Gestern Abend - bessern gesagt: heute früh, die Kneipe wollte gerade schließen - habe ich Larry zufällig getroffen. Er wirkte abgehetzt und stolperte an den Thekentresen, ohne das mürrische "Wir schließen gleich..." des Wirts zu bemerken. Nachdem Larry zu Atem gekommen war und sein Bier hinabgestürzt hatte, gewann sein Gesicht wieder an Farbe. Weil ich noch etwas Zeit hatte, erkundigte ich mich bei ihm nach dem Titelbild des neuen Gildenbriefs.
Er erklärte mir, dass das Bild letzten Endes das Produkt eines Realitätsrisses sei. Eigentlich hatte Larry lediglich eine verschneite Vorgebirgslandschaft malen wollen, kam aber nicht dazu, weil sich gerade, als er den Stift ansetzen wollte, wenige hundert Meter von seinem Standort entfernt besagter Riss öffnete. Ungeachtet der Disharmonie von Zeit und Raum begann Larry zu malen. (Der leuchtende Riss befindet sich übrigens jenseits des linken Bildrandes, also leider nicht im Blickfeld des Betrachters.)
Die Reiterschar, die plötzlich aus dem Riss neben Larry galoppiert kam, wurde von dem tapferen Recken Alrik Thorjasson angeführt. Er und seine Gefolgsleute haben bei der Entstehung der Schwarzen Lande in Aventurien einen Raum-Zeit-Sprung gemacht. Irrtümlich hielten sie Larry für einen Schergen Borbarads, der für ihr Schicksal verantwortlich war, und begannen, Jagd auf ihn zu machen. In letzter Sekunde zeichnete unser vom Pech verfolgter Künstler noch den Raben Hugin, der sich auf der Suche nach Odin befindet, und den riesigen Eber. (Das Tier ist aus dem Film "Prinzessin Mononoke" ins Bild übergewechselt - für die überbeleuchteten Augen entschuldigt sich Larry.)
In größter Not floh Larry durch den Realitätsriss und hängte seine grimmen Verfolger so ab. In welcher Realität die Reiter gelandet sind, weiß er nicht.
Nachdem Larry sein Bier ausgetrunken hatte, warf uns der Wirt raus. Es dämmerte bereits. Ich verabschiedete mich, dankte ihm für die Erklärung und stapfte nach Hause.
Odur