17. Brief - Seachdag, 2. Trideade Trollmond
Liebste Mutter,
wie geplant begab ich mich in die Magiergilde. Gray und Mira begleiteten mich. Ungern ließ ich Dylan zurück, doch er hatte gemeint, dass ich ihn auch mal einen Moment alleine lassen könnte. Das hatte er das letzte Mal auch gesagt, man hat ja gesehen, was passiert ist…
In der Magiergilde angekommen – Udele hatte uns ein Schreiben für die Bibliothek mitgegeben – begann ich mit der Suche. Gray konnte die albische Schrift nicht lesen, weshalb er keine große Hilfe war und entschuldigte sich, als er einen interessanten Bereich entdeckt hatte. Nach einiger Zeit bat ich Mira zurück zu Udele zu gehen und sie nach dem Zauber zu fragen, in der Hoffnung, dass mir dies bei der Suche weiterhelfen würde. Dies hätte ich schon vorher tun sollen. Ich hatte immer noch nichts gefunden, als sie wieder zurückkehrte. Das was sie von Udele erfahren hatte war wenig und half mir nicht im Geringsten weiter. Sie erzählte mir jedoch, dass Iros sich zusammen mit Dylan betrunken und sogar versucht hatte, sie zu schlagen. Den ersten Teil der Geschichte glaubte ich ihr sofort, beim zweiten Teil war ich mir nicht so sicher. Verärgert über ihren Leichtsinn, doch nicht bereit wegen ihnen meine Suche aufzugeben, wendete ich mich wieder den Regalen zu. Kurze Zeit später verließ Gray die Bibliothek und kehrte zu den andere zurück. Endlich wurde ich fündig. In einem Werk, welches den Name „Baltur Diompors Aufzeichnungen“ trug, fand ich einen Brief, den er an seine Schwester geschrieben, aber nie abgeschickt hatte. Dort war von dem Dämonenfürsten Torangareg Schattenspender die Rede, den seine Familie heimlich verehrte. Er schrieb über ein Schattenreich, welches neben unserer Welt existierte und in dem Abbilder der Seelen körperliche Gestalt annehmen und materielle Dinge zu Schatten würden. Der Brief stammte aus der Zeit kurz vor dem Ausbruch des Krieges der Magier. Enttäuscht klappte ich das Buch wieder zu. Was brachte mir diese Information? Ermattet von der langen Suche, begab ich mich schließlich mit Mira zurück zum Rabenhaus, wie Udeles Haus aufgrund der Staturen genannt wird.
Als ich den Flur betrat, drangen mir bereits die Stimmen von Iros, Dylan und Gray entgegen. Sie saßen auf der Empore, lachend und grölend, mit einem Krug Wein in der Hand. Unbändige Wut wallte in mir auf. Wie konnten sie es wagen? In meinem Zorn zauberte ich einen Flammenkreis um mich herum, da es das einzige war, was sichtbar und doch für sie nicht schädlich war. Sie wussten ohnehin nicht um was es dabei handelt. Umgeben von grünen Flammen, ging ich die Treppe herauf, woraufhin die Herrschaften weiter nach oben flohen. Nachdem der erste Anflug von Zorn verebbt war, lief ich zuerst zu Udele, entschuldigte mich für das Verhalten der Männer und begab mich dann zu den Mägden. Irgendetwas hatte Iros mit ihnen angestellt, dieser Hund, weshalb ich nicht wusste ob sie meiner Bitte, den Weinkeller geschlossen zu halten, nachkommen würden.
Wieder oben angekommen, sah ich noch wie Gray, während er sich auszog, zum Badezimmer hüpfte. Die Wut begann wieder in mir zu brodeln, doch ich versuchte ruhig zu bleiben und gesellte mich zu Mira auf die Empore. Wir waren uns einig, die Männer konnte man wohl keinen Augenblick alleine lassen. Nun, von Iros war das nicht verwunderlich, obwohl er sich als Adeliger von den drei am besten benehmen sollte. Während ich dort nachdenklich stand, ging die Tür des Badezimmers auf und Iros und Dylan rannten völlig entkleidet auf den Flur hinaus. Fassungslos starrte ich die beiden an, als sie auf uns zu gewankt kamen. Als Iros den Krug an Dylan gab, hatte ich genug von dem Theater. Ich griff nach dem Krug und warf ihn mit aller Kraft auf den Boden zu Iros Füßen. Er beschwerte sich lauthals und unterstellte mir, Dylan zu überwachen und nur deshalb würde er sich hier betrinken, ansonsten wäre er einfach mit ihm zusammen in eine Taverne gegangen. Das war zu viel. Ich begann zu schreien, schrie ihm all meine Wut entgegen. Wie daneben ich ihr Verhalten fand, dass ich den ganzen Tag in der Bibliothek verbracht hatte, um damit dem Erfüllen unseres Auftrags näher zu kommen und alles was sie zu tun hatten, war die Gastfreundschaft von Udele mit Füßen zu treten. Sich zu betrinken, obwohl wir den Auftrag hatten jemanden zu beschützen und jederzeit wachsam zu sein. Und dass nun Mira und ich alleine die Nachtwache zu übernehmen hatten, weil sie alle zu voll waren, um wach zu bleiben geschweige denn im Ernstfall zu handeln. Doch Iros schien dies recht wenig zu interessieren und er redete weiterhin auf mich ein. Gray, der durch den Lärm das Badezimmer verlassen hatte, versuchte ihn einzuschläfern, doch es gelang ihm nicht. Ich bat den Chryseier, mir aus den Augen zu treten, weil ich nicht wusste, wie lange ich ihn noch ertragen konnte, bevor ich wirklich genug hatte. Doch er weigerte sich „wie ein Hund zu gehorchen.“ Dylan hatte sich schon längst verzogen, als auch Iros sich endlich abwandte. Zu Gray meinte ich, dass ich von ihm mehr erwartet hätte. Er erwiderte, dass er eigentlich mir etwas erzählen hatte wollen, doch niemand hätte ihm zugehört. Damit verschwand auch er und ließ mich sprachlos zurück. Ich konnte es nicht fassen, was sich in den letzten Augenblicken vor meinen Augen abgespielt hatte. War ich mit einem Haufen Kinder unterwegs? Iros Worte hatten mich mehr getroffen, als es mir lieb war. Und ich kann nicht umhin ihm einzugestehen, dass er Recht hat. Wahrscheinlich war meine (Für)Sorge um Dylan zu viel, doch wie kann ich nach den letzten Ereignissen nicht besorgt sein? Wieder einmal regt sich Trotz in mir. Wäre ich an seiner Stelle…wie damals im Kampf gegen den Troll. Er hat das Recht mich zu schützen, doch mir wirft er es vor. Er hat das Recht sich um mich zu sorgen, doch mir wird vorgeworfen, ich enge ihn ein. Ich möchte doch nur, dass er bald mit seinen Händen wieder auf seiner Laute spielen kann…und dass er bei mir bleibt.
Zur Nachtwache, die die ganze Nacht füllen würde, begab ich mich ins Badezimmer. Von den Männern fehlt jegliche Spur und wir können wohl wenig Hilfe von ihnen erwarten, sollte in der Nacht etwas passieren.
In Liebe
Enya
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