserrebe. Nachdem ersten Glas, sagte Iros, dass die Trennung gut gewesen wäre. Gray berichtete kurz von unserer Reise und meinte Iros hätte meinen Vater kennenlernen müssen. Ich war da andere Meinung, ich denke, dass es für Iros tatsächlich nicht ungefährlich gewesen wäre, nun da ich Vaters Reaktion auf Gray und Dylan gesehen und seine Drohung gehört habe. Doch ich schwieg. Iros sprach weiter. Er wollte sich der Gruppe nicht aufdrücken und würde nur weiter mit uns reisen, wenn wir ihn willkommen hießen. Gray meinte, dass er eigentlich ein gutes Verhältnis zu dem Chryseier gehabt hätte. dadurch dass er aber Misstrauen in der Gruppe gesät hatte, hatte er es sich verscherzt. Wenn Iros dieses Verhalten ablegen würde und den nötigen Vertrauensvorschuss jedem einzelnen in der Gruppe entgegenbringen würde, hätte Gray damit kein Problem. Iros erzählte uns die Geschichte, weshalb er so dringend Geld benötigte. Er wollte die Frau, die er liebte, von ihrem Ehemann für 2000 Oring freikaufen. Ihr Vater war jedoch dagegen, weshalb es dazu kommen könnte, dass der Gruppe Gefahr drohe, sollte Iros mit uns reisen. Man versicherte ihm, dass dies kein Problem für uns darstellen würde und auch ich beschloss ihm eine zweite Chance zu geben. Den restlichen Abend verbrachten wir bei Speis und Trunk, Gesang und Lautenspiel. Gray nahm eine Okarina zu Hand und spielte darauf ein sehr schönes Lied. Ich hatte nicht gewusst, dass auch er die Musik liebte. Ich war begeistert und sogleich spielten und sangen wir gemeinsam ein Stück. Zu später Stunde begaben uns zu Bett. An jenem Abend überreichte ich Gray sein Geschenk, um damit meine tiefe Dankbarkeit zu zeigen. Ich hatte für ihn Beutel für seine Zaubermaterialien anfertigen lassen. Sie waren in einem hellen Blau mit Eiskristallen in Weiß bestickt. Er hat sich darüber sehr gefreut.
Morgen werden wir nach Thame aufbrechen. Fin hat uns verlassen. Ich denke ich habe mich zu wenig um ihn gekümmert und war mit meinen Gedanken bei anderen Dingen. Ich vermisse ihn, jedoch habe ich gelernt, dass die Verbindung zu einem Vertrauten viel Zeit und Aufmerksamkeit bedarf und es nichts ist, was man nebenher einfach mal so tun kann. Vielleicht werde ich noch einmal ein Tier finden, welches ich als Vertrauten an meiner Seite haben möchte oder welches mich erwählt.
Du möchtest sicher wissen, wie es um mich und Dylan steht. Es war nicht mein Wunsch gewesen, dass wir uns jemals so nahe kommen, dennoch empfinde ich mittlerweile mehr für ihn, als ich es jemals erwartet hatte. Doch immer noch bin ich vorsichtig, Vaters Worte, meine eigenen Zweifel kommen mir immer wieder in den Sinn. Vielleicht bin ich zu gerne in seiner Gesellschaft und habe mich zu schnell daran gewöhnt, dass er an meiner Seite ist. Ich weiß nicht, wie es wäre, würde er uns, mich verlassen. Er ist ein (meistens) vernünftiger Ruhepol in der Gruppe und hat schon die eine oder andere Situation mit seiner lockeren, leichten Art beruhigt und geschlichtet. Es erwärmt mein Herz Gray und Dylan zusammen zu sehen. Wer hätte gedacht, dass sich diese beiden einmal so gut verstehen würden.
Dylan hat mir während der gesamten Zeit nicht einmal eine Frage zu meinen Wesen gestellt. Interessiert es ihn nicht, reicht es, dass ich schön bin? Einerseits bin ich froh, dass er mein Schweigen respektiert, anderseits schmerzt es mich. Ich habe das Gefühl, dass etwas fehlt oder…nein, ich weiß nicht wie ich es sagen soll. Deshalb bitte ich dich nun um etwas. Eine Bitte, von der ich nie erwartet hatte, dass sie eines Tages über meine Lippen kommt und doch werde ich sie nun aussprechen.
Ich möchte, dass du mich von meinem Versprechen entbindest.
Mutter, ich weiß was ich von dir verlange. Ich hoffe du kannst meine Gefühle und Gründe für diese Bitte verstehen. Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst, um darüber nachzudenken und eine Entscheidung zu treffen. Ich werde so lange warten.
Verzeih mir, dass ich so lange nicht geschrieben habe. Ich habe am Myrkdag des Hirschmonds an dich gedacht, ich hoffe, dass du einen angenehmen Tag verbracht hast und meine Gedanken bei dir angekommen sind. War Vater bei dir? Ich würde dir gerne etwas schenken, doch habe ich bisher noch nichts gefunden.
Ich denke an dich und mit Freude erwarte ich deine Antwort.
In Liebe
Enya
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