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Authentizität & Anachronismen


dabba

Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

Wer auf einen Mittelaltermarkt oder einen LARP-Con mit einer Gewandung geht, die aus Baumwoll-Schnürhemd, Lederhose, Schwert und Trinkhorn besteht, der läuft Gefahr, dass die eigene Kleidung als "völlig unauthentisch" geschmäht wird. Er könnte aber andererseits auch Besuchern über den Weg laufen, die die Gewandung für "typisch mittelalterlich" halten. Vielleicht wurde sie ihm vom Online-Händler sogar als Mittelalter-Kleidung verkauft?

Bei uns Würfel-Rollenspielern gibt es dieses Thema zwar nicht im Kleiderschrank, wohl aber im Kopf. Fantasy-Welten wie Midgard haben einerseits offensichtlich unrealistische Elemente wie Magie, Fabelwesen und eine eigene Geografie. Aber sie orientieren sich inhaltlich dennoch häufig am Mittelalter.

Sie sind da aber in Details historisch häufig nicht korrekt. Auf Midgard gibt es Waffen und andere Erfindungen, die in der realen Geschichte erst in der frühen Neuzeit erfunden wurden. Diese wird ohnehin vom Volksmund gerne mit dem Mittelalter in einen Topf geworfen. Viele Fantasy-Welten inkl. Midgard versuchen auch gar nicht, eine konkrete Zeit der irdischen Geschichte abzubilden. Sie sind eine bunte Mischung aus Frühmittelalter, Hochmittelalter, Spätmittelalter und früher Neuzeit. Alles zwischen Antike und Industrialisierung passt irgendwie in den Brei hinein. Dazu kommt, dass nicht jeder Autor, Illustrator, Spielleiter und Spieler fundiertes historisches Wissen hat, und/oder dieses Wissen bewusst dehnt; zwecks künstlerischer Freiheit oder um mit Klischees zu spielen. Da trinkt der Albai seinen Tee, denn er ist ja gefühlt eigentlich eine Art Engländer. ;)

Wie handhabt Ihr es?

Achtet Ihr bewusst darauf, dass in Euren Fantasy-Rollenspiel-Abenteuern und -Hintergrund-Geschichten zwar fantastische, aber keine anachronistischen Details vorkommen?
Lasst Ihr Sätze wie "Das gab es damals noch nicht!" oder "Das war damals halt so!" am Spieltisch gelten?
Stört Euch der Versicherungsvertreter in Cranachâught? :cheesy:

PS: Der Mittelaltermarkt-Besucher vom Anfang hat sich übrigens herausgeredet mit den Worten "Wir haben hier auf dem Markt auch keine authentischen Krankheiten und keinen authentischen Dreck auf den Straßen!" :rueckzug:

 

Bearbeitet von dabba
Geschrieben

Das Problem kenne ich und ich finde es auch unschön, wenn unpassende Kombinationen gewählt werden. Mir ist ein stimmiges Gesamtbild wichtiger als rein auf Funktion optimierte Zusammenstellungen. Ich denke da an den - so in der eigenen Gruppe gesehenen - Magister (aus einem den Küstenstaaten sehr ähnlichen Land). Seine Hauptwaffe ist das Rapier; eine Waffe, die hauptsächlich auf den schnellen Stich ausgelegt ist. Dies - zusammen mit der Fertigkeit Fechten - widerspricht meiner Ansicht nach mit der Kombination mit einem kleinen Schild als Verteidigungswaffe. Schilde sind nunmal nicht geeignet für diese Kombination. Hätte er stattdessen einen Buckler oder Parrierdolch genommen, wäre das wesentlich passender. Als Fernwaffe verwendet er eine Schleuder, die deswegen genommen wurde, um damit Zaubersalzpäckchen zu verschiessen. Eine Schleuder ist aber eher was für einen Charakter vom Dorf oder Land - und nicht für einen gelehrten Conquistador. Da wäre eine leichte oder Hand-Armbrust passender gewesen, doch dafür muss man ja Munition mitschleppen. Steine für die Schleuder findet man aber überall. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, trägt der Charakter ein Diadem der Macht. Dass so ein Prinzessinnen-Krönchen einen gestandenen Mann nicht wirklich ziert, ist da nur Nebensache. Der Rest der Gruppe tut sich schwer damit, so jemanden als Anführer zu akzeptieren, der daher kommt wie ein im Sozialkaufhaus eingekleideter Clown.

Sowohl als Spieler wie auch als Spielleiter versuche ich, Anachronismen zu vermeiden. Ich finde es ja schon unpassend, wenn in Alba eine Abenteurergruppe unterwegs ist, die ausschließlich aus Elfen, Zwergen, Gnomen und Halblingen besteht. Wenn so ein "Zoo" in ein albisches Dorf kommt, das zu 99% mit Menschen bevölkert ist, werden diese Abenteurer Schwierigkeiten haben, sich mit der Bevölkerung gemein zu machen. Ein Untertauchen in der Masse ist da nicht möglich. Ich wurde ja schon als fieser Spielleiter angesehen, weil ich einen weiblichen Zentauren als albischen Spielercharakter nicht zugelassen habe...

Geschrieben

Hallo!

Ich habe ein Verständnis und eine Vorstellung von der Welt Midgard, die maßgeblich von den offiziellen Publikationen geprägt ist. In diesem Rahmen bewege ich mich als Spieler und Autor. Als Spielleiter hingegen ist es wichtig, zusammen mit den Spielern eine gemeinsame Vorstellung von der Welt zu entwickeln. Dabei gibt es sicherlich Grenzen, die ich nicht überschreiten möchte, aber in vielen Graubereichen bin ich auch gerne bereit, Zugeständnisse zu machen, wenn sie für das Rollenmodell einer Spielerfigur notwendig sind. Serdos Beispiel mit dem Magister wäre für mich genau ein solcher Graubereich (sogar ein relativ heller).

Mit freundlichen Grüßen, Fimolas!

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Geschrieben (bearbeitet)

Ich halte das wie Fimolas. 

Und mit einem Versicherungsvertreter habe ich keine Probleme. Ich kenne zwar Chrana... nicht, aber im Forumsprojekt Atha Cliath habe ich im August 2008 schon einen Versicherungsvertreter als NPC Bewohner kreiert. Ich scheine also fortschrittlich, zumindest was Berufszweige angeht.

Bearbeitet von Einskaldir
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Geschrieben

bei mir sind die Grenzen auch ziemlich individuell. Wenn ich immer von den großartigen Bibliotheken mit den vielen Räumen und unzähligen Büchern höre, ist das zwar historischer Bullshit, aber im Rahmen einer Fantasywelt ok. Genauso bei Gasthäusern überall in Alba, schriftlichen Aushängen und ähnlichen Anachronismen. Der Versicherungsvertreter wäre für dagegen ein Bruch, den ich nicht akzeptieren würde - da seh ich sofort jemanden im modernen grauen Anzug mit Aktenkoffer vor mir und die Spielwelt ist beim Teufel.

Pratchett ist für mich übrigens ein gutes Beispiel dafür, was ich in einer klassichen P&P Welt alles nicht haben will. Als geschlossener Kosmos mögen die Bücher funktionieren und es sind auf jeden Fall eine irre Menge origineller Ideen drin - als ernsthafte Spielwelt aber taugt sie in meinen Augen nicht.

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Geschrieben

Hallo Bro!

vor 8 Stunden schrieb Bro:

Versicherungsvertreter gibt es im Fantasybereich doch schon seit Pratchetts Colour of Magic mit Twoflower.

Nicht jeder kann Midgard und Pratchett unter einem Hut vereinen, nur weil beides unter Fantasy fällt. Es liegt in der Natur der Literaturgattung, dass sich die Bandbreite nur durch die Fantasie beschränken lässt.

Dennoch bleibt es eine individuelle Geschmackssache. Der Versicherungsvertreter erscheint mir nicht allein dadurch passender, weil mir am Spieltisch ein Spieler aufzeigen kann, dass es diesen doch in anderen Fantasywelten gibt. Ich spiele ja gerade nicht in anderen Fantasywelten, sondern auf Midgard. In den Scheibenwelten hätte ich wiederum kein Problem damit.

Es mag auch noch nicht einmal an dem Beruf selbst liegen, sondern mehr an der Bezeichnung, die bei mir ähnliche Assoziationen wie bei Blauem Feuer hervorruft. Mit einer stimmigen Namensgebung und einem leicht verschobenen Konzept mag mir die Idee einer Person, die auf den Ausgang eines gefährlichen Unternehmens, die Dauer der Benutzbarkeit eines Pferdegespanns oder das Erreichen eines bestimmten Lebensjahres wettet, durchaus spannend und interessant vorkommen.

Liebe Grüße, Fimolas!

Geschrieben (bearbeitet)

Das Bezeichnungsproblem versucht der Marktsprech, also der Mittelaltermarkt-Jargon, zu vermeiden, indem er nicht die aktuell üblichen deutschen Fremdwörter verwendet, sondern sie durch eine ältere oder pseudo-ältere Alternative ersetzt. Da wird die Information zur Informātio und das Papier zum Pergament. So ähnlich wie bei Midgard der Jurist zum Rechtsgelehrten wird. Den Versicherungsvertreter findet man auf dem Mittelaltermarkt eher selten. Gäbe es ihn, wäre er vielleich ein Anbieter von Assekuranzen der Corrinischen Feuerkasse. :cheesy:

Zumal das Konzept einer Versicherung tatsächlich schon vor der Neuzeit umgesetzt wurde.

 

13 hours ago, Serdo said:

Sowohl als Spieler wie auch als Spielleiter versuche ich, Anachronismen zu vermeiden. Ich finde es ja schon unpassend, wenn in Alba eine Abenteurergruppe unterwegs ist, die ausschließlich aus Elfen, Zwergen, Gnomen und Halblingen besteht. Wenn so ein "Zoo" in ein albisches Dorf kommt, das zu 99% mit Menschen bevölkert ist, werden diese Abenteurer Schwierigkeiten haben, sich mit der Bevölkerung gemein zu machen. Ein Untertauchen in der Masse ist da nicht möglich.

Na gut, das kann man in einem kleinen Dorf ohnehin passieren. Da könnten die Abenteurer ohnehin als "Durchreisende aus fernen Landen mit einer seltsam Berufung" wahrgenommen werden, denn die Dorfbewohner kennen sich untereinander. Da als Gast unterzutauchen ist auch mit einem Standard-Menschen-Gesicht kaum möglich.

Wenn sich jemand bewusst schief kleidet, um regeltechnische Vorteile mitzunehmen, könnte man das als Spielleiter mit Abzügen auf Sozialfertigkeiten belegen. Muss man aber nicht.

Bearbeitet von dabba
  • Like 2
Geschrieben

Pratchett zu lesen bereitet mir viel Spaß. Das macht richtig Laune. Aber im Rollenspiel finde ich die Umsetzung von solchen "lustigen Ideen" kontraproduktiv. Denn für die Charaktere in der aktuellen Situation sind diese Idee alles andere als lustig. Nehmen wir die schon fast zur Ikone gewordenen Truhe. Die ist einfach super im Roman! Aber wenn man sich in der Situation vorstellt, dass sie jemanden FRISST, der unberechtigt in ihr stöbern will, dann ist das nicht mehr lustig, sondern ein Blut gewordener Alptraum im Stile des Texas Kettensägenmassakers. Das wirklich zu sehen, löst keinen Lachanfall aus, sondern ein posttraumatisches Belastungssyndrom.

Im Tischrollenspiel mag man leichter über Anachronismen hinwegsehen können, aber gerade im Liferollenspiel, wo solche Sachen wie der Freiherr ohne Gefolge, dafür in Pannesamt-Piratenhemd und Schnürlederjeans einfach Augenkrebs verursachen, reißt mich so etwas einfach aus der Immersion. Und das regt mich auf. Tatsächlich bin ich in den 30 Jahren Tischrollenspiel bzw. 25 Jahren Liferollenspiel immer sensibler solchen Sachen gegenüber geworden. Anstatt diese Anachronismen ignorieren und tolerieren zu können, verliere ich die Immersion und rege ich mich darüber auf. Es ist ungefähr so: Wenn Kinder sich zu Hause aus Pappkarton Rüstungen bauen und Ritter spielen, dann ist das voll in Ordnung und passt. Wenn ich aber ins Kino gehe und mir Herr der Ringe anschaue, dann will ich in den Schlachtszenen Metallrüstung und Metallschwerter sehen - und keinen Pappkarton.

Geschrieben

Spannend. Ich glaube, ich versuche, im Rahmen meiner begrenzten Kenntnisse authentisch zu arbeiten, allerdings müssen wir in Betracht ziehen, dass rein in der Spielwelt schon im einen Abenteuer etwas aus einem Schauplatz in der Antike oder gar Steinzeit mitgenommen und wenig später in der Renaissance eingesetzt werden kann. 

Sollte ich jemandem Augenkrebs verursachen, so bitte ich um freundliche Mitteilung und werde dann sehen, was ich wie umformuliere. 

Die Anfänge eines z. B.  Rückversicherungsgeschäfts gab es doch mindestens schon in der Hanse, wahrscheinlich schon bei den Phöniziern? Halt überall, wo es entsprechend zu teilende Risiken gab. Natürlich nicht für die Masse, die hatten nicht das Geld. Wenn das an bestimmten Orten auf Midgard anders sein sollte, wäre es aber logisch möglich. Ebenso der „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“ a. k. a. Zunft - und dann postuliere man eben dazu noch einen findigen Verkäufer...

Geschrieben
Am 30.8.2019 um 18:22 schrieb Serdo:

Das Problem kenne ich und ich finde es auch unschön, wenn unpassende Kombinationen gewählt werden. Mir ist ein stimmiges Gesamtbild wichtiger als rein auf Funktion optimierte Zusammenstellungen. Ich denke da an den - so in der eigenen Gruppe gesehenen - Magister (aus einem den Küstenstaaten sehr ähnlichen Land). Seine Hauptwaffe ist das Rapier; eine Waffe, die hauptsächlich auf den schnellen Stich ausgelegt ist. Dies - zusammen mit der Fertigkeit Fechten - widerspricht meiner Ansicht nach mit der Kombination mit einem kleinen Schild als Verteidigungswaffe. Schilde sind nunmal nicht geeignet für diese Kombination. Hätte er stattdessen einen Buckler oder Parrierdolch genommen, wäre das wesentlich passender. Als Fernwaffe verwendet er eine Schleuder, die deswegen genommen wurde, um damit Zaubersalzpäckchen zu verschiessen. Eine Schleuder ist aber eher was für einen Charakter vom Dorf oder Land - und nicht für einen gelehrten Conquistador. Da wäre eine leichte oder Hand-Armbrust passender gewesen, doch dafür muss man ja Munition mitschleppen. Steine für die Schleuder findet man aber überall. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, trägt der Charakter ein Diadem der Macht. Dass so ein Prinzessinnen-Krönchen einen gestandenen Mann nicht wirklich ziert, ist da nur Nebensache. Der Rest der Gruppe tut sich schwer damit, so jemanden als Anführer zu akzeptieren, der daher kommt wie ein im Sozialkaufhaus eingekleideter Clown.

Der kleine Schild ist nach Regeln explizit für die Verwendung mit Fechten vorgesehen [KOD 111] und das Diadem der Macht ist ein offizieller magischer Gegenstand [ARK 185], der unter anderem die pA auf 100 steigert und zwar unabhängig vom Geschlecht. Mir gefallen diese Kombinationen (oder z.B. Dolch mit großem Schild) auch nicht, aber jemanden dafür abzuwerten, dass er nach den Regeln spielt, halte ich dann doch für überheblich.

Liebe Grüße
Saidon

  • Like 1
Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Saidon:

Der kleine Schild ist nach Regeln explizit für die Verwendung mit Fechten vorgesehen [KOD 111] und das Diadem der Macht ist ein offizieller magischer Gegenstand [ARK 185], der unter anderem die pA auf 100 steigert und zwar unabhängig vom Geschlecht. Mir gefallen diese Kombinationen (oder z.B. Dolch mit großem Schild) auch nicht, aber jemanden dafür abzuwerten, dass er nach den Regeln spielt, halte ich dann doch für überheblich.

Liebe Grüße
Saidon

Serdo hatte doch geschrieben, dass es regeltechnisch geht und von dieser Warte nichts dagegen spricht - Überheblichkeit vorzuwerfen, weil eine solche Kombination als unpassend empfunden wird und die eigene Immersion stört empfinde ich als befremdlich.

  • Like 2
Geschrieben

Das Diadem der Macht ist noch eine andere Baustelle.

Wenn man das genau arkanalysieren möchte, stellte sich die Frage, wie ein Diadem der Macht genau aussieht/wirkt. Wenn da einfach nur ein "Mann mit Krönchen" zu sehen wäre, hätte der Verzauberte (also nicht der Betrachter, sondern der Träger) keine pA von 100. Aus irgendeinem Grund wirkt jemand mit dem Ding extrem beeindruckend, egal wer es trägt.

Geschrieben (bearbeitet)

So ein Diadem ist ja vlt. nichts weiter als ein opulenteres "haar aus der stirn"halter, besonders prominent präsentiert von kurzgeschorenen oder glatzköpfigen 😉

Am 30.8.2019 um 18:22 schrieb Serdo:

Ich denke da an den - so in der eigenen Gruppe gesehenen - Magister (aus einem den Küstenstaaten sehr ähnlichen Land). ...Als Fernwaffe verwendet er eine Schleuder, die deswegen genommen wurde, um damit Zaubersalzpäckchen zu verschiessen. Eine Schleuder ist aber eher was für einen Charakter vom Dorf oder Land - und nicht für einen gelehrten Conquistador. 

Und wenn er

- als Stand Volk oder niedriger ist, hat er wohl eher seit Kindesbeinen geschleudert.

- seit Kindesbeinen an mitbekommen hat, wie

- -effizient ein berühmter Magiste schleudert und diesem nacheifert?

- -(fällt bei küstenstaaten flach) bescheiden/arbeitsaufwändig Sehnen in feuchten Umgebungen sind und genau diese zu erforschen plant?

 

 

Wenn sich der Mitspieler wenigstens etwas Mühe mit seinem Hintergrund gemacht hat, finde ich gerade auf Effizienz getrimmte "abstruse" Kombinationen eher bereichernd.

Bearbeitet von seamus
Geschrieben
vor 5 Stunden schrieb Blaues_Feuer:

Serdo hatte doch geschrieben, dass es regeltechnisch geht und von dieser Warte nichts dagegen spricht - Überheblichkeit vorzuwerfen, weil eine solche Kombination als unpassend empfunden wird und die eigene Immersion stört empfinde ich als befremdlich.

Ich habe Serdos Beitrag jetzt noch zweimal gelesen und finde nichts davon, dass es regeltechnisch ginge oder dass aus irgendeiner Warte nichts dagegen spräche. Magst du mir vielleicht die entsprechenden Stellen zitieren, damit ich weiß, was du meinst?

Liebe Grüße
Saidon

Geschrieben
vor 56 Minuten schrieb dabba:

Das Diadem der Macht ist noch eine andere Baustelle.

Wenn man das genau arkanalysieren möchte, stellte sich die Frage, wie ein Diadem der Macht genau aussieht/wirkt. Wenn da einfach nur ein "Mann mit Krönchen" zu sehen wäre, hätte der Verzauberte (also nicht der Betrachter, sondern der Träger) keine pA von 100. Aus irgendeinem Grund wirkt jemand mit dem Ding extrem beeindruckend, egal wer es trägt.

Ich vermute, es ist eher das schmale Stirnband aus der Antike als das Prinzessinnenkrönchen der Moderne - womit wir wieder beim Thema Anachronismen wären... ;)

Siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Diadem

Liebe Grüße
Saidon

Geschrieben

 

Am 31.8.2019 um 06:37 schrieb Fimolas:

Hallo Bro!

Nicht jeder kann Midgard und Pratchett unter einem Hut vereinen, nur weil beides unter Fantasy fällt. Es liegt in der Natur der Literaturgattung, dass sich die Bandbreite nur durch die Fantasie beschränken lässt.

Dennoch bleibt es eine individuelle Geschmackssache. Der Versicherungsvertreter erscheint mir nicht allein dadurch passender, weil mir am Spieltisch ein Spieler aufzeigen kann, dass es diesen doch in anderen Fantasywelten gibt. Ich spiele ja gerade nicht in anderen Fantasywelten, sondern auf Midgard. In den Scheibenwelten hätte ich wiederum kein Problem damit.

Bezogen auf den Versicherungsvertreter, habe ich auch nur ein Problem mit dem Namen. Gefahrengemeinschaften existierten schon im Altertum, um Schadensausfälle von Händlern oder die Begräbniskosten von Personen zu tragen. Daher läuft der Beruf eher auf einen Verwalter einer solchen Gefahrengemeinschaft hinaus.

Geschrieben
vor 5 Stunden schrieb seamus:

Wenn sich der Mitspieler wenigstens etwas Mühe mit seinem Hintergrund gemacht hat, finde ich gerade auf Effizienz getrimmte "abstruse" Kombinationen eher bereichernd.

Da bin ich ganz bei Dir. Mit Hintergrund lässt sich sehr viel unterfüttern und glaubhaft darstellen. Ich fände es großartig, wenn er eine verschwurbelte Geschichte dazu erdacht und kommuniziert hätte. Aber genau da liegt die Crux: Der Mitspieler macht sich keinerlei Mühe. Er sieht das komplett gameistisch.

Beispiel: Ich war Spielleiter und die Gruppe stieg in eine Drachenhöhle ein. Sie fanden ein Gelege mit vielen Eiern, jedes ca. Straußenei-groß. Da sie etwas angeschlagen waren und keine Heilmöglichkeiten dabei hatten, probierte ein Spieler eines der Eier. Nun, ich hatte da nicht vorher an diese Möglichkeit gedacht und ließ einen Glückswurf entscheiden: Ja, die Dracheneier hatten heilende Wirkung beim Verzehr. Gute Idee! Aber wie bei Zaubermitteln (aka Heiltränken) so üblich: Man muss die ganze Portion verbrauchen, damit man in den Genuss der Wirkung kommt! Und das bedeutet bei einem Drachenei umgerechnet ca. 30 Hühnereier. Guten Hunger! Eine Viertelstunde später kam es zu einem Kampf und man nahm Schaden. Also wollte sich der Magister noch ein Drachenei reinpressen (von Essen kann da nicht mehr die Rede sein...). ALLE am Tisch waren der Ansicht, dass das einfach nicht mehr geht. Der Magen war voll. Aber der Spieler forderte vehement einen Wurf auf Willenskraft ein, damit sich der Charakter sich das rohe (!) Drachenei reinknören könne. Frei nach dem Motto: "Das ist das Äquivalent zu einem Heiltrank, also nehme ich den jetzt." Der Rest der Spieler und meine Wenigkeit saß nur noch kopfschüttelnd da. Für den Magisterspieler zählt nur die Spielmechanik, nicht die Stimmigkeit der Spielwelt. Und das rupft mich jedesmal aus meiner Immersion.

Geschrieben

Hallo Lemeriel!

vor 7 Stunden schrieb Lemeriel:

Bezogen auf den Versicherungsvertreter, habe ich auch nur ein Problem mit dem Namen. Gefahrengemeinschaften existierten schon im Altertum, um Schadensausfälle von Händlern oder die Begräbniskosten von Personen zu tragen. Daher läuft der Beruf eher auf einen Verwalter einer solchen Gefahrengemeinschaft hinaus.

Ich teile Deine Ansicht weitgehend, weshalb ich nicht verstehe, warum Du den zustimmenden Teil meiner Aussage im Zitat herausgekürzt hast:

Am 31.8.2019 um 06:37 schrieb Fimolas:

Es mag auch noch nicht einmal an dem Beruf selbst liegen, sondern mehr an der Bezeichnung, die bei mir ähnliche Assoziationen wie bei Blauem Feuer hervorruft. Mit einer stimmigen Namensgebung und einem leicht verschobenen Konzept mag mir die Idee einer Person, die auf den Ausgang eines gefährlichen Unternehmens, die Dauer der Benutzbarkeit eines Pferdegespanns oder das Erreichen eines bestimmten Lebensjahres wettet, durchaus spannend und interessant vorkommen.

Der Versicherungsvertreter erscheint vor meinem inneren Auge unmittelbar als anzug- und koffertragender Klinkenputzer eines Unternehmens, das den spröden Charakter staubgrauer Bürozeilen mit sich bringt. Allein der Begriff "Vertreter" versprüht einen Charme zwischen Vorwerk, Brockhaus und Zeugen Jehovas. Das passt einfach nicht in meine Vorstellung von Midgard.

Liebe Grüße, Fimolas!

Geschrieben
6 hours ago, Serdo said:

Für den Magisterspieler zählt nur die Spielmechanik, nicht die Stimmigkeit der Spielwelt. Und das rupft mich jedesmal aus meiner Immersion.

Ich glaube, das ist mehr das Problem als die Vermischungen selbst. Dieser Mitspieler könnte Dich wahrscheinlich auch mit einer historisch vollkommen konsistenten Figur auf die Palme bringen. 

Geschrieben

 

vor 11 Stunden schrieb Lemeriel:

 

Bezogen auf den Versicherungsvertreter, habe ich auch nur ein Problem mit dem Namen. Gefahrengemeinschaften existierten schon im Altertum, um Schadensausfälle von Händlern oder die Begräbniskosten von Personen zu tragen. Daher läuft der Beruf eher auf einen Verwalter einer solchen Gefahrengemeinschaft hinaus.

das ist mir völlig klar. Trotzdem gab es keine Versicherungsvertreter, die mit Aktenköfferchen herumgelaufen sind und den Leuten Hausrats-, Lebens- oder Schiffsversicherungen verkauft haben. Ich bin da bei Fimolas - einen Händler, der Geschäftsbeteiligungen hält, um das Risiko zu streuen oder der Wetten abschließt auf den (un)sicheren Ausgang eines Unternehmens ist komplett unproblematisch.

Geschrieben

 

vor 12 Stunden schrieb Saidon:

Ich habe Serdos Beitrag jetzt noch zweimal gelesen und finde nichts davon, dass es regeltechnisch ginge oder dass aus irgendeiner Warte nichts dagegen spräche. Magst du mir vielleicht die entsprechenden Stellen zitieren, damit ich weiß, was du meinst?

Liebe Grüße
Saidon

hier:

Am 30.8.2019 um 18:22 schrieb Serdo:

 Mir ist ein stimmiges Gesamtbild wichtiger als rein auf Funktion optimierte Zusammenstellungen.

 

Geschrieben

Bei mir ist's eher umgekehrt, die vermeintliche Authenzität, um die sich Leute bemühen, die das Mittelalter vielleicht aus einer ZDF-Doku kennen, nervt. Das Wort "Gewandung" kann ich nicht ausstehen. Die irdische Geschichte ist ein wunderbarer Ideenlieferant, aber die Fäntelalter-Rollenspielpolizei, die sich im wirren Marktsprech produziert, verursacht bei mir nur Fremdscham.

 

  • Like 4
Geschrieben

Ich wähle die Mitte. 😉
In meinen Runden vermeiden wir offensichtliche Anachronismen und Technizismen, aber versuchen nicht krampfhaft, durch Mittelalter-Sprech Pseudo-Authentizität zu schaffen.
Die Formulierungen und Begrifflichkeiten im Kodex sind ein guter Leitfaden, finde ich. Wenn jemand seinen Händler "Einzelhandelskaufmann" nennen würde, würde mich das stören.

Andererseits birgt auch der Kodex Anachronismen. So werden Schusswaffen bei Midgard "abgefeuert". Der Begriff "Feuern/Abfeuern" stammt aus der Zeit, als man eine brennende Lunte an die Feuerwaffe (Schwarzpulver) hielt.

Bögen werden nicht gefeuert, sondern geschossen. Aber schlimm finde ich solche "versteckten" Anachronismen nicht.

  • Like 3
Geschrieben

Für mich ist das eine Frage des Gruppenvertrags und der Störung der gemeinsamen Immersion. Das kann sehr unterschiedlich ausfallen. Mich nerven Pseudo-Historismus und Rechthaberei wie auch das zwanghafte Abgreifen aller Regelvorteile. Und vor allem stört mich weniger das Verhalten als solches, sondern die dahinterstehenden Charakterzüge.

Deshalb würde ich eben aushandeln, was wie wo geht und was wie wo nicht geht. Die Schleuder würde ich ohne Probleme zugestehen (wenn das für Magister gut ist, warum sollte es an der Ausbildungsstätte niemanden geben, der einem das beibringen kann). Bei einem Indianer mit Langschwert und Plattenrüstung hört bei mir aber der Spaß auf, weil das dann kein Indianer mehr ist.

Manchmal sind anachronistische Begriffe wie der Versicherungsvertreter eben Chiffren, um sich einen spezialisierten Händler vor- und ihn darzustellen. Das kann ich mir vorstellen und mir im Spiel auch gezielte Gags auf der Metaebene dazu vorstellen. Wenn die Gruppe eh eine ironische Ebene hat, dann stört mich das nicht. Ein Streitgespräch darüber hingegen schon.

  • Like 1
Geschrieben
Am ‎31‎.‎08‎.‎2019 um 11:50 schrieb Serdo:

Pratchett zu lesen bereitet mir viel Spaß. Das macht richtig Laune. Aber im Rollenspiel finde ich die Umsetzung von solchen "lustigen Ideen" kontraproduktiv. Denn für die Charaktere in der aktuellen Situation sind diese Idee alles andere als lustig. Nehmen wir die schon fast zur Ikone gewordenen Truhe. Die ist einfach super im Roman! Aber wenn man sich in der Situation vorstellt, dass sie jemanden FRISST, der unberechtigt in ihr stöbern will, dann ist das nicht mehr lustig, sondern ein Blut gewordener Alptraum im Stile des Texas Kettensägenmassakers. Das wirklich zu sehen, löst keinen Lachanfall aus, sondern ein posttraumatisches Belastungssyndrom.

Im Tischrollenspiel mag man leichter über Anachronismen hinwegsehen können, aber gerade im Liferollenspiel, wo solche Sachen wie der Freiherr ohne Gefolge, dafür in Pannesamt-Piratenhemd und Schnürlederjeans einfach Augenkrebs verursachen, reißt mich so etwas einfach aus der Immersion. Und das regt mich auf. Tatsächlich bin ich in den 30 Jahren Tischrollenspiel bzw. 25 Jahren Liferollenspiel immer sensibler solchen Sachen gegenüber geworden. Anstatt diese Anachronismen ignorieren und tolerieren zu können, verliere ich die Immersion und rege ich mich darüber auf. Es ist ungefähr so: Wenn Kinder sich zu Hause aus Pappkarton Rüstungen bauen und Ritter spielen, dann ist das voll in Ordnung und passt. Wenn ich aber ins Kino gehe und mir Herr der Ringe anschaue, dann will ich in den Schlachtszenen Metallrüstung und Metallschwerter sehen - und keinen Pappkarton.

LOL - Ich würde an deiner Stelle "making ofs" vermeiden - nur zu oft sind die verwendeten Materialien eben nicht authentisch ;) …

Ich habe selbst ein wenig "mittelalterlich" angehauchte Kleidung, die ich bei Gelegenheit trage, aber Baumwolle statt Leinen find ich OK, Meine Brille trag ich auch, ich will ja was sehen

 

Am Mittelaltermarkt seh ich ja auch moderne Kleidung, und Straßenbeleuchtung (elektrische) gibt's auch.

 

Man kann alles übertreiben.

 

In der Spielwelt?

 

Tja Jede Spielwelt ist keine 1-1 Übertragung unserer Vergangenheit.

 

Wenn es in Alba Teetrinker gibt ist das genau so OK , wie der Waelische Barbar, der gern rosa (Spitzen)Unterwäsche trägt...

 

Solange die Gruppe damit leben kann ist es OK, sollten einzelne Spieler einen puristischeren Approach wünschen ist das genauso gut - wenn sie die (meisten) der Gruppe überzeugen, passe ich mich auch an...

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