Ich muß leider gestehen, daß dieses Buch zwei Wochen lang mein Bus-Buch war.
Es war möglich, immer mal wieder 10 Minuten darin zu lesen, mittendrin wieder aufzuhören und dann zwei Tage später wieder weiterzulesen, weil man am nächsten Tag keinen Sitzplatz ergattert hat... Das tue ich vielen Büchern nicht an...
Ich habe allerdings gefreut, mit diesem Roman Hintergrundinfos zu Midgard bekommen, ohne sie aus Veröffentlichungen der letzten 15 Jahre zusammensuchen zu müssen. Es hat in meiner Vorstellung der Welt einige Lücken geschlossen und manche Länder farbiger gestaltet. Um Inkonsistenzen zu entdecken, besitze ich gar keinen Ehrgeiz. Und wenn ich durch Zufall auf eine stoßen würde, wäre es mir auch so was von egal. Ich bin seit jeher der Meinung, daß sämtliche offiziellen Quellen für mich "nur" einen grundlegenden Leitfaden mit Ideen darstellen, an denen ich meine persönliche Welt Midgard entstehen lassen kann.
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Die Entwicklung der Charaktere Tebal und Sathardu haben mir gefallen, man konnte sie nachvollziehen und sie waren in sich schlüssig und vielschichtig.
Die Ausarbeitung Elekander hat mir nicht zugesagt. Seine Eigenheiten (...hrum... und das rezitieren sinnloser Fakten) erschienen mir wie ein plumper Versuch, einem unwichtigen Nebencharakter etwas Leben einzuhauchen. Einzig die Idee mit seinen Kammerdienern fand ich unterhaltsam.
Im Großen und Ganzen hat mich das wilde Durcheinander der Protagonisten zwischen den Hunderten von einzelnen Abschnitten über das erträgliche Maß hinaus angestrengt. Gerade wenn ich mich mit einem "Helden" identifiziert hatte, mußte ich mich schon wieder auf einen anderen einstellen. Schade fand ich es zudem, daß Alchessamiore am Anfang den Verdacht erweckt, daß er der rote Faden des Buches sein wird, dann aber bedauernswerterweise komplett von der Bildfläche verschwindet. Das empfand ich als unbefriedigend.
Sollte das Buch für Midgard-Neulinge einen Einstieg oder Anreiz darstellen, glaube ich nicht, daß das geglückt ist. Ich spiele schon ein paar Jahre Midgard, und mich haben die brockenweise hingeworfenen Fakten überrumpelt und überfordert ("... huch, jetzt kommen auf einmal Schmiedemeister in Spiel... und schwarze Adepten hatten doch was mit KanThaiPan zu tun?... Broceliande war doch so ein Wald in Alba?...").
Die zeitlichen und perspektivischen Sprünge in der Handlung wurden ja bereits angesprochen. Sie haben mich häufig vor den Kopf gestossen. Die Raffung von Spannung versprechenden Zeitabschnitten hat mich manchmal sehr enttäuscht.
Ich habe das Buch dennoch gerne gelesen und dank der flüssigen Sprache ging das auch recht schnell. Wahre Begeisterungsstürme hat es allerdings (wie man wohl gemerkt hat) nicht geweckt.
Aber egal wieviel ich noch schreibe, es ändert nichts an meinem Urteil: Durchschnitt.
Livia