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Enyas Briefe

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27. Brief - Catrudag, 1. Trideade Bärenmond


Die Hexe

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An Chelinda,

die letzten Tage waren erfüllt mit Studieren, Musik und Gesprächen, so dass ich dir erst jetzt schreibe. Mir geht es gut. Ich bin dabei mein Wissen über die arkane Kunst zu erweitern. Ausgerechnet einen Priester der Dheis Albi habe ich dabei als Lehrmeister. Doch Vater Limric ist ein guter Mann, der mich das Bannen von Dunkelheit und das Erschaffen einer Feuerkugel lehrt und mich in der Sprache der Priesterschaft unterweist. Gleich am ersten Tag, als Gray, Salomon und ich eigentlich auf dem Weg zu Tharyn, der Kräuterfrau waren, bat er uns um Hilfe, wir sollten uns um einen Spuk kümmern, der beim Friedhof sein Unwesen trieb. In einem Loch befand sich ein grauenvolles Gespenst, welches uns in Angst und Schrecken versetzte. Sein Blick allein genügte, um einem das Herz vor Angst erstarren zu lassen. Doch was mich noch mit größeren Entsetzten erfüllte, war der Moment, als Gray mit der Todesangst kämpfte und sein Herz drohte zu versagen. Ich hätte ihn beinahe verloren. Ein weiteres Mal. Mit aller Macht versuchte ich ihm Mut zu zusprechen, um ihn nicht vor meinen Augen sterben zu sehen. Mit vereinten Kräften und der Hilfe des Priesters gelang es uns schließlich den Geist zu bezwingen und zu bannen. Der Schock sitzt noch immer in meinen Gliedern. Wie oft werde ihn noch erleben? Wie lange bis sich die Pforten zu Ylathors Reich doch einmal öffnen? Ich hoffe der Tag wird nie kommen. Ich tue mein Bestes um stärker zu werden.

Die Kräuterfrau empfing uns unwirsch und schickte uns sogleich wieder fort, ohne auf unsere Fragen und Bitten Antwort zu geben. Von Myriel erfuhr ich, dass sie sich aufgrund eines Streits mit einem Druiden zurückgezogen hatte. Doch auch dieses Problem konnten wir lösen, indem wir Haern, den Sohn des Druiden, dazu brachten, sich bei Tharyn im Namen seines Vaters zu entschuldigen. Danach bot auch sie sich als Lehrmeisterin an und ich bekam endlich die Kräuter, die mir schon eine Weile ausgegangen waren. Ich sollte anfangen, sie selbst zu suchen.

Als wir Morvill einen Besuch abstatteten trafen wir auf ein Mädchen namens Elanor, Anführerin der Wildlinge, einer Gruppe von Kindern. Elanor ist die Tochter von Aethelsbaen, ein Müller und ehemaliger Hexenjäger, den wir, neben dem Wirt Warwick, ebenfalls im Gasthaus kennenlernten. Von ihm erfuhren wir, von den dunklen Gestalten, die im Dorf nach uns gefragt, dem Müller gedroht und sich als Schergen von Thalion ausgeben hatten. Auch er bot sich als Lehrmeister an.

Im Dorf geschah etwas mit der Runenklinge. Ich trug sie wie immer bei mir, in der Scheide, die ich hatte anfertigen lassen, als sie plötzlich in Flammen aufging und das Leder zu Asche verbrannte.

Gray, der neben mir gelaufen war, verbrannte das Feuer der Klinge ebenfalls. Erschrocken nahm ich das Schwert in die Hand und spürte die Macht, die ihm innewohnte. Für einen kurzen Moment war es zu einer Flammenklinge geworden, doch die Kraft erschien mir so unkontrollierbar. Ich kümmerte mich um Grays Wunden und entschuldigte mich. Danach hielt er Abstand von mir und auch ich erachtete es für sinnvoll, den anderen nicht mehr zu nahe zu kommen, solange ich die Runenklinge bei mir trug. Es wäre sehr hilfreich, würde Nervan den Bann der auf dem Buch über die Runenklingen liegt, lösen. Vielleicht würde ich dort einige Antworten finden und eine Möglichkeit die Macht der Klinge zu kontrollieren.

Wie alle anderen sah ich Salomon in der Zeit des Lernens wenig. Doch er überraschte uns, als er eines Tages von den 25 Oring berichtete, die er in Norrenshold gefunden hatte. Er hatte es vergessen und wollte sie nun jedoch aufteilen. Er entschuldigte sich und damit war die Sache für uns erledigt. Bisher ist er nicht negativ aufgefallen, doch ich kann ihn nicht wirklich einschätzen. Nun gut, lange ist er noch nicht bei uns, ich sollte dem noch etwas Zeit geben.

Ich nutze die Zeit um endlich mit Dylan zu sprechen. Ich teilte ihm mit, was ich von dem Versprechen an Iros hielt und bat ihn in Zukunft solche Versprechen niemandem mehr zu geben. Das Verhältnis der Versprechen war von solch Unstimmigkeit gewesen, Dylan hatte nur verlieren können, Iros hingegen nur gewinnen. Und seine Worte waren letztlich für uns alle von Nachteil gewesen. Er stimmte mir zu, dass es von ihm unüberlegt gewesen war, jedoch würde er es jederzeit wieder tun, wenn sich die Chance dadurch erhöhe, dass ich zu ihm zurückkehren würde. Dazu wusste ich nichts mehr zu erwidern und konnte nur hoffen, dass er das nächste Mal weiser entscheiden würde oder dass es ein nächstes Mal einfach nicht geben würde. Ich machte ihn auch auf sein Verhalten Gray gegenüber aufmerksam und meinte, dass eine Entschuldigung und Dankbarkeit ihm gegenüber angebracht wären.

Die Tage verstrichen und schließlich brach der Morgen des ersten Tags im Bärenmond an. Beim Frühstück stand Dylan auf und beglückwünschte mich, woraufhin alle anderen folgten. Nein, das stimmt nicht, Gray verließ wortlos den Raum, ebenso Salomon. Dylan überreichte mir eine Schatulle, in welcher sich zwei Ohrringe befanden. Sie glichen dem Paar, von dem ich einen an die Echsenmenschen verloren und den anderen Dylan geschenkt hatte. Gerührt und glücklich bedankte ich mich bei ihm. Nervan wollte am Abend ein Fest feiern, doch ich meinte, dass es besser wäre eine große Feier nach der Jagd zu veranstalten, denn Brunas Geburtstag müsste auch noch gefeiert werden. Als ich mich in unser Gemach begab, um mich für den Tag zu richten, entdeckte ich auf meinen Nachtlager einen Handspiegel, Seife und ein Tuch aus gröberem Stoff. Daneben ein Tuch, in dem die acht Rubine eingewickelt waren.

Den Tag verbrachte ich bei Vater Limmric. Beim Abendessen war Gray immer noch nicht da, Jaris saß ebenfalls nicht am Tisch. Salomon überreichte mir ein Kästchen, in dem sich ein silbernes Kreuz an einer Kette befand. Auf seiner Rückseite befand sich eine Inschrift auf Neu-Vallinga „Wie Feuer und Flamme“ Salomon meinte, das würde zu mir passen. Überrascht, bedankte ich mich und zog die Kette sogleich an. Dies hatte ich nicht erwartet, freute mich dafür jedoch umso mehr. Gerade als ich das Kreuz angezogen hatte, kamen die Bediensteten herein und brachten einen Kuchen, den Mira gebacken hatte. Ihr Geschenk würde sie mir später überreichen. Es war ein schöner Abend, die Stimmung war ausgelassen und Miras Kuchen sehr gut. Doch einer fehlte: Gray. Nach einiger Zeit begab ich mich auf die Suche und fand ihn schließlich in der Bibliothek. Dort saß er im Schein einer einsamen Kerze. Sein Anblick versetzt mir einen Stich. Ich bedankte mich für sein Geschenk und fragte ihn, ob er uns Gesellschaft leisten würde, doch er weigerte sich, mich zu begleiten. Ich weiß nicht, was geschehen ist, dass er den Tag seiner Geburt mit solch bitteren Erinnerungen verbindet. Als ich ihn ein paar Tage später darauf ansprach, wurde ich um keine Erkenntnis bereichert. Es schmerzt mich, dass er mir dieses Vertrauen nicht entgegenbringt und seine dunklen Seiten nicht teilt, obgleich ich ihn verstehen kann.

Die Schätze und das Gold lagerte ich bei Nervan, darunter befand sich auch der Helm, von dem wir noch immer nicht wussten, was er konnte oder ob es einfach nur ein einfacher Helm war. Am einem Morgen ging Gray in unser Zimmer und zog ihn auf. Woraufhin er runter auf den Hof stapfte und den Hauptmann Rensgar nach seinem stärksten Mann fragte. Im folgenden Kampf verlor Gray die Kontrolle und hieb auf Rupert, seinen Gegner blindlings ein. Wir versuchten ihn aufzuhalten und nach mehreren Versuchen gelang es mir ihn einzuschläfern, doch der Helm ließ sich nicht von seinem Kopf lösen. Von Salomon erfuhren wir, dass der Helm verflucht war und ich schickte ihn los, um den Priester zu holen. Vater Jaris bannte die finstere Magie, die sich des Helmes bemächtigt hatte und er zerbrach. Zu meinem Entsetzten lagen nicht nur die Stücke des Helmes neben Grays Kopf, sondern auch das zerbrochene Diadem, welches er darunter getragen hatte. Und wieder einmal war durch Grays Neugier etwas geschehen… So viel Wirbel um dieses Diadem und nun ist es unbrauchbar. Ich hoffe, dass der Moment in dem wir seine Zerstörung bitter bereuen, niemals kommen wird. Für die Zukunft wird derjenige, der ein magisches Artefakt ausprobiert, nur dieses bei sich tragen. Bei dem Kampf hatte Rupert Gray einen Arm gebrochen und er würde nun mehrere Tage nicht mehr zu gebrauchen sein. Es waren noch sechs Tage bis zum Jadgfest. Den Göttern sei Dank wusste ich von einem Kraut welches die Heilung des Bruchs beschleunigen würde und fand es auch, so dass Grays Arm nach fünf Tagen, dank meiner täglichen Fürsorge, wieder verheilt war.

Doch außer Gray galt meine Aufmerksamkeit noch einem anderen Menschen, Jaris, der Tochter von Nervan. Je länger ich sie beobachtete, desto sicherer war ich mir, dass sie schwanger war. Ich sprach ihre Zofe Betty an und sie bestätigte meinen Verdacht. Ich erfuhr das Tachwallon der Vater des Kindes war und dass die zwei ehrliche Gefühle für einander empfanden. Jaris hatte Angst es ihrem Vater zu sagen, denn der Barde war kein Mann von Stand und diese Verbindung wäre Nervans Ruf nicht zuträglich. Doch ich redete mit ihr und überzeugte sie, dass es besser sei, denn irgendwann würde er es ohnehin erfahren. Ich versicherte ihr meine Unterstützung und versprach ihr, dass ich mit ihren Vater nach dem Jadgfest reden würde.

Bald ist es soweit. Auf das Fest und den Laird bin ich schon sehr gespannt. Ich weiß von ihm nur, dass er einen gewissen Ruf als Wüstling genießt. Ich hoffe wirklich, dass es uns gelingt uns mit ihm gutzustellen, er ist schließlich einer der mächtigsten Männer des Landes.

Ich bin froh ein paar ruhige, mehr oder weniger sorgenfreie Tage gehabt zu haben, wobei sie nicht wirklich ruhig waren, aber zumindest befanden wir uns mal nicht im Gefängnis, eine verlassenen Zwergenbinge mit 200 Orcs oder einer verlassenen Hochmotte mir Hexen, Dämonen und Ogern.

So langsam frage ich mich wirklich, in welche fernen Gefilde meine Mutter gereist ist und wann ich eine Antwort erhalten werde.

 

In Liebe

Enya

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