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Das beste Live-Konzert, auf dem ich jemals war, fand vor sehr wenig Publikum in einer winzigen, schmierigen Bar am Rand der Welt statt: Und auf der Bühne stand Hugh Cornwell. Der Mann, der "Golden Brown", "No more Heroes" oder "Allways the Sun" geschrieben hat, hat vor weniger als 20 zahlenden Gästen genauso knapp, ungekünstelt und knackig gespielt wie vor 20.000 Zuschauern in einer Arena (in anderen Zeiten). Stilistisch hat sich sogar einiges (aber nicht zu viel) geändert: die Orgel wurde durch phantastische Basslinien ersetzt, mit der Gitarre spielte er des öfteren 2. Stimme. Das Schlagzeug war angenehm trocken und klar in Richtung 60er-Jahre-Garage gerückt. Nach dem Konzert habe ich versucht, dem guten Mann in meinem eingerosteten Englisch Fragen zu seinen Texten zu stellen, die mir seit 15 Jahren auf der Seele lagen: Zu Golden Brown hat er mir einiges erzählt - und mir das Versprechen abgenommen, für den Rest sein Buch zu kaufen Ein Blick auf seine offizielle Webseite hat mir gezeigt, das eine neue Tour ansteht Grüsse, Der_Rabe
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Ist Sb bei MIDGARD rollenspieltheoretisch sinnvoll?
Der_Rabe antwortete auf Storr der Schnitter's Thema in Rollenspieltheorie
Lieber Storr, ich vermute, dass Du mit dem "sozialen" Attribut Selbstbeherrschung einen zentralen Punkt der Diskussion getroffen hast - und zwar auf verschiedenen Ebenen. Ich hoffe, dass ich im Folgenen meine eigenen Gedanken zur Sache geordnet und verständlich dastellen kann 1) Selbstbeherrschung im Midgard-System Selbstbeherrschung ist in Midgard nicht, wie häufig dagestellt, ein unabhängiger Wert einer Spielfigur, der mit einem einfachen W100-Wurf ermittelt werden kann. Sb ist ähnlich wie Wk und pA als abgeleitete Eigenschaft abhängig von einer Basiseigenschaft (In). Was Sb im Regelmechanismus allerdings hervorhebt, ist die gleichzeitige Abhängigkeit von einer abgeleiteten Eigenschaft (Wk) und vom Abenteurertyp - (ausser der Sb wird nur noch der Stand einer Figur abhängig von der Wahl der Charakterklasse angepasst). Ich schliesse aus dieser Komplexität und Sonderstellung, dass sich die Regelautoren an dieser Stelle durchaus Gedanken gemacht haben (es wird sich also nicht um einen "Fehler im Regelwerk" handeln), und erlaube mir deshalb, meine eigenen Vermutungen anzustellen. Wie wir gesehen haben, ist Sb ein komplexer, abgeleiteter Wert, der mit der "Klassenwahl" des Spielers zusammenhängt. Auf der Ebene der Spielfigur kann man sagen, daß vor einer "Klassen"-Ausbildung eine andere Sb zu beobachten war als nach dieser" Klassen"-Ausbildung. Ein Spitzbube verlernt also Sb, wenn er den 1. Grad erreicht (zu einem Abenteurer wird), ein Druide gewinnt hier Sb. Man kann also sagen, dass Sb ein Produkt des bisherigen Lebensstils einer SpF ist - und zwar abhängig von den "Klassen"-Wünschen des jeweiligen Spielers. In meinen eigenen Spielrunden (ich meine hier: die Runden, die ich leite, oder für die ich den Gastgeber spiele ) werden SpF´s an einem eigenen Nachmittag vorbereitet - und ein wesentlicher Erkenntnispunkt meiner Spieler war ausnahmslos dann erreicht, wenn sie verglichen haben, wie sich Willenskraft und Selbstbeherrschung zueinander verhalten. Hat ein Magier gelernt, sich zu beherrschen, oder ist er in der Grundausbildung eher impulsiv geworden, sobald er seine ersten Zauber gelernt hat? Wurde ein Krieger zorniger oder zurückhaltender, nachdem er Blut und Tod kennengelernt hat? Hat eine SpF Geduld gelernt - und was für ein Licht wirft das auf Ausbildung und Lehrmeister? Wir sehen, in der Sb steckt eine ganze Menge drin - und nicht nur Versuchungsregeln. 2) Selbstbeherrschung am Spieltisch Ich möchte an dieser Stelle die Ebene der Spielfiguren verlassen und auf die Ebene der Spieler wechseln - und ich hoffe, mir wird der Wortwitz des Zwischentitels verziehen. In der Tat haben einige Vorredner Recht, wenn sie die Sb als (mögliche) Beschränkung der möglichen Spielzüge des Spielers ansehen - ich möchte diese Beschränkung an dieser Stelle offen Begrüssen. Sb gehört zu den ausgleichenden Spielmechanismen, die verhindern, dass eine Spielrunde von Optimierungsgedanken geprägt wird und so die SpF (und sogar die Abenteurertypen) auf Problemlösungsmechanismen reduziert werden. Eine Figur hat ihre Fehler und Macken - sie kann hässlich, unsympathisch, willensschwach oder eben unbeherrscht sein. Das heisst nicht, das ein Spieler durch die Werte der Figur unbeherrscht spielen soll (was selten gut geht) - er wird ja auch nicht selbst hässlich durch eine hässliche Figur. Es heisst bloss, dass bestimmte Gewichte gesetzt sind - und das im Zweifelsfall Regelmechnismen greifen, die das Spielgleichgewicht wieder herstellen. Die augenblickliche Befindlichkeit eines Spielers sollte also nicht unter allen Umständen über die "Mechanismen" seiner Figur gestellt werden - ein schlechter Tag des Spielers an der Arbeit oder in der Schule macht seine SpF noch nicht zum unausgeglichen Berserker. In meinen eigenen Spielrunden kam es zum Beispiel dazu, daß eine Gruppe mit sehr ungleichen Figuren gestartet ist (insbesondere die Lernpunktverteilung war ungünstig). Allerdings besass die ungebildete Figur als einzige einen kühlen Kopf - so dass auch ihr Spieler seine grossen Augenblicke hatte. Am Rande: Ich erwarte von meinen Spielern, dass sie sich nicht allzusehr mit ihren Figuren identifizieren und im Zweifelsfall mit neuen Figuren ins Abenteuer "wiedereinsteigen" - und ich werde für diese bewusste Distanz mit ausserordentlich befreitem Rollenspiel belohnt. Ich vermute, das man diese Distanz "spielerisch" nennt - und vielleicht ist der Mensch nur dort frei, wo er spielt . 3) Vergleichbare Regelmechanismen in anderen Systemen Diesen Punkt möchte ich ganz kurz fassen und mich auf drei Beispiele konzentrieren: In Ars Magica finden sich komplexe Mechanismen für Tugenden + Verhaltensweisen (z.B. "feige", "gierig", "Einzelgänger"). Die sprachliche Gestaltung ist sehr frei, und die entsprechenden Werte sind eher für den Spieler zur Selbsteinschätzung gedacht. Im Storytelling [sic!]-System der World of Darkness wird Willenskraft hingegen eingesetzt, um besonderen Handlungen einer Figur ein Mass zu geben: Bestimmte Handlungen "kosten" Willenskraftpunkte, andere wiederrum "regenerieren" Willenskraftpunkte. Fehlen einer Spielfigur Willenskraftpunkte, kann der Spieler bestimmte Spielzüge nicht mehr durchführen. Call of Cthuluh ist ohne die spezielle geistige Zerbrechlichkeit von SpF gar nicht denkbar, obwohl die Folgen ausserordentlich schwerwiegend sind: Misslingt ein Stabilitätswurf, entgleitet dem Spieler sehr leicht vollständig die Kontrolle über seine Figur. Jeder Investigator wird früher oder später verrückt (wenn er nicht gefressen oder geopfert oder beides wird). Auch eine SpF hat ein Unterbewusstsein - und dieses Unterbewusstsein ist instinktgesteuert, kreatürlich und ganz-und-gar unkontrollierbar. In diesem Unterbewusstsein hat der Spieler meiner Meinung nach wenig zu suchen - vor allem, wenn seine Figur eine Kellertür aufmacht und ein Dunkles Junges dahinter steht und grinst. 4) Wieso ist Selbstbeherrschung als SpF-Attribut so ein Problem? Sb beschreibt in Midgard eine Schwelle, ab der ein Spieler nicht mehr die vollständige Kontrolle über seine SpF besitzt. Dieser Kontrollverlust liegt nun im sozialen Rahmen der Spielwelt, und nicht in den Grenzen der "physikalischen Simulation". [Wieso Kontrollverlust im sozialen Bereich der Spielsimulation schwerer zu akzeptieren ist als auf der physikalischen Ebene, habe ich allerdings auch noch nicht verstanden ] Meiner Erfahrung gemäss bestimmen die individuellen Einstellungen, Erwartungen und Charaktereigenschaften eines Spielers, ob er in der Lage ist, diesen Kontrollverlust hinzunehmen - oder ob er ihn sogar als Spielelement begrüsst. Konkrete Probleme sind in meinen Spielrunden immer dann entstanden, wenn diese "soziale Spielregel" nicht allen Mitspielern klar war. Entweder haben sich diese Probleme durch Gewöhnung des Spielers aufgelöst - oder wir sind getrennte Wege gegangen. 5) Exkurs: Die "Fach"debatte Zum Abschluss möchte ich mit Nachdruck darauf hinweisen, dass bereits seit über 30 Jahren theoretische Diskussionen rund ums Rollenspiel, um Spielleitertechniken und um passende Abenteuergestaltung geführt werden - ein bis heute unübertroffener Beitrag zum Thema findet sich in den RuneQuest-Regeln im Spielleiterteil. Die meisten dieser Diskussionsbeiträge kommen ohne modische Fachbegriffe aus, oder sie verwenden ganz andere, der jeweiligen Zeit entprechende Kategorien. Man könnte auch sagen (wenn man denn wollte), daß wir bereits einige Paradigmenwechsel in der Rollenspieltheorie hinter uns haben. Diese Veränderungen scheinen mitunter dafür sorgen, daß wir uns nicht mehr verstehen - und es entsteht das Gefühl der Nichtvergleichbarkeit. Dieses Gefühl halte ich für trügerisch: Man kann sich durchaus mit Rollenspieltheorie beschäftigen, ohne die Fachbegriffe einer bestimmten Mode zu verwenden - man muss diese Fachbegriffe noch nicht einmal akzeptieren, oder auf Anhieb kennen. Ich würde diese Position sogar verschärfen: Man sollte keine Begriffliche Mode mitmachen - um sich nicht den Weg zum fruchtbringenden Meinungsaustausch zu verstellen. Ich würde mich also freuen, wenn bestimmte Fachbegriffe erläutert, oder, wenn möglich, in eine allgemeinverständliche Alltagssprache übersetzt werden könnten . Beste Grüsse, wünscht, Der_Rabe - der den menschlichen Makel im Rollenspiel nicht missen möchte - -
Wer bestimmt den Fortlauf der Ereignisse?
Der_Rabe antwortete auf Tharon's Thema in Rollenspieltheorie
Lieber Jakob Richter, nur am Rand möchte ich zu Protokoll geben: Deine Einwände erscheinen mir durchaus schlüssig (was ich nicht als Zustimmung in allen Punkten verstanden wissen möchte!). Immerhin thematisierst Du das Verhältnis von Spielspass, Spieltechnik und Spielgerechtigkeit - und Du verteidigst mit sinnvollen, begründeten Argumenten eine hier zur Wahl stehende, gültige Position. Nun zu meinen eigenen Fragen: In Jakobs Beitrag wird die individuelle Leistung der Spieler (und des Spielleiters) betont, und der Wert der Beteiligung des einzelnen Spielers wird über die Rolle seiner Spielfigur im Spiel gestellt: Der Spielzug wird weniger wichtig als der Akt des Spielens. Meine Fragen an diesen sympatischen Ansatz habe ich mir allerdings nicht verkneifen wollen, und sie lauten wiefolgt: 1) Wenn Freiheit und Notwendigkeit zusammenhängen - wie ist dann der Übergang vom Einen zum Anderen definiert? Oder anders formuliert: Wenn in meiner Spielrunde das ausnahmslose Einhalten der Regeln unerwünscht ist, dann muss ich wissen, ab wann ich willkürlich handeln soll und muss. Wo liegt diese Schwelle? Wie kann ich mich auf diese Grenze einigen? Oder verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl, meine Intuition - und darauf, daß am Spieltisch jedes Problem gemeinsam gelöst werden kann? 2) Wenn Gerechtigkeit im Brechen der Regeln besteht - wie nenne ich dann die Tätigkeit, die den Regeln gemäß erfolgt? Welches adjektiv verwende ich? Es sei <gerecht>, den Patzer zu ignorieren - es sei <XXX>, den Patzer hinzunehmen. Ja, was ist das denn? Regelkonform? 3) Wenn Gerechtigkeit erst in der Anwendung einer Regel entstehen soll - wie entsteht dann die Regel? Ist eine Regel nicht selbst Ergebnis eines sozialen Prozesses, einer Auswahl und einer Erprobungszeit? Hat nicht jede Regel einen Sinn? Oder ist sie nicht zumindest Artefakt eines vergessenen Sinns? Zumindest hat jede Regel einen ursprünglichen Anlass, und kann nicht ohne diesen gedacht werden. 4) Sind die Begriffe, die hier verwendet werden, wirklich nötig? Hilft uns eine Gerechtigkeitsdebatte weiter(denn: Was ist "Gerechtigkeit"? ). Können wir konkrete Probleme am Spieltisch nicht viel besser ohne problematische Abstrakta lösen, dafür aber anhand von Beispielen, Erklärungen und ständigen Verbesserungen? Bringen uns Moralabstrakta ("gut", "böse", "schlecht"), oder Tugendkataloge (wie "Tapferkeit", "Weisheit", "Mässigung" und, tja, "Gerechtigkeit" ) wirklich weiter? Meine Fragen sind durchaus ernst gemeint, und ich hoffe, daß sie hier weder versanden noch allzusehr zerpflückt werden. Ich möchte abschliessend darauf hinweisen, daß ich mich selbst zu den Spielpessimisten zähle: Ein Problem am Spieltisch kann man selten mit, aber auch selten ohne Regeln lösen. Rollenspiel ist keine Gruppentherapie (und auch keine Einzelsitzung mit Zuschauern). Oder, um einen meiner Lieblingsphilosophen zu zitieren: Die Lösung eines Problems merkt man am Verschwinden eines Problems. Dennoch sollte man festhalten, das Jakob Richter in seinem Beitrag nicht nur stringent argumentiert - er scheint auch Wert auf Verständlichkeit, Nachvollziehbarkeit und saubere, korrekte Formulierung zu legen. Also auf stilistische Tugenden, die allzuoft vergessen werden - auch von Leuten in diesem Forum. Allein das hat in einer heissen, aber grundsätzlich harmlosen Debatte wie dieser hier Repekt verdient. Mit besten Grüssen, Der_Rabe * der durchaus der Meinung ist, dass sich Gott an seine eigenen Naturgesetze halten müsste, wenn er diese denn einmal aufgestellt hätte * -
Wer bestimmt den Fortlauf der Ereignisse?
Der_Rabe antwortete auf Tharon's Thema in Rollenspieltheorie
Lieber Tharon, um auf Deine Bedenken in deinem Auftaktbeitrag einzugehen: ich glaube, jetzt bist Du wieder auf dem aktuellen Stand der Diskussion (putzige Benennungen, übliche Verhaltensmuster und Privatsprachen eingeschlossen ). Aber das nur vorweg. ------------- Ich melde mich hier nur zu Wort, um als Betroffener ein wenig an Deinem konkreten Beispiel weiterzuarbeiten. Konkete Beispiele aus der eigenen Erfahrung sind doch immer die beste Grundlage, um mit einem vertrackten Problem weiterzukommen . Ich habe das grosse Glück, seit 2001 (oder so) einige Figuren auf dem Magierbund Lux ex Tenebris zu führen, dessen Hintergrund Tharon ein wenig schlaglichtartig beleuchtet hat. Wir spielen zwischen 4 und 8 mal im Jahr, nehmen überraschend weite Wege zum Spielort in Kauf und räumen den Terminen eine ausserordentlich hohe Priorität in unserem doch recht arbeitsreichen Privatleben ein. Man kann sagen, daß unter allen möglichen Rollenspielrunden unsere schon ganz schön weit ins Optimale hineinspielt (aber besser geht ja immer). { und jetzt packe ich wieder den Deckel auf den Weihrauchschwenker } In dieser Runde habe ich einiges beobachtet: * Der vorgeschlagene Ars-Magica-Spielstil funktioniert bestens: Auf unserem Magierbund tummeln sich bei 6 Spielern immerhin 42 Figuren - 30 Grogs (Bedienstete), 6 Companions (Aussergewöhnliche Protagonisten) und 6 Magi (naja, die Hauptfiguren eben). Die Autoren haben das mal troupe-like-style genannt, und wollten den Spielfokus von Einzelfiguren auf eine Gemeinschaft verlagern. * Das bringt mit sich, daß wir ein paar Sonderregeln brauchen, um unseren Bund in den Griff zu bekommen - immerhin wird der Bund älter als jede einzelne Figur und jeder Spieler führt immerhin mehr als eine Figur (genau 7, übrigens). Diese Sonderregeln haben wir über die Jahre ausgehandelt, und sie regeln so unterschiedliche Probleme wie den Nachwuchs auf dem Bund (eine Regel mit Wahrscheinlichkeitsmachanismus) oder die Anzahl und Zusammensetzung der Figuren in einem einzelnen Abenteuer (eine soziale Regel mit ungeschriebenen Gesetzen und viel gutem Willen und gesundem Menschenverstand aller Beteiligten). * Im Übrigen sind alle Figuren ausserordenlich gut ausgearbeitet und aufwendig gepflegt (es gibt Sicherheitskopien und lange Exellisten ) - man kann sagen, jede für den Bund wichtige Figur kann jederzeit an einen anderen Spieler übergeben werden. Womit wir zum nächsten Punkt kommen: * Und genau das ist bereits oft geschehen: Aus Tharons Ars-Magica-Runde sind bereits Leute ausgestiegen. So etwa einer alle 2 Jahre (oder so). Unter anderem auch aus Unzufriedenheit mit unserem Spielstil oder mit einer bestimmten Spielsituation (aber auch aus ganz banalen Zeitgründen). Von der Anfangsbesetzung ist noch einer (?) dabei - bei 6 Spielern, immerhin. Und nun kommt meine verblüffende Beobachtung: * Die Spielrunde ist nicht eingegangen, wenn ein Spieler ausgestiegen ist. Die Figuren wurden einfach an den Nachfolger übergeben (mit Ausnahme der Magi, selbstverständlich). Einige Figuren auf Lux-ex-Tenebris sind schon durch drei oder vier Spielerhände gegangen - und haben sich immer weiterentwickelt. Jeder Spieler gibt der Figur irgendwas und er nimmt ihr etwas - aber die Figur bleibt trotzdem da und versucht, an der Seite von bekloppten Magiern den Katharerfeldzug zu überstehen. * Neben den Spielfiguren haben aber auch Spielleiterfiguren den Bund über lange Zeit begleitet: Als Gegner (der dunkle Ritter Hagen oder auch unser Dorfpriester) oder als Verbündete (Feenkönigin Elerie oder auch ein alter Magier im Berg), als Lehnsherren (der desinteressierte Bischoff Merdici) oder als Mündel (Aurelius, unser Drachenbaby). Diese Gegner, Freunde und Beobachter haben nicht notwendig etwas mit Tharons Hintergrundgeschichte zu tun - einige sind aber definitiv in diesen epischen Storybogen verwoben. Und gewinnen so Tiefe und Charakter. Für mich kann ich neben viel Freude aus diesen Beobachtungen einige Schlüsse ziehen: 1) Ein guter Spielleiter hält eine Spielrunde zusammen - und ist im Zweifelsfall die einzige Konstante nach vielen Jahren und vielen Spielerwechseln. 2) Eine Vorgeschichte kann durchaus das Spielerlebnis bereichern und hilft Spielern und Spielleiter weiter, anstatt einzuschränken (und nur am Rand: Ich kann mir keinen Ort und keine Figur ohne Vorgeschichte vorstellen ). 3) Eine konsistente Spielwelt mit Hintergrund und sozialen Regeln ist nicht jedermanns Sache - aber ein Austritt aus einer Spielrunde macht weder die Spielwelt, noch die Spielrunde kaputt (und noch nichteinmal die Spielfigur, s.o.). 4) Man sollte Spieler nicht allzu ernst nehmen - die kommen und gehen. Was man ernst nehmen sollte, sind die Figuren und die Welt, in der diese Leben. Das schliesst sich selbst - und die eigenen Befindlichkeiten - durchaus mit ein. 5) Ein Story-Bogen, der sich über mehr als 10 Realjahre entwickeln konnte, ist etwas aussergewöhnliches - und sein Höhepunkt (mit all den Offenbarungen) ein grossartiges Erlebnis. Wir landen an dieser Stelle möglicherweise bei Tugenden - also Geduld und Verlässlichkeit aller Mitspieler sowie der Fähigkeit, pragmatisch gemeinsam Probleme zu lösen. Aber das würde hier zu weit führen Beste Grüsse, Der_Rabe - der in über 9 Jahren nicht ein einzige Mal mit Tharon über Railroading oder Zufallstabellen diskutiert hat, wohl aber über Aufwärmbanditen und ritterlichen Rüstungsschutz - -
100 Rollenspiele, die du spielen solltest, bevor du stirbst
Der_Rabe antwortete auf Tharon's Thema in Neue Welten
Gute Güte! Das sind wirklich 100 Rollenspiele auf der Liste Toller (anglophoner) Fund - und gute Kommentare vom Verfasser. Grüsse, Der_Rabe -der immer noch der Meinung ist, dass man Gott auch ab-und-an mit einem Feuerball vom Burgtor vertreiben darf (LET, 1223 n. Chr.) - -
Lieber Serdo, ich habe ein ähnliches Problem vor längerer Zeit wie folgt gelöst - die folgende Tabelle ist ein wenig an das Dschungelsetting angepasst : Sammeln im Dschungel - Ereignistabelle Es kann immer nur nach je einem Material zielgerichtet gesucht werden. Menge: Die SpF findet im Erfolgsfall 1W6 übliches Material oder 1W3 seltenes Material, wobei das Suchwurfergebniss zu berücksichtigen ist. Eine passende Wissensfertigkeit (z.B. Pflanzenkunde) erhöht die Menge um +1 (bis Wissensfertigkeit +7) bzw. um +2 (ab Wissensfertigkeit +8). Dauer: Für eine gründliche Suche benötigt die Spielfigur mindestens eine Stunde, wobei das Suchwurfergebniss zu berücksichtigen ist. Krankheitsgefahr:Für jeden Tag, der abseits der üblichen Reiserouten im Dschungel verbracht wird, besteht eine 05%-Chance, sich mit Dschungelfieber zu infizieren [landesübliche Variante des Sumpffiebers, DFR 106]. Suchwurf (W20) 01: Suche erfolglos (Übliches Material), Suche erfolglos (Seltenes Material) Ereignis 00-10: Verlaufen 11-30: Hinderniss 30-89: Wilde Tiere 90-98: Feinde 99-100:Lebensgefahr 02-03: Suche erfolglos (Übliches Material), Suche erfolglos (Seltenes Material) Ereignis 00-50: Verlaufen 51-81: Hinderniss 82-99: Wilde Tiere 100: Feinde 04-07: mäßiger Erfolg (Übliches Material, Menge -2), Suche erfolglos (Seltenes Material) Ereignis 00-30: Kein Ereigniss 31-81: Hinderniss 82-99: Wilde Tiere 100: Feinde 08-12: Erfolg (übliches Material), mäßiger Erfolg (Seltenes Material Menge -2) Ereignis 00-60: Kein Ereigniss 61-81: Verlaufen 82-99: Hinderniss 100: Wilde Tiere 13-17: guter Erfolg (übliches Material Menge +2), Erfolg (Seltenes Material) Ereignis 00-10: Schnelle Suche 11-80: Kein Ereigniss 81-99: Verlaufen 100: Wilde Tiere 18-19: guter Erfolg (übliches Material Menge +2), guter Erfolg (Seltenes Material Menge +1) Ereignis 00-10: Freunde 11-30: Schnelle Suche 31-80: Kein Ereignis 81-99: Verlaufen 100: Wilde Tiere 20: guter Erfolg (übliches Material Menge +2), guter Erfolg (Seltenes Material Menge +1) Ereignis 00-10: Guter Fund 11-30: Freunde 31-90: Schnelle Suche 91-99: Verlaufen 100: Wilde Tiere Modifikatoren für den Suchwurf: +1 für Überleben [Dschungel] ab +5 +2 für Überleben [Dschungel] ab +8 +1 für Richtungssinn -4 ohne Überleben [Dschungel] -1 für Nebel -2 für Wolkenbruch -2 für steife Brise -4 für Dauerregen -4 für Sturm Zu den Ereignissen: Verlaufen: PW: Überleben [Dschungel]. Bei Erfolg verliert die SpF 1W6 weitere Stunden Reisezeit. Bei Misserfolg findet die SpF erst am Ende des Reisetages ins Lager zurück. Hinderniss: [W6] 1-2: Weg unpassierbar (1-4: Pflanzenbewuchs, 5-6: Baumfall), 3-4: Sumpf (1-4: Feuchtgebiet, 5-6: Treibsand), 5: Klippe (1-4: Geröllhalde, 5-6: Steilklippe), 6: Fliessendes Gewässer (1-4: Breiter Bach, 5-6: Reissender Fluss). Ohne passende Ausrüstung ist das Hinderniss unpassierbar. Der Versuch, das Hinderniss zu umgehen, führt zu Verlaufen. Im Verletzungsfall tritt nach 3 Stunden Wundfieber ein, falls PW: 50+Ko/2 mißlingt [DFR, 106]. Wilde Tiere: [W6] 1-2: Affen (1-4: Hulman Tier Hanumats, 5-6: Orang-Utan Tier Jurugus), 3: Grosskatze (1-4: Gepard, 5-6: Tiger), 4: Schlange (1-2: Natter, 3-4: Würgeschlange, 5: Kobra, 6: Speikobra), 5: Insekt (1-4: Moskitoschwarm, 5: Wanderameisen, 6: Skorpion), 6: Srimara (1-2: Dhiranaja, 3: Abbarwa-Rudel, 4: Mahanadina, 5: Trivajra, 6: Kravjad [QB Rawindra 111 ff.]). Flucht führt zu Verlaufen. Im Verletzungsfall tritt nach 3 Stunden Wundfieber ein, falls PW: 50+Ko/2 mißlingt [DFR, 106]. Feinde: [W6] 1-3: Räuber (1-4: halb verhungerte Strassenräuber, 5-6: gut ausgerüstete Sklavenjäger), 4: Soldaten (1-4: feindliche Späher, 5-6: Stosstrupp), 5: Kultisten (1-4: Taki finstere Kalahadri-Anhänger, 5-6: Jurugu-Anhänger), 6: Grahas (1-3: 1W6 Sritra-Spähtrupp, 4-5: Sritra-Kommando, 6: Raitya-Attentäter [QB Rawindra 111 ff.]). Flucht führt zu Verlaufen. Im Verletzungsfall tritt nach 3 Stunden Wundfieber ein, falls PW: 50+Ko/2 mißlingt [DFR, 106]. Lebensgefahr: [W6] 1-3: Falle (1-4: Tierfalle, 5-6: Menschenfalle), 4-5: Gift (1-4: Pflanzengift Virulenz 0, 5: Spinnengift Virulenz +20, 6: Schlangengift Virulenz +40), 6: Magie (1-2: Feuerball, 3-4: Versteinern, 5: Verwandlung, 6: Auflösen oderVersetzen). Schnelle Suche: Die Reise kann ohne Zeitverlust weitergehen. Freunde: [W6] 1-2: Händler (1-4: reisender Krämer, 5-6: Fernhändler), 3-4: Pilger (1-2: auf dem Weg zu einem Fest, 3-4: auf dem Weg zu einem Heiligtum, 5: in Begleitung eines Priesters, 6: Saddhu), 5: Brahmanen (1-2: Wissenschaftler, 3-4: Soma-Anhänger weisse Zauberer, 5: Arzt, 6: Mandala-Kundiger, Thaumaturg), 6: Srikumana (1-3: Ohne Echsen, 4-5: 1W3 Reitechsen, 6:mit Eiern) [generell QB Rawindra]. Guter Fund: [W6] 1-2: Doppelte Menge, 3-4: beste Qualität (Preis x3), 5: Zusatzfund (1-4: übliches Material, 5-6: seltenes Material), 6: Schatz (1-4: Karawanenware, 5: Räuberbeute, unbewacht, 6: alte Ruinen). Noch ein wenig eindrücklicher wird die Wildnisserfahrung, wenn man den Wettermacher [KOM 121 f., Klimazone 4] zu Rate zieht und die Regeln für Entbehrungen (hier vor allem: Hunger und Durst, ebenfalls KOM) berücksichtig. Ich vermute, daß eine halb-verhungerte, malariageplagte Gruppe mit dem einen oder anderen Vergiftungsopfer ihre Sammelleidenschaft bald ein wenig zurückstellt Ansonsten ist mir beim Nachlesen noch aufgefallen, dass Kräuterkunde und Pflanzenkunde der Einschätzung und Verarbeitung von Präparaten dienen - nicht aber dem erfolgreichen und zielgerichteten Aufstöbern bestimmter Materialien fernab der Zivilisation (ich habe die Kenntnisse aber in meiner Tabelle weiter oben über Zuschläge bei der gefundenen Menge berücksichtigt). [Nachtrag: Aber da war ich wohl nicht der Erste in diesem Strang, dem das aufgefallen ist ] Grüsse, Der Rabe - der sich der Meinung anschliesst, dass der Dschungel gefährlich ist -
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- kräuterkunde
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Railroading - Was zum Henker ist das?
Der_Rabe antwortete auf Sulvahir's Thema in Rollenspieltheorie
Liebe Leute, bevor ein wesentlicher Hinweis von Rosendorn (Strang "Railroading in Kampagnen", #179, #299) in der Debatte untergeht, möchte ich noch einmal betonen: Spieler sind keine Spielfiguren. Railroading ist ein Fachterminus, der ein bestimmtes Verhalten des Spielleiters beschreibt. Dieses Verhalten bezieht sich auf seine Mitspieler und findet in "unserer" Welt statt - also am Spieltisch (auf dem Erdnüsse und Kaffeekanne stehen). Mann könnte auch sagen, Railroading sei die (oft) regelwidrige, willkürliche Einschränkung der möglichen Spielzüge eines Mitspielers. Die Gründe für diese Einschränkung können im Dramaturgischen liegen, müssen aber nicht (es kann ja individualpsychologische oder gruppendynamische Hintergründe geben). Was Railroading allerdings nicht fasst, sind die Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten der Spielerfiguren aufgrund der Verfasstheit "ihrer" Welt (der "Welt-da-drüben", in unserem Falle wohl Midgard). Zum Einen gelten für eine Spielwelt je eigene Naturgesetze (die z.B. Magie beinhalten können), gegen die eine Spielerfigur nicht verstossen kann. Zum Anderen gilt auch in einer Spielwelt eine bestimmte Sozialordnung, in die sich die Spielerfiguren einfügen müssen - oder die Konsequenzen zu tragen haben (zum Beispiel, wenn sie sich Feinde machen oder Gesetze brechen). Im Übrigen behagt mir der Begriff Railroading nicht wirklich: Wird er doch in den meisten Fällen benutzt, wenn ein Spieler unzufrieden ist mit einer bestimmten Situation in der Spielwelt. Oder, um es zitierfähig zu halten: Railroading ist kein Fachbegriff. Railroading ist eine Beschwerde. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ausserdem verlangt meine Anmerkung schon nach einem neuen Strang: "Sind Fachbegriffe der Rollenspieltheorie wirklich notwendig? Und wenn ja, in welchem Maß?" Grüsse, der Rabe - der sich schon vom Broterwerb her mit Begriffen auseinandersetzen muss, die eigentlich kein Mensch braucht und die sich dennoch festsetzen in der Debatte - -
Erfahrungen mit CO-SL und Spielern die NSC übernehmen
Der_Rabe antwortete auf Schwerttänzer's Thema in Spielleiterecke
Liebe Leute, ich habe bisher ausserordentlich gute Erfahrungen mit Co-Spielleitern und geführten Nichtspielerfiguren gemacht - und zwar auf beiden Seiten des Spielleiterschirms. Meinen eindrücklichsten Kontakt mit einer geführten Nichtspielerfigur hatte ich in der Tat als Spieler in der von Dror angesprochenen Kampagne. Allerdings musste in unserer Runde keine Spielerfigur verschwinden. Und das hatte auch einen guten Grund: Bei uns herrscht die gute Sitte, dass Gäste aller Art bei unseren regelmäßigen Runden auch mal mitspielen dürfen (z.B. alte Freunde, die weggezogen sind oder Lebensgefährten, die mal reinschnuppern wollen). Eine geführte NSpF ist eine gute Gelegenheit, einen temporären Mitspieler einsteigen zu lassen - aber unter Umständen auch wieder loszuwerden. Wenn wir Nachwuchs für eine Runde suchen, greifen wir auch öfter auf dieses Mittel zurück ("Probespielen"). Dass diese geführten Figuren sich für den Spielleiter ungeplant verhalten, oder auch mal Unsinn reden, oder bewusst die Unwahrheit verbreiten, oder eigene Ziele entwickeln, hat für mich den Reiz nur erhöht. Als Spielleiter bin ich ausserdem froh, dass eine meiner NSpF eine andere Stimme bekommt als die meinige und sich wirklich deutlich anders verhält als meine anderen Figuren (auch wenn ich mir eine gewisse Wandlungsfähigkeit nicht absprechen möchte ). Ausserdem lasse ich mich gerne vom Gastspieler überraschen - denn jenseits aller Schauspielerei und Simulation werden durch seine Interpretation der Rolle Facetten sichtbar, an die ich niemals gedacht hätte. Ich tausche also gerne meine Spielleiterkontrolle gegen eine lebendigere und unvorhersehbarere Welt ein (und nutze meine Auszeiten, um Regelfragen zu bearbeiten, ins Abenteuer zu schaun oder Tee zu kochen - wenn ich nicht ganz gespannt zuhöre). Zeitbedingt finden sich selten Gelegenheiten für Abenteuer mit Co-Spielleiter. Meine beiden interessantesten Erfahrungen waren ein Schattenlauf mit Matrix-und-Astral-SL und ein klassischer Dungeon, in dem die Gruppe systematisch getrennt wurde. Am Rande: Seit Jahren schon plane ich, mit einer guten Freundin zusammen die "Masks of Nyarlathotep" zu leiten. Unsere Vorbereitungen stehen, aber eine geeignete Urlaubswoche [sic!] lässt sich so schwer im Kollektiv freimachen. Unser Plan kreist um zwei Abenteurergruppen, die unterschiedlichen Handlungssträngen folgen, ab-und-an sich Briefe schreiben und (selten) telefonieren dürfen - und unter Umständen sich für verschiedene Seiten entscheiden. Beste Grüsse, Der_Rabe - dessen Thaumaturg von der furchtbare Figur aus dem Karmodin durch ganz Moravod und bis nach Slamorad verfolgt wurde. Mit allen kulinarischen Konsequenzen - -
Wo habt Ihr als Spielleiter noch Verbesserungspotential?
Der_Rabe antwortete auf Abd al Rahman's Thema in Spielleiterecke
Die Spieler meiner beiden Midgardrunden sind ausdrücklich auf fest gefasste Abenteuer aus (klassische Dramaturgie: Auftakt, Mittelteil, Höhepunkt, Epilog). Zwischen den einzelnen "Abenteuereinstiegen" vergeht aber Zeit, und es muss öfter gereist werden. Ich arbeite grade daran, diese Zwischenzeiten besser auszufüllen und entsprechende Reisen spannend zu gestalten - und zwar so, daß einerseits mit Sicherheit ein Abenteuer beginnt, andererseits meine Spieler nicht wissen, wann. Beste Grüsse, Der_Rabe - der sogar für Einsteigerrunden die Rundreise Gewürzstrasse, Karmodin, Slamorad empfehlen möchte - -
Sehr schöne Lösung, lieber Solwac - als Spielleiter müsste ich mir lange Gedanken darüber machen, wo sich die midgardtypische hinterhältige Schwachstelle verstecken könnte Beste Grüsse, Der Rabe - Der sich raufende Rockerbanden mit Motorradketten aus Alchemistenmetall nicht vorzustellen wagt -
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Lieber Araska, lieber Solwac, es gibt eine versteckte, aber wesentliche Einschränkung, was die Verwendung von Schutzrunen angeht. Man kann Schutzrunen nur auf zwei Arten von Gegenständen auftragen: auf Gegenstände mit magischen Eigenschaften auf Gegenstände aus reinem Alchemistenmetall [ARK 215] Ein Gegenstand, auf den eine Schutzrune passt, ist also kostbar und muss als Einzelstück angefertigt werden (und im Falle des Alchemistenmetalls dürfte der Gegenstand auch noch weich sein [ARK 226]). Eine Türklinke, die man mit einer Wächterrune sichern könnte, würde etwa 10X soviel kosten wie eine Türklinke aus Stahl [grob nach ARK 277]. Zeichen der Macht sind als Diebstahlssicherung von besonderen Gegenständen und auch für die Spielerfiguren gedacht, Wächterrunen gehören wohl eher in die Trickkiste des Spielleiters. Ausserdem dauert das Auftragen einer Schutzrune 3 Stunden - zusammengenommen sind das vermutlich die Gründe für die vergleichsweise geringen Lernkosten (wobei mich die Berechnungsformeln schon länger interessieren). Beste Grüsse, Der Rabe - Der selbst seit 10 Jahren einen Thaumaturgen spielt, dabei über Kosten und Auflagen flucht und sich über Schiffe wundert, die Sandobar über den Weg segeln -
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Versuchungsregeln ohne Charakterrelevanz
Der_Rabe antwortete auf Schwerttänzer's Thema in M4 - Sonstige Gesetze
Lieber Schwerttänzer, irgendwie geht es in jedem Strang, in dem Du Dich zu Wort meldest, um ein altes Problem - Versuchungsregeln gibt es (fast) seit Anbeginn der verschriftlichten Rollenspielgeschichte (genauso wie Tabellen für Zufallsbegegnungen oder Würfelmechanismen für NSC-Verhalten) - und somit seit grob 30 Jahren. Das diese alten Probleme heute immer noch aktuell zu sein scheinen und immer wieder auf´s neue ambivalent diskutiert werden, scheint daran zu liegen, daß unser aller Lieblingshobby ausserordentlich flexibel und vielfältig ist. * soviel vorweg, jetzt zum Thema * In Midgard gibt es keine Persönlichkeitsnachteile oder schlechten Eigenschaften einer Figur (einzige Ausnahme: angeborene Fähigkeiten, [sinn] +4) - wir finden also keine Werte für Goldgier oder Totenangst (wie bei DSA). Ausserdem hat Midgard kein punktebasiertes Kaufsystem zur Charaktererschaffung, in dem Nachteile gegen Vorteile aufgewogen werden - also gibt es auch keine Notwendigkeit, zwischen vollausgewachsenen Charakternachteilen und Quirks zu unterscheiden (siehe GURPS). Auch sind soziale Aspekte wie Stand, Ruf oder Verhaltenspreferenzen nicht Teil des Regelwerkes zur Charaktererschaffung (vorbildlich bei Ars Magica - dort ja auch mitunter wichtiger als alle anderen Spielwerte). Eine Figur wird erschaffen und in die Welt Midgard gesetzt, indem ihre wichtigen Atribute ausgewürfelt werden, einige wenige Werte abgeleitet werden und der Spieler der Figur dann charakterklassengemäß und kulturabhängig Fertigkeiten und Zauber verpassen darf. Diese Figuren sind schon aufgrund ihrer Entstehung nicht autonom: ihre Grenzen und Möglichkeiten werden bestimmt durch den Simulationsprozess, in dem die Welt Midgard und die in ihr wohnenden Figuren (SC und NSC) erst entstehen. Man könnte auch sagen: Bei aller Eigenleistung der beteiligten Spieler, Spielleiter und Autoren wird Midgard zusammengehalten durch ein komplexes Simulationssystem - und zwar weit stärker als andere Rollenspiele und auch auf eine andere Art (nennen wir diese mal vorsichtig "aufgeklärte mathematische Komplexität"). Diese komplexe Simulation erfordert natürlich immer eine inspirierte, kreative und phantasievolle Interpretation - aber immer auf Basis der Simulationswerte. Die Figur, die ein Spieler führt, steht also weit stärker "in der Welt Midgard" als eine Figur anderer Spielsysteme (extremes Gegenbeispiel: WoD mit Punktekaufsystem für Vor- und Nachteile). In dieser Spielwelt kann es nun aber vorkommen, daß eine Figur nicht das machen will, was ein Spieler von ihr erwartet: Und genau das heisst es, wenn sie einer Versuchung unterliegt. Man kann auch sagen: Aufgrund ihrer Unvollkommenheit, die simulativ erfasst wird, unterliegen die Handlungen einer Figur nicht immer und nicht vollständig den Wünschen ihres Spielers. Was heißt: Ein nicht gelungener Wiederstandswurf gegen eine bestimmte Versuchung bedeutet, der Spieler hat in diesem Punkt für eine bestimmte Zeit keinen Einfluss auf die Handlungen seiner Figur. Im Umkehrschluss schließt ein gelungener Wiederstandswurf gegen eine bestimmte Versuchung mitnichten aus, daß ein Spieler seine Figur bewußt einer Versuchung nachgehen läßt. Ein Spieler sollte das sportlich sehen - und sich und seine Spielrunde nicht um die gelungene Darstellung einer Spielfigur bringen, die versuchungsgemäß die Kontrolle verloren hat. Und als letze Anmerkung: Wenn in anderen Systemen ein Spieler die Möglichkeit hat, durch Einsatz bestimmter Punkte, Marker oder Chips zu verhindern, daß ein charakterlicher Nachteil einer Spielfigur zu Tage tritt, dann hat der Spielleiter meistens auch die Möglichkeit, mit eigenen "garstigen" Punkten gegenzuhalten (wie bei 7th Sea oder Deadlands) - und aus einer Rollenspielerzählung kann so leicht ein modisches Pokerspiel werden. Es grüßt Der Rabe, - der seinen Rollenspieltheoriebrei schon seit langen Jahren brav wiedergekaut hat - -
Eigendlich hat ja alles mit dem 'Hexenmeister vom Flammenden Berg' und mit der 'Stadt der Diebe' angefangen. Aber irgendwann hat es genervt, zu zweit in ein Spielbuch hineinzuschauen. Also wurde experimentiert: 'Die Sieben magischen Kelche' (DSA, 1984) - und ich musste gleich leiten, da ich als einziger schon meine Erfahrungen mit einem Soloabenteuer gemacht hatte (nämlich 'Borbarads Fluch', 1984). Zu Midgard kam ich nach langen Irrwegen erst 1999 - und zwar gleich mit einem Reiseabenteuer in Moravod, in dem meine Gruppe durch den Karmodin nach Slamorad wanderte (und sich zeitlich 'Weisser Wolf und Seelenfresser' mit 'Smaskrifter' durchmischte). Wir hatten die ganze Zeit Niriel dabei. Und es war Winter. Was für ein Einstieg! Das erste Midgard-Abenteuer, daß ich selbst leitete, war dann auch entspannenderweise der 'Sturm über Mokkatam'. So entsinnt sich Der Rabe
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Wenn wir Midgard als Weltsystem ernst nehmen, stellen wir fest... ... daß einerseits immense Schätze von Abenteurern erbeutet und auszugeben werden können, ... und es andererseits keine bekannten Berichte über den bitteren Zusammenbruch einer Volkswirtschaft durch konsumfreudige Abenteurer gibt - oder Gesetze kluger Herrscher, die Abenteurer in ihrem Konsumrausch einschränken. Wie passt das zusammen? Zu einer Inflation kommt es nur, wenn ein ungebremstes Überangebot an Tauschmitteln das wirtschaftliche Gleichgewicht kippt. Auf Midgard kann ich mir aber Einflußgrößen vorstellen, die übermäßige Goldschätze schnell wieder aus dem Verkehr ziehen: * Im gelebten Polytheismus fordern die Priesterschaften nachdrücklich ihren Tribut. In Tempeln geopfertes Edelmetall wird Teil des Tempelschatzes - oft auch physisch als Statuette oder Goldbeschichtung eines Tempeldaches oder Ikonenrahmens. Vielleicht verschwindet ein geopferter Edelstein auch aus der materiellen Ebene Midgards und taucht am passenden Platz in der Anderswelt wieder auf. Einen guten Einblick in die Vorstellungen fähiger Tempeldiener von angemessenen Opfern findet man meiner Meinung nach im Arkanum (Preise für magische Dienstleistungen wie Allheilung). * Gold im Zwergenhort kann als dem Warenkreislauf entzogen gelten. Zwerge sind Hauptlieferanten teurer Schmiedekunst und wichtiger alchimistisch-reiner Metalle. Und diese Metalle werden ja auch von menschlichen Schmieden verwendet und müssen teuer bezahlt werden. Die Preislisten für alchimistische und magische Metalle im Arkanum gegeben hier einen ernüchternden Überblick. * Ein Abenteurer verdient auch nicht viel mehr als ein Pfeifenkrauthändler. Wenn ich "Vierzig Fässer Pfeifenkraut" oder Sandobars Geschäftspraktiken als Grundlage nehme, sind mit Fernhandel auf Midgard traumhafte Gewinne zu erwirtschaften - ohne, daß das zu einer Inflation führen würde. Ich wage es, zu behaupten, daß es auf Midgard nicht mehr erfolgreiche Abenteurer gibt als erfolgreiche Fernhändler. Zudem gilt in meinen Midgardrunden die [ Hausregel: inoffizielle Währungsreform ]: Alle vorgesehenen Preise (und Einkünfte) werden von Gold auf Silber heruntergerechnet. Damit bleibt ein Goldstück etwas besonderes, Silber und Kupfer erhalten eine angemessene Bedeutung - und die Summen, mit denen die Gruppe hantiert, werden überschaubarer. Maßstab hierbei ist für uns übrigens der Aguar (also nicht der Dirhem und erst Recht nicht die angefeilten und umgemünzten albischen Geldstücke). Im Zweifelsfall wird der Meterialwert von Münzen bestimmt und den Abenteurern ein passendes Angebot zum Tauschen oder Wechseln gemacht.