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Spieler klagen an! --> Was geschieht?


Calandryll

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Geschrieben
Ich stimme Prados in fast allen Punkten zu - nur würde ich die Rolle des Stadtschulzen nicht entwerten wollen. Die Abenteurer sollten Zeugen und nicht Kläger sein (es sei denn es würde sich hier um einen Zivilprozess handeln und ein Strafprozess läuft noch nebenher, aber das dürfte hier nicht der Fall sein).
Ich halte das Konzept eines öffentlichen / staatlichen Anklägers für Alba für nicht zutreffend. Daher stimme ich Prados voll zu.

 

Grüße

 

Bruder Buck

Geschrieben

Oooops, sorry, ich wollte dich nicht verwirren. Das praktische an der 'Gerichtsprozessordnung' Albas ist es, dass du es dir als SL aussuchen kannst wer den Prozess durchführen wird. Sprich, da du den Prozess führen willst (finde ich eine gute Idee, Rollenspiel soll ja mehr sein als Haudrauf und Würfeln), überleg welches Gericht für deine Pläne am besten geeignet wäre. Ich denke du hast die Wahl zwischen dem Baron als Grundherr, dem Clan des Uebeltäter (respektive wenn dieser Ausländer oder ohne Clan sein sollte der König), die Kirgh oder die Magiergilde wenn Verdacht auf schwarze Magie besteht, die Händlergilde, da er als Händler in deren Zuständigkeit fällt. Damit hast du auch die Chance den Prozess aus Marris wegzuverlegen.

Wie Prados schreibt, bitte sieh diese Vielfalt nicht als Belastung sondern als Chance. Nimm einfach den Gerichtsherrn, der dir am meisten zusagt/ der vom Verlauf der Handlung bisher am naheliegendsten ist/ wo du denkst die interessanteste Verhandlung abhalten zu können.

Wenn du willst kannst du nun natürlich Intriegen einbauen, die sich darum drehen wer den Kerl in die Finger bekommt, ob er einfach davonkommt, was mit einer allfällig zu beschlagnahmenden Konkursmasse zu geschehen hat (ich denke es könnte durchaus üblich sein, dass der Gerichtsherr, das Vermögen eines Verurteilten einfach einzieht). Mach eine interessante Handlung daraus und alle sind glücklich, denn die wichtigste Regel im Rollenspiel ist ja immer noch: erlaubt ist was Spass mach.

es grüsst

Sayah el Atir al Azif ibn Mullah

ps. ich würde mich freuen zu lesen wie das ganze ausgegangen ist.

Geschrieben

Sodele, der Abend ist rum und er war sehr unterhaltsam. Ich fange vielleicht einfach von ganz vorne an.

 

In Maris lebt ein Händler, welcher zu den einflussreichsten der Stadt gehört. Um seine finstere Gier zu befriedigen, entführte er Kinder und ermordete diese. Doch vor 6 Monden ging etwas schief. Das schreckliche Verbrechen in dem Keller des Händlers führte nach kurzer Zeit zu einer Erscheindung und einer gebundenen Seele des Mädchens. Es gelang ihm zwar noch, das Mädchen in eines seiner Fässer zu legen, aber dann überkam ihn Furcht und er floh aus dem Keller, das blutige Messer zurücklassend.

 

Er versuchte, den Keller wieder zu betreten, doch seine Furch war zu groß (bei der eintretenden Erscheinung EW -5 gegen Geistesresitenz gegen Namenloses Grauen). Er schickte auch den ein oder anderen treuen Leibwächter in den Keller, aber auch diese flohen in Panik, ohne sich daran zu erinnern, was sie unten gesehen haben.

 

Zum Leidwesen des Händlers, befinden sich in seinem Lagerraum einige wertvolle und unersetzliche Gegenstände, an welche er unbedingt rankommen muss. Doch was tun? Die Kirgh beauftragen kommt nicht in Frage, genausowenig eine offizielle Gilde. Der Händler weiß zwar nicht, was dort unten genau los ist (er kennt also die Erscheinung nicht, welche das Geschehen nochmal abspielt), aber er muss da unten rein.

Da bietet es sich doch an, ein paar unbedarfte Abenteuer den Keller betreten zu lassen um zu schauen, ob diese seine Sachen herausholen können. Das Messer könnte er schon erklären und die Leiche ist ja versteckt.

Aber es kam anders als gedacht.

 

Die Abenteuer sahen die Erscheinung und damit den Ablauf der Tat. Danach erschien die gebundene Seele und übernahm einen der Abenteuer und sann auf Rache. Den Abenteuer gelang es durch einen Schwur, den Geist zu besänftigen. Sie gelobten, den Händler seiner gerechten Strafe zu überführen.

 

Sie gingen aus dem Keller und tischten den Händler eine Geschichte auf, dass sie die Sachen noch nicht holen könnten, aber die Mittel dazu hätten und diese holen würden. In Wahrheit informierten sie die Obrigkeit und die Kirgh, welche den Händler festnahmen und mit den Abenteuern den Händler durchsuchen. In ihrer Anwesenheit war ein Priester der Dheis Albi (Xan) und die Abenteuer betraten mit diesem den Keller. Die Erscheinung erschien nicht nochmal, da diese bereits gesehen wurde. Der Geist des Mädchens erschien jedoch und dort begangen die Abenteuer einen entscheidenden Fehler. Anstatt den Priester um ein Hören der Geister zu bitten oder sich übernehmen zu lassen um ein Bericht vor Zeugen abliefern zu können, baten sie den Priester der Seele Ruhe zu geben. Sie waren sich sicher, dass der Händler bereits überführt ist, sie sollten sich irren. Das blutige Messer nahm die Stadtwache in gewahrsam.

 

Der Prozess wurde auf den nächsten Ljosdag gelegt, etwa in 7 Tagen. Die Abenteurer waren jedoch mit der Jagd auf den Roten Ritter beschäftigt, sodass sie erst 3 Tage vor Prozess mit den Vorbereitungen beginnen konnten. Leider verstarb auf der Jagd nach dem Roten Ritter der waeländische Priester, welcher der Hauptankläger war. Diese wurde dann vom Magier der Gruppe übernommen.

Die Abenteurern informierten sich nun über den Ablauf des Prozesses. Es ist Kläger gegen Angeklagter vor dem hohen Gericht in Maris (Syre + Berater). Jede Seite darf Zeugen und Beweise vorlegen, die im Normalfall vorher eingereicht werden sollten. Dabei darf die Gegenseite die Zeugen und Beweisliste einsehen. Die Abenteurer erfuhren, dass der Händler, sein Name ist übrigens Aelfric MacBeorn, alles als Zeugen aufrufen ließ, was Rang und Namen hat. Den Meister der Händler Gilde, einen berühmten Arzt, einen reichen Mann und den Captain der Stadtwache.

 

Den Spielern wurde nun klar, dass Geld und Einfluss eine entscheidende Rolle spielen und die Gerechtigkeit flexibel ist ;)

 

Sie begannen selber Beweise und Zeugen zu Suchen. Sie erfuhren jedoch, dass das blutige Messer, welches die Wache in gewahrsam genommen hatte, verschwunden war. In dem Moment befanden sie sich ein einer Sackgasse. Ihr einziger Zeuge war der Priester, welcher mit ihnen den Keller öffnete, aber auch er konnte den Händler nicht belasten.

Was tun. Der Magier beherrscht Macht über Menschen, hat aber mit Grad 1 nur 7 AP, sollte der Händler Grad 3 haben, reicht seine Macht nicht aus, also suchten sie einen Magier.

Sie fanden tatsächlich 3 Thaumaturgen der Großen und Erhabenen Gilde der Thaumatographie zu Fiorinde. Doch in anbetracht des heiklen Falls und der großen Abneigung gegen Magie beim albischen Volk, verlangten die Magier ein Honorar von 700 GS. (Die Spieler haben 2000 -.-, nach dem Auftrag des Roten Ritters). Dies war und ist ihnen zu teuer.

 

Sie fingen dann an zu überlegen. Das Mädchen befand sich in einem Fass, welches sich bereits im Keller befand. Der Händler wird vermutlich daraufhinaus wollen, dass ihm die Leiche untegeschoben wurde mit dem Fass. Also mussten die Listen her.

Das Haus von Aelfric wird jedoch von der Stadtwache gegen Plünderer bewacht. Im Vorfeld befragten die Abenteuer die Bediensteten, um sich ein Bild zu machen, dies war jedoch nicht ergiebig.

In der Nacht brach die Halblingsdame in das Haus ein und der Zwerg stand schmiere. Der Magier blieb in der Taverne. Der Spitzbübin (oder Spitzmaid??) gelang es, die Papiere zu bekommen und warf den Rucksack dem Zwerg in die Arme. Eine gewürfelte "1" des Zwerges rief jedoch eine der Wachen auf den Plan. Diese ließ durchblicken, dass er den Einbruch für ein gewisses Entgeld durchgehen lassen würde. Die Zwergin entschied sich daraufhin, die Wache K.O. zu schlagen, Geld gibt sie nicht freiwillig her. Der Knock Out gelang, rief aber weitere Wachen auf den Plan und es blieb nur eine erfolgreiche Flucht.

 

Im Zimmer der Taverne wurden die Dokumente von den dreien (Magier, Zwergin und Halblingdame) gesichtet. Und tatsächlich. Die Unterlagen waren sehr akribisch geführt und verzeichneten alle Fässer. Das letzte Fass wurde vor 12 Monden eingeliefert, es gab also seit 6 Monden keine Fasslieferung, wie sollte also das Mädchen hineingelangt sein?

 

Sie überlegten auch, ob sie mit dem Mädchen in irgendeiner Form nochmal sprechen könnte. Der Priester erklärte ihnen, dass das nur mit Hilfe eines Totenbeschwörers möglich wäre, der die Seele beschwört. Solch einen zufinden, dafür die Erlaubnis zu bekommen und das durchzuführen sei wohl unmöglich.

 

So "gerüstet", begann der Prozess...

 

Ich werde den Prozess abkürzen :).

Der Prozess begann schlecht für die Spieler. Der Advokat des Händlers rief einflussreiche Zeugen auf, die seine Ehrbakeit bezeugten. Den Spieler gelang es jedoch durch gute Frage, die Zeugen z.T. unglaubwürdig zu machen (z.B. der Arzt war sich sicher, dass er eine so krankhafte Art bei seinem Patienten bemerkt hätte. Die Spieler löcherten ihn nach seinem Studium und wie er diese krankhafte Art diagnostiziert hätte und ob er danach geschaut hätte etc.) Das haben die Abenteuerer gut gemacht und es war ein Kopf an Kopf rennen.

Als Trumph spielten die Spieler die Liste aus, welche belegte, dass seit längere Zeit keine Fasslieferung eingetroffen worden ist. Der Händler versuchte sich herauszureden und prangte an, dass die Liste von ihm gestohlen und danach gefälscht worden sein müsste.

Der Richter war schon fast überzeugt, als die Ehrbarkeit der Abenteurer erschüttert wurde.

 

Die Wache, welche vom Zwerg niedergeschlagen wurde erkannte die Abenteurer (also den Zwerg) und wollte Aussagen. Nun kam heraus, dass die Abenteurer eingebreochen sind, davor erzählten sie nur, dass ihnen die Liste zugespielt worden ist.

Die Richter waren unsicher, wer einen Einbruch begeht, fälscht vielleicht auch eine Liste?

 

Zu guter Letzt entschied das Gericht folgendermaßen. Der Händler soll verbannt werden. Die Indizien wiegen schwer und ein Komplott konnte nicht bewiesen werden. Dennoch ist die Ehrbarkei des Händlers bezeugt und die Ehrbarkeit der Spieler angekrazt, dadurch wurde die Todesstrafe nicht ausgesprochen.

 

Die Spieler haben ein paar Tage später durch Gerüchte erfahren, dass wohl Geld geflossen sein muss, denn der Händler wurde "nur" für ein Jahr und ein Tag verbannt.

 

Den Schwur haben sie aber erfüllt auch wenn das letzte Kommentar meiner Spieler war:

 

Spieler: Toll, wir haben uns einen Todfeind geschaffen...

 

 

 

 

 

Wir hatten wirklich viel Spaß an dem Abend und hatten viel Denkarbeit, ein bisschen Action beim Einbruch und viel viel Rollenspiel. Vielen Dank an die ganzen Anregungen hier, ohne Euch wäre das so toll nicht abgelaufen :)

  • Like 3
  • 10 Monate später...
Geschrieben

Freut mich, daß es funktioniert hat. Die Diskussion ist aber trotzdem interessant. Ich gebe deshalb etws verspäteten Senf dazu, alles aus meiner Sicht und Vorstellung, versteht sich.

 

Das QB (S. 52 rechts unten) sieht ausdrücklich grundsätzlich zwei Parteien in einem Streitfall vor. Offizialdelikte bzw. eine Strafverfolgung von Amts wegen gibt es damit zunächst nicht! Der genannte Fall wird daher nur dann verfolgt, wenn sich tatsächlich jemand für das Schicksal des kleinen Mädchens interessiert - und das sind zunächst nur die Abenteurer.

Die Staatsgewalt wird in der Praxis wahrscheinlich auch deshalb relativ selten als Kläger auftreten, weil sie einen Großteil dessen, was normalerweise die Amtsgerichte beschäftigt, gleich unmittelbar mit dem Knüppel "löst". Zur Verhandlung gelangt nur, was so "groß" ist (entweder die potenzielle Tat oder die Beteiligten), daß es eben nicht unmittelbar gelöst werden kann.

Insofern hast Du das schon einmal völlig richtig gemacht.

 

Der nächste Schritt ist dann das Urteil. Mein Eindruck von dem System "Leumundszeugen" (bis hin zur heutigen Bewerbungspraxis im angelsächsischen Raum, wo, statt Zeugnisse vorzulegen, Personen als "references" benannt werden) ist, daß es für den Klagenden darauf ankommt, die Grundmeinung "den kenne ich doch, der würde so etwas nie tun" zu überwinden. Das dürfte unter den genannten Umständen sehr schwer sein.

Ja, man hat da eine Leiche, die offensichtlich durch Gewalt zu Tode gekommen ist. Das ist doof, das muß man irgendwie erklären. Die Bürger der Stadt würde es sicher beunruhigen, wenn sie sich fragen müßten, ob solches auch mit ihren Töchtern geschehen könnte. Hier wird die Staatsgewalt tätig werden. Wenn sie den Abenteurern irgendwie ein plausbles Motiv unterstellen kann, dem Händler schaden zu wollen, dann würde das wohlfeil alles erklären. Wenn nicht, wird man tendenziell andere externe Schuldige finden, die dummerweise die Leiche in dem Faß quasi vergessen hätten, bzw. offensichtlich das falsche Faß an den falschen Kunden ausgeliefert hätten.

Eventuell könnte der Priester, der den Geist ausgetrieben hat, doch helfen. Er wird - so stelle ich mir das vor - in seiner Kugel schon gesehen haben, was er ausgetrieben hat, und hat damit eine Verbindung zwischen Leiche, Ort und Geist. Er weiß auch, daß Geister nicht ohne Grund entstehen (die Leiche dürfte auch recht klar andeuten, warum es einen Geist gab). Und das Wort eines Xan-Priesters, zumal eines ortsansässigen, hat Gewicht. Das wäre die einzige Schiene, über die ich mir eine Verurteilung vorstellen könnte.

 

Ein milderes Urteil durch Bestechung halte ich in Alba für relativ unwahrscheinlich. So etwas paßt eher in die Küstenstaaten. Wenn ein Laird davon überzeugt ist, daß jemand ein todeswürdiges Verbrechen begangen hat, dann wird er den nicht gegen Geld laufen lassen, so hoch ist der Stellenwert des Geldes nicht für ihn.

Allerdings könnte es im beschriebenen Fall möglich sein, daß der Händler sich, sieht er einen Schuldspruch kommen, heraus reden wird, er sei von einer Hexe, Wycca, Samiel u.a.m. besessen gewesen. Dann haben auch seine Leumundszeugen weniger Probleme. Er würde sich dann einer Austreibung unterziehen, Wergeld könnte er zahlen müssen (in Ermangelung von Verwandten des Opfers würde wohl der Laird "einspringen"), und vielleicht würde man ihn auch temporär verbannen. Dann wäre ja derjenige, der in Zukunft in der Stadt bleiben würde, eigentlich sozusagen unschuldig...

 

A propos verbannen - die Abenteurer werden sicher nicht bis ans Ende ihrer Tage in Maris bleiben. Vielleicht kommt besagter Händler irgendwann dazu, zu sagen "bin schon da"...

 

Es wurde ja schon ausgeführt, daß Macht über Menschen kein 100% verläßliches Meßinstrument ist. Von plumpen Fragen à la "hast Du ihn ermordet" mal abgesehen (und die können bei mutiplen Persönlichkeiten, Besessenen, vielleicht auch Schlafwandlern usw auch scheitern) wird auch sehr schnell die "ja/nein"-Einschränkung ein wesentlicher Faktor.

Vor allem aber - welcher Laird würde sich in dieser Weise von den Zauberern abhängig machen? Wenn er in so entscheidender Weise auf sie angewiesen wäre - würden die dann nicht alle möglichen Forderungen stellen? Wie lange dauert es dann noch, bis der Zauberer dem Laird sagt, wenn er beim nächsten Gerichtstag nicht allein dastehen wolle (und sein Volk sich ungeschützt fühlen müßte), dann solle er ihm jetzt aber ganz fix fünf Liter Menschenblut und dreizehn linke Krötenzehen besorgen, dalli dalli. Da verläßt sich der Laird lieber auf seine Menschenkenntnis und seine Leumundszeugen.

Außerdem: wer weiß, was der Zauberer alles macht, wenn er einen - ja auch durchaus einmal Unschuldigen - unter MÜM hat? Klar, man sollte seinem Hofzauberer vertrauen, aber man sollte auch seinem Nachbarlaird vertrauen können, und seinem König, und dessen Onkel, und überhaupt. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.

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