Uigboern Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 Lesenswerter Artikel: https://www.deutschlandfunk.de/roemisches-reich-und-mittelalter-voelkerwanderung-gab-es.1148.de.html?dram:article_id=487801&utm_source=pocket-newtab-global-de-DE Was hat das mit 1880 zu tun? Tatsächlich entwickelte sich das Denken, ich gehöre zu einer Nation / Volk erst im 19. Jahrhundert mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Erst mit der Eintragung in das Wählerverzeichnis eines Landes gab es klar definierte Staatszugehörigkeit. Vorher fühlten sich die Menschen in den Grenzregion eher ihrer Region zugehörig aber keinem konkreten Staat. So auch nachzulesen in "Geschichte des 19. Jahrhundert" 2 2
Kazzirah Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 Es hat insbesondere mit 1880 zu hin, da unser gesamtes Mittelalterbild, insbesondere die frühe Phase des Übergangs von der Antike ins Mittelalter, ein Konstrukt des 19. Jh. ist. Da hat man sich eine Vergangenheit erfunden, die zum gewünschten politischen Ziel passt. 5
Odysseus Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 Da hatten wir ein großes Problem bei einigen Ausstellungen, da der Geschichtsunterricht in Schulen offensichtlich noch nicht ganz 'auf der Höhe' der jetzigen Forschung ist: "Jetzt überlegt mal, was ihr in der Schule über die Sachsen gelernt habt und vergesst das mal ganz schnell! Das war in Wirklichkeit ganz anderes...". Best, der Listen-Reiche 2
Kazzirah Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 Jo, es dauert halt ein paar Jahr(zehnt)e, bis Forschungsstand in Schulbücher durchsickert...
Randver MacBeorn Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 Ich möchte dem Eröffnungsbeitrag vorsichtig widersprechen, eigentlich auch nur weil ich folgende sehr interessante Seite gefunden habe: https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/mythen/woher.html Anlass war für mich für Schweden den Zusammenhang mit Gustav Wasa nachzuvollziehen. Ich stimme sehr zu dass die Region als Herkunft früher die wesentliche Rolle im Vergleich zur Nation bzw. Volk gespielt hat. Aber erst ab 19. Jahrhundert erscheint mir schon sehr spät. Soll die These nur für Deutschland oder allgemein gelten?
Kazzirah Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 vor 10 Minuten schrieb Randver MacBeorn: Ich möchte dem Eröffnungsbeitrag vorsichtig widersprechen, eigentlich auch nur weil ich folgende sehr interessante Seite gefunden habe: https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/mythen/woher.html Anlass war für mich für Schweden den Zusammenhang mit Gustav Wasa nachzuvollziehen. Ich stimme sehr zu dass die Region als Herkunft früher die wesentliche Rolle im Vergleich zur Nation bzw. Volk gespielt hat. Aber erst ab 19. Jahrhundert erscheint mir schon sehr spät. Soll die These nur für Deutschland oder allgemein gelten? Es ist sogar noch komplexer. Das, was wir 'Nation' nennen, ist aber generell erst eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Nicht nur im deutschsprachigen Raum. Natürlich gab es davor bereits andere überregionale Identitätsmerkmale. Es gab z.B. durchaus schwere Konflikte zwischen 'deutschen' und 'Slawen' in Städten in Zunftordnugen. Aber die Durchlässigkeit war hoch. Der Wechsel von einer 'volksidentität' zu einer anderen war nicht nur möglich, sondern üblich. Sämtliche Nationalstaaten, die im 19. Jahrhundert entstanden sind, hatten mehr oder minder mit plötzlich marginalisierten Minderheiten zu tun. Manchen fiel das ignorieren leichter (Frankreich) anderen schwerer (ganz Mitteleuropa). 3
Solwac Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 (bearbeitet) vor 40 Minuten schrieb Randver MacBeorn: Ich möchte dem Eröffnungsbeitrag vorsichtig widersprechen Mich wundert eigentlich nur die Resonanz hier, aber ich kenne den Forschungsstand seit einigen Monaten so, das die Völkerwanderung in der Größe von 200.000 bis 300.000 verlaufen sein soll. Also keine großflächigen Bewegungen, selbst die Schlacht auf den katalunischen Feldern mit den Bewegungen der Kämpfer zur Schlacht und den Überlebenden nachher war in absoluten Zahlen klein. Wanderungsbewegungen fanden ich überschaubaren Zahlen über geraume Zeit statt, so z.B. die Angelsachsen bei der Besiedlung Englands. Wenn man hier über 100 Jahre hinweg je 1000 Personen annimmt, die aber nach der Wanderung ihre Identität bewahrt haben, dann sieht man auch dort die Größenordnung. So bleibt auch genug Platz für die Siedlungskontinuität der römischen Landgüter, es werden die immer noch erstaunlichen Bewegungen der Vandalen greifbar und auch die Gotenzüge werden nachvollziehbar. Offenbar sind schon seit Caesar überhöhte Zahlen in Mode gewesen. Die Umsiedlungen der Ubier sind lokal zwar durchaus bedeutend gewesen, aber die Überlieferung wie durch Tacitus hat die Dimensionen überhöht. So wie Joachim von Delbrück viele Angaben über Truppengrößen als faktisch unmöglich erkannte und die Zahlen seither um mehr als eine Größenordnung kleiner wurden, so sehe denselben Effekt jetzt auch bei den Geschichten zur Völkerwanderung. Bearbeitet 24. November 2020 von Solwac 2
Fabian Geschrieben 24. November 2020 report Geschrieben 24. November 2020 vor 2 Stunden schrieb Khuzzuluh: Das, was wir 'Nation' nennen, ist aber generell erst eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Nicht nur im deutschsprachigen Raum. Sehr empfehlenswerte Leküre zum Thema: Benedict Anderson: Die Erfindung der Nation: Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts (2005) 2
Orlando Gardiner Geschrieben 25. November 2020 report Geschrieben 25. November 2020 Mich wundert nur, dass das neue Erkenntnisse sein sollen. In meinem Studium um die Jahrtausendwende (Alte Geschichte, Mittlere und Neuere Geschichte, Byzantinistik) war das bereits bekannt. Natürlich gibt es zwischen Epochen nie einen klaren Übergang, schließlich sind diese Epochen ja Konstrukte im Nachhinein. Dass "Völker" oder wie man die frühen Interessenverbände nun nennen will, ethnisch keine Einheit darstellten, ist nun auch nicht gerade eine brandneue Erkenntnis. 4
Patrick Geschrieben 12. Januar 2022 report Geschrieben 12. Januar 2022 Am 24.11.2020 um 14:23 schrieb Odysseus: Da hatten wir ein großes Problem bei einigen Ausstellungen, da der Geschichtsunterricht in Schulen offensichtlich noch nicht ganz 'auf der Höhe' der jetzigen Forschung ist: "Jetzt überlegt mal, was ihr in der Schule über die Sachsen gelernt habt und vergesst das mal ganz schnell! Das war in Wirklichkeit ganz anderes...". Best, der Listen-Reiche Zumindest, dass nationale Zugehörigkeiten bzw. ein Nationalgefühl erst im 19. Jahrhundert entstanden, habe ich in der Schule in der 8. und 9. Klasse in Geschichte und in der 11. in Deutsch gelernt und nie etwas anderes. An die Völkerwanderung in der 6. oder 7. kann ich mich nicht mehr erinnern 1
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