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Artikel: Gasthaus "Zum fröhlichen Auftraggeber"


Ithilwen

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Geschrieben

Das Gasthaus Zum fröhlichen Auftraggeber* ist ein ganz und gar einzigartiges Gasthaus an einer ganz und gar durchschnittlichen Straße in Alba. Von außen fällt zunächst das Schild auf, das über dem Eingang hängt: Darauf ist eine schwarzgekleidete Kapuzengestalt zu sehen, die gerade einen Beutel Gold auf einen Tisch ausleert. Das Gold scheint tatsächlich zu funkeln, sollte mal einer der in Alba seltenen Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brechen. Schaut man sich das ganze näher an, kann man jedoch keine Ursache dafür entdecken.

 

Auch die Form des Hauses ist sehr auffällig - zunächst mal ist es ungewöhnlich hoch, der Betrachter kann überirdisch vier Stockwerke zählen. Des Weiteren gibt es im Erdgeschoss und im ersten Stock kaum 2m am Stück gerade Wände, überall sind kleine Ecken und Ausbuchtungen in den Wänden. Erst der zweite Stock hat eine rechteckige Grundfläche. Von innen kann man auch erkennen, woran das liegt: Aus der Schankstube führen zwei Türen hinaus, durch eine gelangt man zu einer Treppe, die erst in den zweiten Stock führt, bevor sich eine weitere Tür zu einem Flur mit den Zimmern öffnet. Der andere Ausgang aus dem Schankraum führt auf einen Flur mit zahlreichen Abzweigungen sowie Wendeltreppen nach unten und nach oben. Überall an den Wänden sind Wegweiser angebracht mit Aufschriften wie "Hinterzimmer (4 Personen)", "Hinterzimmer (Mercator, 1 Person)", "Hinterzimmer mit Fluchtmöglichkeit (5 Personen)", "dunkle Ecke (3 Personen)", "besonders dunkle Ecke (2 Personen)" oder "Folterkammer - Benutzung mit Wissen des Personals verboten". Der jeweils letzte Wegweiser bevor einer der Orte erreicht wird hat einen Zeiger, der auf "besetzt" oder "frei" gestellt werden kann.

 

Die Hinterzimmer sind alle im ersten Stock. Es handelt sich um gemütlich eingerichtete Zimmer mit wenigstens einem Fenster, Sesseln, Sofas, niedrigen Tischen und ein paar Schreibmaterialien. Auf den Tischen steht eine Schale mit Keksen sowie einige Gläser und verschiedene Getränke.

 

Das Hinterzimmer (Mercator) ist im großen und ganzen leer. An einer der Wände befindet sich eine Theke, die allerdings direkt an die Wand anschließt, sodass niemand hinter der Theke stehen kann. Auf der Theke steht eine Klingel. Haut man darauf, gibt sie zwar keinen Ton von sich, doch augenblicklich wird ein heptagonförmiger Bereich der Wand hinter der Theke durchsichtig und man blickt in den Laden des Mercators.

 

Die Hinterzimmer mit Fluchtmöglichkeit sind zum Teil im Erdgeschoss und zum Teil im ersten Stock. Sie sehen ähnlich aus wie die Hinterzimmer, allerdings hängt neben jedem Fenster ein Hammer, auf dem Fenster ist ein roter Punkt angebracht und daneben ein Schild mit der Aufschrift "Bei Bedarf hier einschlagen!" Vor den Fenstern im ersten Stock hängt zudem ein Seil, an dem man herunterklettern kann.

 

Sämtliche dunklen Ecken befinden sich im Erdgeschoss. Es ist üblich, dass sich der Auftraggeber dort zuerst einfindet. Je nach angegebener Personenanzahl befinden sich entsprechend viele Stühle in der Ecke, sowie ein kleiner Tisch. Fenster gibt es keine. In einer Fackelhalterung an der Wand befindet sich eine brennende Fackel, die unruhig flackert und die Schatten noch zu vertiefen scheint. Daneben hängt ein Schild mit der Aufschrift "Diese Ecke ist Euch noch zu hell? Dann versucht es einmal mit einer unserer besonders dunklen Ecken!", gefolgt von einer kurzen Wegbeschreibung zur nächsten

besonders dunklen Ecke.

 

Besonders dunkle Ecken sind alle im Keller. Hier ist überhaupt kein Licht, sieht man von der einzelnen Kerze ab, die sich vor der letzten Biegung befindet und hauptsächlich dazu dient, dass man erahnen kann, in welcher Richtung der Ausgang liegt.

 

Die Folterkammer ist, wie der Name schon sagt, eine Folterkammer. Sie beinhaltet alle Geräte, die sich ein Folterknecht wünschen könnte. Alles ist erstaunlich sauber, es macht fast den Eindruck, als sei sie noch nie benutzt worden - möglicherweise liegt das an dem Verbot, die Folterkammer mit Wissen des Personals zu benutzen.

 

Der Wirt Joran ist ein ganz und gar gewöhnlicher pensionierter Grad 15 Glücksritter, also ein überaus eigensinniger Kerl, der das Abenteurerleben sehr gut kennt und genau weiß, mit was für Problemen man sich dabei so herumschlagen muss. Er hat das Glück, eine Halblingsdame seine Köchin nennen zu dürfen, und seine Bedienungen sind allesamt sehr hübsche junge Frauen. Einige sieht man an, dass sie von weit her kommen, sie sprechen jedoch alle Albisch und scheinen im flirten sehr trainiert zu sein. Joran ist schon etwas in die Jahre gekommen, seine Halbglatze wird von einem Halbkreis aus "schwarzen Haaren mit leichtem Grauschimmer" begrenzt, wie er es gerne nennt, und sein ehemals wohl ebenfalls schwarzer Schnurrbart hat auch einen "leichten Grauschimmer". Tatsächlich handelt es sich eher um graue Haare mit einem leichten schwarzen Schimmer - das sagt man dem guten Joran aber besser nicht ins Gesicht. Am besten spricht man im gesamten Gasthaus nicht über seine Haarfarbe, denn er hat trotz seines hohen Alters noch ein sehr feines Gehör, und man weiß nie so recht, wann und wo er als nächstes auftaucht. Er scheint auch überall zugleich zu sein, manch einer hat schon die Vermutung geäußert, dass er wenigstens einen Zwillingsbruder hat, der sich ebenfalls ständig im Gasthaus aufhält. Joran hat einen gedrungenen Körperbau und ist nicht sonderlich groß. Seine Kleidung wirkt immer, als sei er gerade von der Straße hereingekommen und habe sich den Staub der Reise noch nicht abgewaschen. Dem völlig ausgeblichenen Hemd kann man ansehen, dass es früher einmal sehr bunt gewesen sein muss -- bei denen, die ihn schon lange kennen, heißt es, er sei einmal als Gaukler durch die Lande gezogen. Das ist auch nicht schwer zu glauben - er erweist sich als sehr geschickt, wenn man ihn eine zeitlang beobachtet, was allerdings nicht besonders einfach ist, da er immer wieder plötzlich zu verschwinden und woanders aufzutauchen scheint.

 

Im Schankraum fällt auf, dass das Mobiliar aus sehr unterschiedlichen Bänken, Stühlen und Tischen besteht. Hat man das Glück, in einer Neumondnacht im fröhlichen Auftraggeber zu gastieren, so kommt man schnell dahinter, warum hier so unterschiedliche Möbel stehen, denn dann kommt man in den Genuss der monatlichen Kneipenschlägerei. Viele Abenteurer werden allein dadurch angelockt, denn es handelt sich vermutlich um das einzige Gasthaus in ganz Alba - wenn nicht sogar auf ganz Midgard - in dem man keinen angerichteten Schaden bezahlen muss, nachdem es eine Schlägerei gab. Allerdings gibt es auch meist keinen angerichteten Schaden, denn pünktlich zum Beginn der Schlägerei (Neumond, sobald die Sonne den Horizont berührt) erwachen die Möbel zum Leben und weichen jedem aus, der ihnen Schaden zufügen will oder mit ihnen jemand anderem Schaden zufügen will. Das stachelt die Schlägerei meist erst recht an, denn die Stühle rennen auf der Flucht vor einem Angreifer des öfteren einen bis dahin friedlichen Beisteher um. Geht doch eines der Möbelstücke zu Bruch, steht am nächsten Morgen ein anderes an seiner Stelle, ohne das jemand wüsste, woher es kommt. Ob Joran selbst es weiß, ist nicht geklärt.

 

Neben den vielen unterschiedlichen Möbeln fällt auch die große Anzahl an Kaminen auf - ganze sechs Stück sind an den drei Außenwänden verteilt und verbreiten im ganzen Raum Wärme, die nasse Kleider schnell trocknen und durchgefrorene Glieder auftauen lässt.

 

Auch wenn es keine Kneipenschlägerei gibt, ist im Schankraum immer viel los. An einem großen Tisch wird zu jeder Tages- und Nachtzeit irgendeine Art von Glücksspiel betrieben. Auftraggeber und Abenteurer aus ganz Alba und sogar von noch weiter her kommen hier zusammen. Für Auftraggeber ist dieses Gasthaus besonders attraktiv, da Joran jeden in seinem Haus vergebenen Auftrag mit 10% des versprochenen Gewinns bezuschusst. Joran errichtete dieses Gasthaus aus Mitgefühl für all seine "Brüder und Schwestern in der weiten Welt", wie er gerne erzählt, denn er weiß ja, wie schwer man es als Abenteurer hat. Woher das Geld dafür kam, weiß niemand so genau, es wird jedoch von einem Drachenschatz gemunkelt. Das besondere an seinem Gasthaus ist, dass jeder Abenteurer, der einen Auftrag sucht, auch einen erhält. Im seltenen Fall, dass bereits alle Aufträge vergeben sind, denkt sich Joran selbst einen Auftrag aus, für den er dann selbstverständlich auch eine Belohnung auszahlt. Was das für ein Auftrag ist, weiß man vorher nie - er hat angeblich schon Leute beauftragt, ihm einen Wagen zu besorgen, der auch schwimmen und fliegen kann, Lyakon zu töten, oder ihm eine Wolke einzufangen. Dafür verspricht er allerdings fürstliche Belohnungen. Ein weiterer Auftrag, der von ihm sehr häufig vergeben wird, ist das Anschaffen neuer Bedienungen - auf freiwilliger Basis, versteht sich.

 

*Der Name des Gasthauses ist dem "Scheißadventure" von Patrick Baudisch und Ernst Joachim Preussler entnommen. Tatsächlich handelt es sich aber um ein anderes Etablissement.

 

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