Hallo,
im Rahmen der Diskussion zum Stadtplan habe ich das Gekochte und Rohe angesprochen und Nix wollte wissen, warum diese beiden so voneinander getrennt sind. Ich glaube, daß ich die Antwort gefunden habe, wenn sie sich auch zunächst nur auf lateinamerikanische Stämme bezieht. Ich lehne mich aber dann doch soweit aus dem Fenster und behaupte, daß es auch für Naturvölker anderer Kontinente zutrifft.
Zunächst ein Wort zum Mythos: der Mythos besteht immer aus einem Vorher und einem Nachher. Zwischen beiden liegt die Geschichte, die der Mythos erzählt.
Das Vorher besteht aus einem mythischen Zustand. Zu dieser Zeit, die weit in einer unbestimmbaren Vergangenheit liegt, befindet sich die Menschheit in einem vorzivilisatorischen Zustand und teilt die Welt mit mythischen Kreaturen und Halbgöttern. Im allgemeinen bedeutet das z.B., daß die Menschen kein Feuer kennen, Pfeil und Bogen noch nicht entdeckt haben, ebenso keine Kulturpflanzen kennen und als einziges Gemüse verfaultes Holz essen, daß nur Männer auf der Welt leben und keine Frauen haben, oder aber daß die Männer noch geschlechtslos sind, daß die Menschen noch die Möglichkeit haben, das ewige Leben zu erlangen etc.
Das Nachher besteht aus dem jetzigen Zustand, d.h. der Kulturstufe der Naturvölker.
Zwischen beiden liegt der zivilisatorische Akt, der dem Zuhörer erzählt, wie durch das (positive/negative) Verhalten eines Helden das Vorher zum Nachher wird. Dabei wird erzählt, wie die Menschen das Feuer fanden, die Männer die Frauen oder aber ihr Geschlecht bekamen, wie sie die Kulturpflanzen entdeckten, oder aber die Möglichkeit das Essen zu Kochen.
Wir haben also auf der einen Seite alles, was dem mythischen Zustand entspricht und somit zum heiligen Bereich gehört. In der Dorfstruktur handelt es sich somit um das Männerhaus, aber auch um das rohe Essen, denn vor dem zivilisatorischen Akt lebten die Männer allein und aßen rohes Fleisch, verfaultes Holz.
Auf der anderen Seite finden wir dann natürlich alles, was nach dem zivilisatorischen Akt in das Leben der Menschen gekommen ist. Dazu gehört das gekochte Essen, aber auch das Paar, denn erst durch den Helden/durch den Mythos hat die Geschlechterteilung, wie wir sie kennen, ihre Form angenommen. Daher gehören das gekochte Essen ebenso wie das Ehepaar in den Bereich des Profanen und nicht des Heiligen.
Man könnte also sagen, daß das Zentrum des Dorfes den vorzivilisatorischen, heiligen, mythischen Zustand darstellte, während der Rand des Dorfes dem nachzivilisatorischen, profanen, heutigen Zustand entspricht.
So, ich hoffe, daß das deutlich war. Falls nicht, ich stehe gerne zur Verfügung, um hier noch auf Fragen zu antworten.
malekhamoves