16. Brief - Sedag, 2. Trideade Trollmond
Liebste Mutter,
Am nächsten Morgen begaben auch wir uns zu den Zwergen und trafen dort auf Glarn Rabenbart, der uns zum Dank etwas Gold und Amulett überreichte. Das Amulett ist bronzefarben und zeichnet seinen Träger als Zwergenfreund aus.
Da wir es aufgrund der vergangenen Ereignisse für gefährlich hielten, alleine unterwegs zu sein, gingen Gray, Dylan und ich gemeinsam zur Magiergilde. Vorher bat ich noch um einen Besuch im Badehaus und ließ mir in MacAelfins Badehaus den Ansatz nachfärben. Schließlich kamen wir an die Gilde von Thame, die Gilde des weißen Steins. Dort wurden wir zu einem Zwerg namens Gram Funkenflug geführt, der Gray am Naondag einen Termin mit Arlena NiConuilh, der Vorsteherin der Gilde, gab. Nachdem wir noch ein paar Zauberkomponenten erstanden hatten, gingen wir in der Stadt noch andere Besorgungen machen. Ein Besuch im Tempel, bescherte Heilung für Dylans Hände, doch er würde sie zehn Tage lang nicht benutzen können. Bleibende Schäden würden sich erst später herausstellen. Die nächste Zeit verbrachte ich mit meinen Studien. So konnte ich endlich von der Schriftrolle, die mir Gray damals geschenkt hatte, lernen. Mein Wissen über die arkanen Künste und meine Fähigkeiten als Wundheilerin konnte ich ebenfalls verbessern.
Als wir am Sedag beim Frühstück saßen, Bruna war im Zwergenviertel, Iros verschwunden, ging die Tür der Taverne auf. Im Eingang stand Iros, gekleidet in einen schwarzen Umhang, an den Armen vergoldete Armschienen, auf dem Kopf ein prunkvoller Helm mit schwarzem Federkamm. Stolz präsentierte er sich uns und ich fragte mich, wie viel Wahrheit noch an der Geschichte mit seiner Geliebten, die er freikaufen wollte, war. Auf meine Zweifel antwortete er, dass es auch andere Mittel und Wege gäbe und er alles tun würde für sie. Dylan würde sich auch noch einmal die Finger brechen lassen für mich. Zu meiner Verärgerung stimmte Dylan ihm auch noch zu. So etwas Törichtes. Als würde es ihn glücklich machen, wenn er nie wieder seine Hände benützen konnte, was würde ich ihm da viel bringen, wenn er auf seine große Liebe, die Liebe zur Musik verzichten müsste?
Anschließend begaben wir uns auf den Markt. Dort traf Dylan einen Bekannten. Es handelte sich um Bardulf, ebenfalls ein Barde. Nach einiger Zeit leerte sich der Markplatz und das Bogenschießen auf den „Oger von Thame“ begann. Für das Bogenschießen lieh sich Iros Dylans Bogen aus. Es wurde auf einen Schneemann, welcher den Oger von Thame repräsentierte, geschossen. Die ersten beiden Male flogen Iros Pfeile überall hin, nur nicht ins Ziel. Mit dem dritten und letzten Pfeil durchbohrte er jedoch den Kopf des Ogers und in der Menge dahinter hörten wir einen Aufschrei. So schnell ich konnte, eilte ich dorthin. Ich sah eine gutgekleidete Frau, die sich ihren Arm hielt. Ich war froh meine Tasche mit den Verbänden mitgenommen zu haben und kümmerte mich augenblicklich um die Wunde. Wir erfuhren, dass es sich um Udele NiRathgar, eine angesehene Händlerin in der Stadt handelte. Ich riet ihr zum Arzt zu gehen, denn besonders gut hatte ich meine Arbeit nicht getan, doch sie wollte zurück zu ihrem Haus. Wir begleiteten sie schließlich. Dort angekommen, fragte Iros zu meiner Überraschung, ob sie Samiel kenne. Nein, ich hatte mich nicht verhört, er sprach tatsächlich vom grünen Jäger, aber was sollte dieser mit Udele zu tun haben? Nichts, so schien es, denn sie verneinte die Frage. Gray war der Meinung, es handle sich dabei um einen Schutzpatron der Waldläufer und ließ sich nicht vom Gegenteil überzeugen. Sie bat uns herein, doch Gray weigerte sich, das Haus zu betreten. Er erinnerte uns an unsere Abmachung, niemandem zu trauen. Doch Iros und Mira waren bereits in das prunkvolle Haus hineingegangen. Hin und her gerissen zwischen Grays Warnung und dem Wunsch die beiden dort drinnen nicht allein zu lassen, betrat ich schließlich ebenfalls das Haus. Dylan folgte mir. Drinnen war es dunkel und nur im Wohnzimmer, in welchem Udele saß, brannte Feuer im Kamin. Die Frau äußerte den Wunsch mit uns zu sprechen. Nur uns konnte sie ihre Geschichte erzählen, denn wir waren Fremde in Thame und trotzdem keine schlechten Menschen, denn wir trugen das Amulett der Zwerge. Sie trat vor den Kamin und wir sahen, dass sie keinen Schatten hatte. Wir erfuhren, dass sie sich im Wald von Tureliand in einen Seeelfen verliebt hatte. Doch da diese Wesen anscheinend zu den seelenlosen gehören, musste sie sich von ihrer Seele trennen, um mit dem Elf leben zu können. Sie forschte und fand schließlich eine Möglichkeit auf magische Weise ihre Seele von sich zu lösen. Doch als sie zu dem Elf gehen wollte, erschrak sie über ihren fehlenden Schatten. Sie fühlte sich leer und kehrte wieder zurück. Sie hatte Angst vor dem Schatten, der die Form ihres Spiegelbildes angenommen hatte und ihr wohl nach dem Leben trachtete. Nachdem sie mit der Geschichte geendet hatte, bat sie um Schutz und Hilfe, ihre Seele wieder zu ihr zurück zu bringen. Noch hatte ich einige Fragen und Zweifel und nahm Iros beiseite, um ihn noch einmal nach Samiel zu fragen. In dem Moment, als er den letzten Pfeil abgeschossen hatte, wurde ihm dieser Name ins Ohr geflüstert, von wem wusste er nicht. Was hatte dies zu bedeuten? Bei der Vorstellung, dass der grüne Jäger mit den Ereignissen in Verbindung stand, graute es mir. Ich begab mich zu Gray und erzählte ihm das Gehörte. Zweifel und Misstrauen waren ihm deutlich anzusehen und er stellte klar, dass er kein Leibwächter sein würde, doch schließlich kam er mit in das Haus. Udele sprach von unserer Belohnung und es war wohl die Menge des Goldes, welche zum Annehmen des Auftrages überzeugte. Wir vereinbarten ein Zeichen, mit dem wie sie als Udele erkennen würde. Nachdem dieses beschlossen war, begaben wir uns in den „staubigen Zwerg“ und holten unser Hab und Gut. Zurück bei Udele führte sie uns durch ihr Haus, welchem man ihren Reichtum deutlich ansah. Sie hatte sogar eine Kegelbahn, solch eine Verschwendung. Das eigene Bad jedoch gefiel mir sehr gut. Um vor Eindringligen gewarnt zu werden, brachten wir Glöckchen und Faden an den Fenstern in Udeles Schlafzimmer an und teilten dann die Nachtwachen ein. Ich werde mit Gray und Dylan im Badezimmer wachen, während die anderen im Flur nächtigen. Morgen werde ich zur Magiergilde gehen, um etwas über Schatten, Seelen und diese Art von Magie herauszufinden. Zu Udele werde ich ebenfalls Nachforschungen anstellen. Noch immer habe ich Grays Warnung im Sinn: „Traue niemandem“.
In Liebe
Enya
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