Zum Inhalt springen

Wer bestimmt den Fortlauf der Ereignisse?


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Wo steht in Ma Kai's Strang, dass die Ideen nicht von den Spielern (inkl. Spielleiter) kommen können?

 

 

Sozusagen ein gemeinsames Beratschlagen am Spieltisch bei einer gemütlichen Runde am Ende eines Handlungsbogens.

 

Praktisch:

SL: "Und damit habt ihr den bösen Hexenmeister getötet. Was macht ihr jetzt?"

Spieler: "Wir sammeln alle Wertgegenstände ein und versuchen sie in XY zu verscherbeln."

SL: "Ist es euch recht, wenn wir das jetzt nicht ausspielen und ich euch einfach sage was ihr bekommt?"

Spieler: "Ja klar."

Sl: "Gut, damit haben wir das jetzt abgeschlossen. Es ist ja heute schon spät. Wohin wollt ihr denn dann als nächstes?"

Spieler A: "Also mein Ordenskrieger hat da ja eine Queste gelobt. Hat da wer ne Idee zu?"

 

Es wird sozusagen in Gemeinschaftsarbeit die Box (Queste, Suche nach verschollenen Passage) gebaut, die dann vom Spielleiter mit Sand gefüllt wird (NSC's, Orte usw.).

Geschrieben
meintest du vielleicht eher vom Mitspieler angeleierte Abenteuer wie, ich würde demnächst gerne xyz machen?

 

An sich ja, denn die Antwort des SL gegenwärtig lautet darauf in vielen Fällen "gute Idee, aber gib mir [ein Wochenende/zwei Wochen/einen Monat/...], bis ich was ausgearbeitet habe..."

Geschrieben
Es wird sozusagen in Gemeinschaftsarbeit die Box (Queste, Suche nach verschollenen Passage) gebaut, die dann vom Spielleiter mit Sand gefüllt wird (NSC's, Orte usw.).

 

Guter Punkt, schönes Beispiel. Wobei das gemeinsame Vorbereiten natürlich gewisse Grenzen hat, sonst ist das Abenteuer für die Spieler irgendwie keine Herausforderung mehr (wenn sie alles schon kennen)...

Geschrieben
Es wird sozusagen in Gemeinschaftsarbeit die Box (Queste, Suche nach verschollenen Passage) gebaut, die dann vom Spielleiter mit Sand gefüllt wird (NSC's, Orte usw.).

 

Guter Punkt, schönes Beispiel. Wobei das gemeinsame Vorbereiten natürlich gewisse Grenzen hat, sonst ist das Abenteuer für die Spieler irgendwie keine Herausforderung mehr (wenn sie alles schon kennen)...

 

Es sei denn, alle beteiligten arbeiten zusammen spontan die Geschichte aus, während sie sie spielen. So kann kein einzelner voraus planen und durch die Aneinanderreihung verschiedenster Ideen ergeben sich ungeahnte Überraschungen. KANN so laufen.

Geschrieben
Stoffsammlung begonnen.

 

Es bleibt das von mir bereits angesprochene Problem: die Spieler müssen aktiv werden und in Vorleistung gehen, erst dann kann der SL aktiv werden.

Nicht das Ma Kais Beispiel aktive Mitspieler beinhaltet, bis jetzt ist da nichts was über vom Mitspieler inspiriert-vorgeschlagen hinausgeht, eine Sandbox sieht anders aus.

 

Man könnte es auch eine Sammlung von Abenteuervorschlägen/Ideen/Aufhängern nennen.

 

Spielergeleitetes Leiten ist schwierig, wenn die Spieler sich nicht bewegen...

Geeignetes Material könnte es einem SL allerdings einfacher machen, sie dazu zu ermuntern. Wenn ich ein Questenabenteuer habe, kann ich dem Gläubigen ganz gut vorschlagen, doch mal eine Queste zu machen. Wenn das bedeutet, daß ich dann erst mal vier Wochen brauche, bis ich ein Konzept habe, was dann zu tun wäre, ist es schwieriger (wenn die Vorbereitungs-/Ausarbeitungszeit für ein Abenteuer statt vier Wochen nur ein paar Tage beträgt - hallo Rosendorn - dann ist das natürlich einfacher).

Geschrieben
meintest du vielleicht eher vom Mitspieler angeleierte Abenteuer wie, ich würde demnächst gerne xyz machen?

 

An sich ja, denn die Antwort des SL gegenwärtig lautet darauf in vielen Fällen "gute Idee, aber gib mir [ein Wochenende/zwei Wochen/einen Monat/...], bis ich was ausgearbeitet habe..."

und der einzige Unterschied zu nem anderen Plot ist , das hier der SC eine Queste gelobte(musste?) ansonsten ist es ganz normaler Plot, hiier ziemlich fest vorgeschriebener Schienen, nicht ein SC-Mitspielergetriebenes Spiel

 

Queste eines Priesters oder Glaubenskämpfers.

 

Die genannten Typen können entweder in Todesgefahr, oder wenn ihr Gott sie nicht mehr mag und sie nicht auf die "20" warten wollen, oder (warum nicht ohne "Schubser" aus dem Regelwerk auch einfach so?) Questen geloben.

 

Wenn die Spielerfigur in höchster Not gelobt, wird ihr vom Gott das Bild eines Ordensbruders vor einem Landschafts- oder Gebäude-Hintergrund gezeigt, mit dem Gefühl "mit dem solltest Du Dich baldmöglichst unterhalten". Aus dem Hintergrund läßt sich, ggf. mit etwas Nachsuchen, erschließen, daß es sich um den Zentraltempel der Bruderschaft handelt.

Kommt man dorthin, stellt man fest, daß der Gesuchte als etwas verschroben gilt und allgemein wenig ernst genommen wird. Er spricht eine Menge wirres Zeug. Niemand hört wirklich auf ihn. Erste Aufgabe der Spielerfiguren ist es, einen hinreichend hohen Priester davon zu überzeugen, sie anzuhören. Gemeinsames Gebet/Meditation/Pfeiferauchen (kommen Spieler auf diese Idee?) resultiert in einer gemeinsamen göttlichen Eingebung und bestätigt den Auftrag.

 

Es geht um eine mehrdeutige Passage aus einem heiligen Buch. In dieser wird auf eine alternative Liturgie verwiesen, die des Teufels sei. Bisher wurde diese Passage immer als unwichtig vom Tisch gewischt. Der verschrobene Bruder hat nun schon seit Monaten Visionen gehabt, aus denen auf die konkrete Existenz eines entsprechenden Dokuments geschlossen werden kann - und auf die Möglichkeit, daß der eigene Glaube dadurch pervertiert und ins Böse gezogen werden könnte. Es müßte daher auf jeden Fall sichergestellt oder zerstört werden.

 

Die Visionen - auch die gemeinsame göttliche Eingebung - sind alle so mehrdeutig und vage, daß eine offizielle Aktion des Tempels nicht ratsam scheint. Man kann den Abenteurern aber zu diesem Thema (die dort allgemein vergrabenen Geheimnisse sind nichts für Abenteureraugen) die Unterstützung der Zentraltempelbibliothekare zusagen, ihnen eine "super-Pilgermuschel" geben, die Unterstützung durch Gläubige/Priester/Tempel auf der und für die Reise sichert (das spart mir das Abrechnen von Tagesrationen für den größten Teil der Reise...) und der Gruppe auch eine Reisekasse und für den Erfolgsfall eine ordentliche Belohnung zusichern.

 

Das Böse Buch ist natürlich in einer unzugänglichen Region (Medjis, Hinterminangpahit, Urruti, ...) mit mannigfaltigen Gefahren. Die Visionen des Verschrobenen geben - oft überraschende - Tips, wie mit den Gefahren der Reise umzugehen ist. Am Ende hat das natürlich auch jemand, der es nicht einfach herausgeben will (allerdings ist man sich dort der Brisanz des Gegenstandes nicht bewußt). Möglicherweise ist durch diese ganze göttliche Nachforscherei auch jemand anderes aufmerksam geworden - womöglich aus der Tempelhierarchie, womöglich dämonisch, ganz nach Geschmack - und versucht, den Spielerfigurne zuvorzukommen.

 

Und so nimmt das Abenteuer seinen Lauf...

 

Grenzen:

 

Grundsätzlich funktioniert das ganze nur mit mindestens einer hinreichend gläubigen Spielerfigur, eigentlich nur mit einem Priester oder Ordenskrieger.

 

Es wären mehrere Hinweis-Sets auf Zentraltempel auszuarbeiten, damit mehrere Priesterschaften bedient werden können (nur die Hinweise und eine ganz grobe Beschreibung des Tempels; komplette Zentraltempel würden den Rahmen des Abenteuers sprengen).

Für Xan- und andere Herrschaftspriester müßte die Episode mit dem verschrobenen Bruder evtl. heraus: Dissidenten und Herrschaftsglaube vertragen sich vielleicht nicht ganz so gut.

 

 

Guter Punkt, schönes Beispiel. Wobei das gemeinsame Vorbereiten natürlich gewisse Grenzen hat, sonst ist das Abenteuer für die Spieler irgendwie keine Herausforderung mehr (wenn sie alles schon kennen)...

Schreib keine Lösungen vor, akzeptiere jede erfolgreiche Lösung.

Geschrieben (bearbeitet)

 

Was in diesem System gut möglich ist: JEDER Anwesende hat eine Spielfigur und bringt seine Ideen ein. So sitzen am Tisch ausschließlich Spieler, die Spielleitung ist dann eine Gruppenleistung. (Wird nur brenzlig bei Regeldifferenzen...).

 

 

Das Rollenspiel "InSpectres" (ein Geisterjäger-RPG von Disater Machine Produktions) funktioniert auf die von dir beschriebene Weise. Wenn dich das Konzept interessiert lohnt es sich dort mal einen Blick hinein zu werfen. Hier wird das Konzept allerdings schon verregelt und über ein Würfelsystem simuliert.

 

Gruß

 

fabian

 

Danke Fabian, aber ich habe auf diese Art und Weise schon Midgard und Shadowrun gespielt. Ein weiteres System halte ich für mich als unnötig. Es gibt nichts, was man nicht mit ein bischen Fantasy äh Fantasie und evtl. einigen Regeländerungen machen kann. Das System ist letztendlich nur eine Hilfe, nicht das Ziel.

Bearbeitet von midgardholic
Geschrieben (bearbeitet)

Zitat aus Fabian Wagners Link :

Auf eine Verwandtheit zwischen beiden Definitionen (Simulationism und Sandbox, Anm. d. Zitierenden) kam ich, weil es bei beiden im weiteren Sinn um das “Ausprobieren” und “Kennenlernen” der Welt geht. Allerdings habe ich mittlerweile gelernt, dass es dabei durchaus Unterschiede gibt. Bei Simulationism geht es mehr um das Erleben der Welt: schauen wie sie reagiert, sie erforschen. Bei Sandbox kann es zum einen darum gehen, eine Welt zu erschaffen, also kreativ zu sein, sofern die Welt nicht vordefiniert ist. Ist die Welt vordefiniert, wird Sandbox-Spiel ziemlich Simulationism-lastig. Dann geht es ebenfalls um das Kennenlernen der Welt, allerdings geht es hierbei weniger um “the Right To Dream” als um das Nutzen des Vorhandenen in einer abgesteckten, beeinflußbaren Welt. Es ist sozusagen sehr viel konkreter.
(Hervorhebung durch mich)

 

Das würde heißen: Auf Midgard ist Sandbox nur in nicht ausgearbeiteten Ecken der Welt möglich durch eine Gruppe, die die Aufgaben des SL´s als Gruppenleistung bringt...? Also bspw. spielen wir mal Inuit im nördlichen Eis. Oder ist so eine Vorgabe auch schon zu viel...? Dann stecken wir im Dilemma des nicht erfüllbaren Ideals.

 

Oder ist es vielmehr so:

 

Zitat aus Fabian Wagners Link :

Auf eine Verwandtheit zwischen beiden Definitionen (Simulationism und Sandbox, Anm. d. Zitierenden) kam ich, weil es bei beiden im weiteren Sinn um das “Ausprobieren” und “Kennenlernen” der Welt geht. Allerdings habe ich mittlerweile gelernt, dass es dabei durchaus Unterschiede gibt. Bei Simulationism geht es mehr um das Erleben der Welt: schauen wie sie reagiert, sie erforschen. Bei Sandbox kann es zum einen darum gehen, eine Welt zu erschaffen, also kreativ zu sein, sofern die Welt nicht vordefiniert ist. Ist die Welt vordefiniert, wird Sandbox-Spiel ziemlich Simulationism-lastig. Dann geht es ebenfalls um das Kennenlernen der Welt, allerdings geht es hierbei weniger um “the Right To Dream” als um das Nutzen des Vorhandenen in einer abgesteckten, beeinflußbaren Welt. Es ist sozusagen sehr viel konkreter.
(Hervorhebung durch mich)

 

Hier wären die vorgeschlagenen Szenarien in dieser Sammlung und auch hier genügend, v.a. wenn die Ideen dazu von den Spielern kommen und der SL alle Ideen der Spieler zulässt und den Regeln gemäß moderiert (also weder beschleunigt noch behindert).

 

@Schwerttänzer: Wie viel Sandbox muss es denn sein?

 

Grüße

midgardholic

Bearbeitet von midgardholic
Geschrieben

Spielergeleitetes Leiten ist schwierig, wenn die Spieler sich nicht bewegen...

Klar, in solchen Fällen bleibt der Krug der Handlungsinitiative allein beim SL. Aber, ganz ehrlich:

SL-gelenktes Leiten ist schwierig, wenn der SL uninspiriert ist. ;)

 

Im Idealfall gehe ich einfach davon aus, dass alle am Tisch ein gewisses Mindestmaß an Aktivitätswillen mitbringen. Sonst macht diese Diskussion m.E. auch keinen Sinn.

Geschrieben

Für mich heißt Sandbox vor allem das erforschen einer dem Spieler unbekannten Welt, wie es früher bei DnD der Fall war.

 

Diese Welt ist natürlich dem SL bekannt und vordefiniert, aber die Spieler kennen sie nicht.

 

Das geht auch bei Midgard. Die Spieler kommen halt aus einem Dorf in Alba und kennen nur die nächste Stadt. Von dort brechen sie aus, um die Welt zu erkunden.

 

Entweder der SL liefert halt wie beschrieben Plotpunkte, mit denen sich die Spieler beschäftigen können oder auch nicht - ein Bekannter von mir spielt genau so Midgard, was dazu führt, daß die Spieler immer mehrere Abenteuer auf einmal erleben -, oder man steuert das ganze völlig über Zufallstabellen. Mit als SL würde die erste Möglichkeit mehr zusagen.

 

Viele der alten Module waren übrigens für eine der ersten DnD-Welten geschrieben, Mystara, Greyhawk oder Blackmoor.

 

Ich gebe zu, früher konnte ich mit diesen Modulen auch wenig anfangen, es fehlte mir der richtige Aufhänger, um die Spieler in solche Abenteuer zu verstricken. Heute verstehe ich das besser und kann mir sehr gut vorstellen, so zu leiten.

 

Lest euch mal meinen Link weiter oben durch, dann sehr ihr wie das laufen kann.

Geschrieben
und der einzige Unterschied zu nem anderen Plot ist , das hier der SC eine Queste gelobte (musste?) ansonsten ist es ganz normaler Plot, hiier ziemlich fest vorgeschriebener Schienen, nicht ein SC-Mitspielergetriebenes Spiel

 

Zunächst einmal ja. Spielerfreiheit im Abenteuer drinnen haben wir ja ein paar hundert mal diskutiert in den letzten Wochen, dabei kam aber schon öfter heraus "aber beim Abenteuereinstieg, da darf man all' die bösen Dinge schon machen" - und da wollte ich halt auch mal ansetzen.

 

Ja, der Abenteuerentwurf war danach recht konventionell... wie hättest Du ein solches Abenteuer gemacht?

Geschrieben
Ne sandbox benutzt.

 

Die Vision gegeben, nicht den Lösungsweg vorgeschrieben.

 

Vielleicht gibts du uns einfach mal ein Beispiel deiner unendlichen Weisheit.

Ich lese immer nur irgendwelche Parolen von dir, aber wirklliche Aussagen habe ich noch nicht gefunden.

  • Like 1
Geschrieben
Ne sandbox benutzt.

 

Die Vision gegeben, nicht den Lösungsweg vorgeschrieben.

 

Ein bißchen konkreter hätte ich es schon gerne. Vielleicht in dem Umfang, wie ich hier vorgeschlagen habe?

Die Fischköppe würden sagen, "Butter bei die Fische bitte".

  • Like 1
Geschrieben (bearbeitet)

Hallo zusammen,

 

ich verfolge immer Mal wieder die ganzen unterschiedlichen Theoriestränge und muss sagen, dass ich - ähnlich wie Tharon im ersten Beitrag dieses Threads schrieb - einigermaßen "irritiert" bin. Auch die Links, die auf den vorigen Seiten zur Theorie überflogen habe, bringen mich nicht weiter. Warum?

 

Es werden immer wieder zwei falsche Prämissen zu Grunde gelegt:

 

1. Die strikte Anwendung von Würfelergebnissen (und den dahinterliegenden Rollenspielregeln), erhöhe die "Wahlmöglichkeit / Selbstständigkeit / Freiheit / Einflussmöglichkeit" der Spieler.

 

2. Spielleiter-Willkür gehört ausgeschaltet, weil sie die Freiheit der Spieler einschränke.

 

 

Antwort zu 1.

Warum ist es falsch, dass die strikte Anwendung von Würfelergebnissen (und den dahinterliegenden Rollenspielregeln), die "Wahlmöglichkeit / Selbstständigkeit / Freiheit / Einflussmöglichkeit" der Spieler erhöht?

Um dies zu begründen reicht ein ganz kleines Gedankenspiel:

Wir nehmen an, die Regel verlangt den Wurf eine sechsseitigen Würfels. Bei strikter Anwendung der Regel gibt es nun genau die Zahl von sechs möglichen Ergebnissen. Wenn man die Regel aber nicht strikt anwendet gibt es folgende Möglichkeiten: Die sechs möglichen Würfelergebnisse und die Möglichkeit, den Würfelwurf nicht anzuerkennen: Zusammen sind das sieben mögliche Ergebnisse.

Abstrakt gesprochen: Es gibt immer, wenn man sich nicht an Würfelergebnisse hält eine Möglichkeit mehr, als wenn man sich an Würfelergebnisse hält. Das ist offensichtlich ein „Mehr“ und nicht ein „Weniger“ an möglichen Ausgängen.

Und was besonders wichtig ist: Sowohl Spieler als auch Spielleiter können diese letzte Möglichkeit beeinflussen. Bei einem Würfel handelt es sich schlicht um eine spezielle (Zufalls-) Maschine, deren technischer Diktatur man sich unterwirft. Diese technische Diktatur abzulehnen, in dem die Möglichkeit offen gelassen wird, das Ergebnis nicht anzuerkennen, ist zwingende Voraussetzung, dass Freiheit überhaupt in der entsprechenden Situation des Würfelwurfs entstehen kann.

 

Zusammenfassend: Wer sich strikt an Würfelergebnisse hält, schränkt die Zahl der möglichen Ergebnisse ein und beraubt sich völlig der Einflussmöglichkeit auf das Ergebnis. Das hat mit mehr "Wahlmöglichkeit / Selbstständigkeit / Freiheit / Einflussmöglichkeit" der Spieler sichtbar nichts zu tun. Befürworter einer strikten Anwendung von Würfelergebnisse geht es anscheinend im Gegenteil um die Reduktion von „Freiheit“ aller Mitspieler, auch wenn sie teilweise vehement das Gegenteil behaupten.

 

 

Antwort zu 2:

Warum ist es falsch, dass Spielleiter-Willkür die Freiheit der Spieler einschränkt.

Auch hier hilft ein kleines Gedankenbeispiel weiter:

Wir nehmen wieder an, die Regel verlangt den Wurf eines sechsseitigen Würfels. Der Spielleiter würfelt und verkündet das Ergebnis „sieben“. Das ist offensichtlich nicht Regelkonform und die Spieler wissen dies. Sie können über das Ergebnis mit dem Spielleiter diskutieren.

Entscheidend ist hier nicht das anscheinend falsche Ergebnis „sieben“, sondern das Wissen der Spieler darum, dass es Spielleiter-Willkür geben darf – völlig unabhängig vom Ergebnis des Würfelwurfs, sei dieses 1 bis 6 oder eben „sieben“. Ausschließlich dadurch, dass die Möglichkeit zur Spielleiter-Willkür gegeben ist, entsteht die Freiheit der Spieler zur Diskussion. Wer Spielleiter-Willkür ablehnt, verhindert offensichtlich die Diskussion über Würfelergebnisse, das schränkt die Freiheit der Spieler zwingend ein.

Selbstverständlich kann man dieses Beispiel auch auf simple Erzählsituationen anwenden: Würde der Spielleiter immer „richtig“ erzählen und leiten, dann würde dies offensichtlich die Möglichkeiten den Spieler einschränken – niemals erweitern.

 

Zusammenfassend: Die Möglichkeit zur Spielleiter-Willkür ist zwingende Voraussetzung für die Freiheit der Spieler zu Diskussion über den Spielverlauf. Insofern ist es besonders „bemerkenswert“, dass in einer unverständlichen Umkehr des Freiheitsbegriffs, die Ausschaltung von Spielleiter-Willkür zu einem mehr an Freiheit der Spieler umgedeutet wird.

 

 

 

Aus meiner Sicht geht es bei der ganzen Diskussion um Würfelergebnisse, offenes Würfeln, Zufallstabellen etc. schlicht um eine Einschränkung der Wahlmöglichkeiten und der Freiheit aller Mitspieler.

 

Dahinter steht wohl das mangelnde Vertrauen in die notwendige Hierarchie einer Rollenspielsitzung mit Spielleiter.

 

Die Spieler, die die Möglichkeiten des Spielleiters durch strikte Würfel- / Regelbindung einschränken wollen, schränken ihre eigene Freiheit ein, vermutlich aus Angst vor der Freiheit des Spielleiters: Für mich ist das Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

 

Umgekehrt, berauben sich die Spielleiter, die sich strikt an die Würfel und die Regel halten einer freiheitlichen Möglichkeit. Kern dieser Argumentation ist die „Gerechtigkeit“ gegenüber den Spielern. Dazu ist nur zu sagen – ein Würfelergebnis oder eine Regel ist immer ausschließlich Technik. „Gerechtigkeit“ entsteht zwingend erst im sozialen Akt der Anwendung derselben.

Anders gesagt: natürlich kann ein schlechtes Würfelergebnis in einer gegebenen Situation schreiend ungerecht sein (übrigens einer der Gründe warum vor Gericht nicht gewürfelt wird). Erst die Möglichkeit (!) das Würfelergebnis zu ändern kann Gerechtigkeit herstellen. Ob diese Möglichkeit angewendet wird, ist dann der Entscheidung - meistens aber durchaus nicht immer – des Spielleiters anheimgestellt. Spielleiter, die sich willentlich dieser Möglichkeit berauben, indem sie sich der Diktatur der Regel unterwerfen, nehmen aus meiner Sicht ihre Verantwortung als Spielleiter für „Gerechtigkeit“ im Spiel nicht wahr.

 

Gruß

 

Jakob

Bearbeitet von Jakob Richter
  • Like 3
Geschrieben

Der Unterschied liegt aber darin, dass sich eine Gruppe vor dem Spiel bzw. dem Ereignis auf Regeln einigen kann. Also auf 6 mögliche Ausgänge eines W6.

 

Auf den willkürlich von Spielleiter festgelegten 7. Ausgang kann die Gruppe nur noch reagieren. Diskussionen sind nicht unbedingt Spaßfördernd und die Spieler verlieren Planungssicherheit bzw. können Risiken überhaupt nicht mehr einschätzen.

 

Andererseits lehne ich die Option aber auch nicht völlig ab.

Im Endeffekt haben die Spieler auch keinen Einfluss darauf welche Zauber und Wunderartefakte ich einem NSC mitgebe, wodurch ich auch beliebigg und willkürlich über die Basisregeln hinaus manipulieren kann.

 

Dennoch sehe ich bei einigen Regelteilen Würfelmanipulation als greuel, z.B. bei den elementaren Kampfregeln. Wenn eine 20/100 aufgrund von Realismusdebatten entwertet wird, dann kann man das ganze auch gleich in alternative Regeln bzw. Hausregeln abwandeln ohne mitten im Spielverlauf in Grundsatzdiskussionen zu verfallen.

 

Also ein klaren Jein.

Geschrieben
Statt eines Beitrages verweise ich mal auf einen Link des - zugegebenermaßen umstritteten - Setembrini. Aber seine Art zu leiten dokumentiert doch recht gut, was ich meine:

 

http://hofrat.blogspot.com/2009/03/anders-gesagt.html

 

Dabei sollte man bedenken, dass dieser Spielstil rein gamistisch ist und m. E. nicht viel mehr als hack&slay. Die Welt ist so konzipiert, dass es überall "Böse" gibt (hier: Orks, Druiden und Dämonen), die man bedenkenlos umhauen darf, wenn man ihnen begegnet. Also zieht man durch die Gegend von Kampf zu Kampf, sammlet Schätze und EP, steigert seinen Char und hat damit den typischen gamistischen Spaß.

 

Was daran der Mehrgewinn gegenüber einer Computersitzung WoW ist, bleibt mir allerdings verborgen.

 

Mit freundlichen Grüßen vom Schnitter

Geschrieben
Zusammenfassend: Die Möglichkeit zur Spielleiter-Willkür ist zwingende Voraussetzung für die Freiheit der Spieler zu Diskussion über den Spielverlauf.

 

Du solltest PR-Berater für die Diktatoren dieser Welt werden! Ich bin mir sicher, dass z. B. die Tibeter ganz entzückt darüber sind über ihre "Freiheit", mit den Chinesen über ihre Unterdrückung diskutieren zu können!

 

Oder dürfen die das überhaupt? Und darf man das am Rollenspieltisch, oder gibt es da so etwas wie die "Goldene Regel"?

 

Ich halte deine Behauptung für blanken Unsinn, ebenso den Rest deines Beitrages, den zu kommentieren ich mir nicht weiter die Mühe mache, außer einer ausdrücklichen Zustimmung zu Kazander!

 

Mit freundlichen Grüßen vom Schnitter

Geschrieben

Lieber Jakob Richter,

nur am Rand möchte ich zu Protokoll geben:

 

Deine Einwände erscheinen mir durchaus schlüssig (was ich nicht als Zustimmung in allen Punkten verstanden wissen möchte!).

 

Immerhin thematisierst Du das Verhältnis von Spielspass, Spieltechnik und Spielgerechtigkeit - und Du verteidigst mit sinnvollen, begründeten Argumenten eine hier zur Wahl stehende, gültige Position.

 

Nun zu meinen eigenen Fragen:

 

In Jakobs Beitrag wird die individuelle Leistung der Spieler (und des Spielleiters) betont, und der Wert der Beteiligung des einzelnen Spielers wird über die Rolle seiner Spielfigur im Spiel gestellt: Der Spielzug wird weniger wichtig als der Akt des Spielens. Meine Fragen an diesen sympatischen Ansatz habe ich mir allerdings nicht verkneifen wollen, und sie lauten wiefolgt:

 

1) Wenn Freiheit und Notwendigkeit zusammenhängen - wie ist dann der Übergang vom Einen zum Anderen definiert?

Oder anders formuliert: Wenn in meiner Spielrunde das ausnahmslose Einhalten der Regeln unerwünscht ist, dann muss ich wissen, ab wann ich willkürlich handeln soll und muss. Wo liegt diese Schwelle? Wie kann ich mich auf diese Grenze einigen? Oder verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl, meine Intuition - und darauf, daß am Spieltisch jedes Problem gemeinsam gelöst werden kann?

 

2) Wenn Gerechtigkeit im Brechen der Regeln besteht - wie nenne ich dann die Tätigkeit, die den Regeln gemäß erfolgt? Welches adjektiv verwende ich?

Es sei <gerecht>, den Patzer zu ignorieren - es sei <XXX>, den Patzer hinzunehmen. Ja, was ist das denn? Regelkonform?

 

3) Wenn Gerechtigkeit erst in der Anwendung einer Regel entstehen soll - wie entsteht dann die Regel? Ist eine Regel nicht selbst Ergebnis eines sozialen Prozesses, einer Auswahl und einer Erprobungszeit? Hat nicht jede Regel einen Sinn? Oder ist sie nicht zumindest Artefakt eines vergessenen Sinns? Zumindest hat jede Regel einen ursprünglichen Anlass, und kann nicht ohne diesen gedacht werden.

 

4) Sind die Begriffe, die hier verwendet werden, wirklich nötig? Hilft uns eine Gerechtigkeitsdebatte weiter(denn: Was ist "Gerechtigkeit"? :turn: ). Können wir konkrete Probleme am Spieltisch nicht viel besser ohne problematische Abstrakta lösen, dafür aber anhand von Beispielen, Erklärungen und ständigen Verbesserungen?

Bringen uns Moralabstrakta ("gut", "böse", "schlecht"), oder Tugendkataloge (wie "Tapferkeit", "Weisheit", "Mässigung" und, tja, "Gerechtigkeit" :whatsthat:) wirklich weiter?

 

Meine Fragen sind durchaus ernst gemeint, und ich hoffe, daß sie hier weder versanden noch allzusehr zerpflückt werden.

 

 

Ich möchte abschliessend darauf hinweisen, daß ich mich selbst zu den Spielpessimisten zähle: Ein Problem am Spieltisch kann man selten mit, aber auch selten ohne Regeln lösen. Rollenspiel ist keine Gruppentherapie (und auch keine Einzelsitzung mit Zuschauern). Oder, um einen meiner Lieblingsphilosophen zu zitieren: Die Lösung eines Problems merkt man am Verschwinden eines Problems.

 

 

Dennoch sollte man festhalten, das Jakob Richter in seinem Beitrag nicht nur stringent argumentiert - er scheint auch Wert auf Verständlichkeit, Nachvollziehbarkeit und saubere, korrekte Formulierung zu legen.

Also auf stilistische Tugenden, die allzuoft vergessen werden - auch von Leuten in diesem Forum.

Allein das hat in einer heissen, aber grundsätzlich harmlosen Debatte wie dieser hier Repekt verdient.

 

Mit besten Grüssen,

Der_Rabe

* der durchaus der Meinung ist, dass sich Gott an seine eigenen Naturgesetze halten müsste, wenn er diese denn einmal aufgestellt hätte :) *

  • Like 1
Geschrieben
Einen größeren Quark habe ich selten gelesen !

 

Volle Zustimmung.

 

Immerhin gut formuliert, aber Unsinn bleibt es trotzdem! :crosseye:

Ich vermute stark, der ganze Beitrag ist als Satire zu verstehen. In dem Fall: Bravo!

Geschrieben
Einen größeren Quark habe ich selten gelesen !

 

Volle Zustimmung.

 

Immerhin gut formuliert, aber Unsinn bleibt es trotzdem! :crosseye:

Ich vermute stark, der ganze Beitrag ist als Satire zu verstehen. In dem Fall: Bravo!

 

Die diversen Stränge über das Thema enthalten jede Menge solchen Blödsinn.

So what? :dunno:

Geschrieben

1. Die strikte Anwendung von Würfelergebnissen (und den dahinterliegenden Rollenspielregeln), erhöhe die "Wahlmöglichkeit / Selbstständigkeit / Freiheit / Einflussmöglichkeit" der Spieler.

 

2. Spielleiter-Willkür gehört ausgeschaltet, weil sie die Freiheit der Spieler einschränke.

 

Ganz 100% zutreffend hast Du die Positionen nicht wiedergegeben. Die strikte Anwendung von Würfelergebnissen und Regeln erhöht z.B. nicht primär die Freiheit, sondern das Selbstwertgefühl der Spieler: sie fühlen sich sozusagen als "richtige Männer" und nicht "kuschelweichgespült".

 

Spielleiter-Willkür wird mit dem Begriff "Railroading" in Verbindung gebracht, und erst dann schränkt sie auch die Handlungsfähigkeit der Spielerfiguren ein.

 

Wir nehmen an, die Regel verlangt den Wurf eine sechsseitigen Würfels. Bei strikter Anwendung der Regel gibt es nun genau die Zahl von sechs möglichen Ergebnissen. Wenn man die Regel aber nicht strikt anwendet gibt es folgende Möglichkeiten: Die sechs möglichen Würfelergebnisse und die Möglichkeit, den Würfelwurf nicht anzuerkennen: Zusammen sind das sieben mögliche Ergebnisse.[/Quote]

 

Das ist allerdings so nicht richtig. Es gibt genau sechs mögliche Ergebnisse: 1, 2, 3, 4, 5, 6. Ob der Würfel oder der Spielleiter die auswählen, ist egal.

Ausnahme: der SL wählt Ergebnisse aus, die der Würfel so nicht hergäbe (7, 8, -3, ...). Dann ist der Ergebnisraum unendlich groß.

 

Zusammenfassend: Wer sich strikt an Würfelergebnisse hält, schränkt die Zahl der möglichen Ergebnisse ein und beraubt sich völlig der Einflussmöglichkeit auf das Ergebnis. Das hat mit mehr "Wahlmöglichkeit / Selbstständigkeit / Freiheit / Einflussmöglichkeit" der Spieler sichtbar nichts zu tun. Befürworter einer strikten Anwendung von Würfelergebnisse geht es anscheinend im Gegenteil um die Reduktion von „Freiheit“ aller Mitspieler, auch wenn sie teilweise vehement das Gegenteil behaupten.

 

Nuuuun ja, wenn sonst nicht mögliche Ergebnisse hinzugefügt werden, besteht die Gefahr, daß jede Bindung an die Regeln verlorengeht. Dann bräuchte man irgendwann gar keine Werte, Würfel und Regeln mehr und könnte sich gegenseitig einfach das erzählen, was man meint, daß passieren sollte.

 

So gesehen schränken Regeln und deren Befolgung die Freiheit schon ein.

 

Sie können über das Ergebnis mit dem Spielleiter diskutieren.

 

Um ehrlich zu sein, das wäre für mich eher eine Freiheit, mir den Spaß zu verderben. Längere Diskussionen, was möglich ist und was nicht, möchte ich am Spieltisch nicht führen. Insofern ist das, so gesehen, für mich keine Freiheitserhöhung.

 

Außerdem habe ich die Möglichkeit immer. Selbst wenn der SL sich seiner Meinung nach strictissime an die Regeln hält, ist deren Auslegung doch immer wieder einer Interpretation zugänglich. Die "Freiheit, herumzudiskutieren" kommt also durch Spielleiterwillkür nicht hinzu (wenngleich es wahrscheinlicher wird, daß sie genutzt wird).

Geschrieben (bearbeitet)
Zusammenfassend: Die Möglichkeit zur Spielleiter-Willkür ist zwingende Voraussetzung für die Freiheit der Spieler zu Diskussion über den Spielverlauf.

 

Du solltest PR-Berater für die Diktatoren dieser Welt werden! Ich bin mir sicher, dass z. B. die Tibeter ganz entzückt darüber sind über ihre "Freiheit", mit den Chinesen über ihre Unterdrückung diskutieren zu können!

 

Oder dürfen die das überhaupt? Und darf man das am Rollenspieltisch, oder gibt es da so etwas wie die "Goldene Regel"?

 

Ich halte deine Behauptung für blanken Unsinn, ebenso den Rest deines Beitrages, den zu kommentieren ich mir nicht weiter die Mühe mache, außer einer ausdrücklichen Zustimmung zu Kazander!

 

Mit freundlichen Grüßen vom Schnitter

 

Bevor ich auf den Vorwurf der "Propaganda" für Diktatoren - in diesem Fall die kommunistische chinesische Diktatur eingehe, möchte ich vorab folgendes sagen:

 

Ich werde hier nur ein Mal darauf eingehen, denn den Vergleich einer real existierenden oder historischen Diktatur mit einer Rollenspielsitzung, halte ich grundsätzlich für nicht statthaft und zwar, weil durch diesen Vergleich immer das Leiden der Opfer in der Diktatur relativiert wird. Eine reale Midgard Rollenspielsitzung hat mit einer realen Diktatur nichts - aber auch gar nichts - zu tun - wer da Verbindungen sieht, betreibt Gedankenspiele die zur Relativierung der Diktatur führen und das sollte man um der Opfer willen lieber bleiben lassen.

 

(Der Vorwurf an sich ist übrigens außerordentlich beleidigend und dem Forum aus meiner Sicht eigentlich unwürdig – aber wenn das der Stil sein soll…)

 

Trotzdem Schnitter, danke ich Dir (im gewissen Sinn) für das Beispiel mit den Tibeter und Chinesen - ich hatte, als ich meinen letzten Beitrag geschrieben habe, eher mit dem Vorwurf der "Nazi-Nähe" gerechnet - aber wenn es denn die chinesische Diktatur sein soll, mit der wir uns hier beschäftigen müssen, weil ich angeblich so schlimme Dinge schreibe, dann sei das so...

 

Der Vergleich, der hier von Schnitter angestellt wird impliziert folgendes: erstens, die Spieler seien die Tibeter, zweitens der Spielleiter sei die Chinesen. Das an sich ist schon ein bemerkenswerter Vergleich. Er hinkt aber an einer zwingend entscheidenden Stelle: Während die Tibeter tatsächlich nur unter größten Gefahren mit den Chinesen über "Freiheit" diskutieren können, ist das bei Spielern und dem Spielleiter mitnichten der Fall. Die Freiheit der Diskussion haben die Spieler zum Glück - es sei denn, man will sie verbieten, weil man sich zwingend an die Regel hält.

 

Tatsächlich ist der Sinn der Rollenspielregeln die Diskussionsfreiheit einzuschränken - eben weil es Regeln sind. Ebenso, wie es der Sinn der chinesischen Gesetze ist, die Diskussionsfreiheit (und einiges andere mehr) der Tibeter einzuschränken.

 

An diesem (wie gesagt moralisch äußerst zweifelhaften) Vergleich, sieht man auch worauf es hinausläuft: Die Frage, ob ein Regel, ein Gesetz eingehalten wird, hat manchmal sehr wenig mit der Frage zu tun, ob dies auch "gerecht" oder "frei" ist.

 

Was die tibetischen Freiheitsaktivisten tun, ist im Sinne der chinesischen Gesetze ganz ohne Zweifel ein Akt von „Willkür“, weil sie sich außerhalb der chinesischen Gesetze stellen. Trotzdem ist es (jedenfalls in meinem Verständnis) richtig und gerecht und bringt ein mehr an Freiheit. In einem analogen Sinn (von dem ich noch Mal betone, dass ich solche Analogien für hoch fragwürdig halte), kann es in bestimmten Situationen für mehr Spielgerechtigkeit und mehr Spielfreiheit nötig sein, sich nicht an die Regeln des Spielsystems zu halten. Es gibt eben Gerechtigkeit, die außerhalb des Systems steht – sei es im chinesischen oder im Midgard-System und dazu ist „Willkür“ im Sinne der Regeln/Gesetze zwingend nötig. Dabei spielt es im Grundsatz überhaupt keine Rolle, ob diese Art Willkür durch den Spielleiter oder die Spieler ausgeübt wird.

 

Anders (und zugegebenermaßen polemisch) ausgedrückt: Rollenspielgruppen, die sich darauf verständigen, die Regeln ihres Systems immer und zu jeder Zeit anzuerkennen, einigen sich - im Sinne dieser, nicht von mir aufgebrachten Analogie - darauf, das System der chinesischen Diktatur anzuerkennen.

 

Das ist definitiv nicht mein Weg Midgard zu spielen. Insofern bleibe ich dabei, dass „Willkür“ im Sinne der Regeln zwingend nötig ist, wenn man für Gerechtigkeit und Freiheit im Rollenspiel etwas übrig hat.

 

Was alle hier so aufregt, ist die Frage, wer legitimer Weise „willkürlich“ sein darf: Spieler oder Spielleiter. Das aber ist eine Frage von Hierarchie und sozialer Vereinbarung nicht von Regel im engeren systemischen Sinn. Um der Frage nach Hierarchie aber die Spitze zu nehmen: Ich habe nichts dagegen, wenn Spieler manchmal den Würfel drehen – genauso wie der SpL. Sie nehmen sich „Freiheit“ und das auch noch ohne irgendjemanden anderem zu Schaden. Was sollte man dagegen haben?

 

Herzlicher Gruß

 

Jakob

 

PS.: Ich bleibe übrigens dabei, dass Würfel diktatorische Willkürmaschinen sind. Was an Würfeln "frei" oder "gerecht" ist und was die zwingende Benutzung dieser Objekte mit dem Spielgleichgewicht zu tun hat, müsste man mir schon - und zwar einigermaßen argumentationsstark - erklären.

 

PPS.: Erklärungen, wie "das ist Quatsch", fallen auf die Autoren zurück. Wenn das so ist, was ich gar nicht ausschließe, dann ist es ja sicher ein leichtes, mich zu widerlegen. Es sollte aber niemand wundern, wenn ich hinzufüge - eine wirklich konsitente Widerlegung will ich dann aber auch hier geschrieben sehen.

Bearbeitet von Jakob Richter
  • Like 2

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde Dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde Dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...