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Schoko & Co


Ma Kai

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Geschrieben

Ein hübsches Wirtschaftsspiel alter Fasson (möglichst viel Geld in möglichst kurzer Zeit scheffeln). Einen eigenen Wikipedia-Artikel gibt es noch nicht, ausweislich dessen über den Verlag (https://de.wikipedia.org/wiki/Schmidt_Spiele) war es aber 1988 auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres.

Nachdem ich sie gestern praktisch zum Spieltisch tragen musste, um das mal mit ihnen auszuprobieren, haben mich meine Töchter heute morgen geweckt mit den Worten "Papiiii - Schoko & Co spielen!". Die Millionengewinne, die man bei dem Spiel sehr schnell erscheffelt, müssen ziemliche Freude ausgelöst haben. Wir spielen allerdings aus Gründen altersbedingter Frustrationstoleranz ohne die "Express"-Karten, die einem ja ordentlich in die Suppe spucken können.
Mir scheint, das Spiel demonstriert recht gut, unter welchen Bedingungen Unternehmen quasi Gelddruckmaschinen wären: man nennt (muss sie ja nicht kaufen) relativ hohe Rohstoffbedarfe, so dass die Rohstoffpreise sehr niedrig bleiben (dadurch ist die Kapitalbindung darin sehr gering - nicht, dass diese nach dem Monat Januar irgendwie ein Problem wäre - so dass man sich das Eingangslager sowieso vollstopfen kann). Es zahlt sich dann aus, wenn mindestens eine/r ebenso viele Verkäufer hat, wie Mitspieler am Tisch sitzen (oder einen mehr), dann wird bei ca. 34 Tonnen durchschnittlichen Auftragsvolumen eines Vertrages, mithin ca 100 Tonnen Nachfrage pro Verkäufer, der Markt ganz gut leer geräumt. Wir hatten heute bei 3 Spielern bei maximal 3 Verkäufern Durchschnittspreise von etwas über 80, bei 4 von über 100.
Im eingeschwungenen Zustand hatten wir dann Gewinne von ca. 2mio pro Runde, sofern nichts ganz Böses dazwischen kam (Wilder Streik z.B.). Uns gingen in kürzester Zeit die großen Geldscheine aus und wir mussten anfangen, Zettel über 0.5 oder 1m Schokomark zu schreiben, damit der Bank die Scheine nicht ausgingen.

Eventuell sind eigentlich die Ärgernisse aus den Express-Karten als Korrektiv gedacht, die natürlich die Spielsituation ändern und den oben geschilderten Idealfall etwas bremsen. Ein solches gegenläufiges Überschießen würde mir nicht so sehr gefallen.

Die Bezeichnung, dass "Sekretäre" die Verträge in die "Buchhaltung" geben müssen, damit es Geld gibt, ist relativ hanebüchen. Man hätte sich mit "Auftragsannahme" oder "Vertriebsinnendienst" keinen Zacken aus der Krone gebrochen.
Dass nun ausgerechnet die "Sekretäre" die pinkfarbenen Klötzchen sind (hat da nicht doch jemand die Geschlechts-Endung vergessen?), die Buchhalter hingegen gräulich grau, und die Arbeiter (hoffentlich Schokoladen- und nicht Neger-)braun, ist irgendwie... etwas suspekt. Überhaupt hätte das Spielmaterial schöner, und bisweilen auch spielflussfördernder (z.B. hätte man durch einen Pfeil auf dem Spielfeld andeuten können, bei welchem Markt die Versteigerung beginnt) gestaltet werden können. Ist halt 30 Jahre her...

Ich vermute, die folgenden zwei Modifikationen würden das Spiel erheblich schwieriger machen:

  • man kann in Schritt 1 als Bedarf nicht seinen ganzen leeren Lagerbestand, sondern nur die Hälfte nennen. Wer also nicht den anderen etwas von "deren" Rohstoff "wegkauft", bekommt sein Lager nicht voll. Damit dürften die Rohstoffpreise dramatisch steigen.
  • pro Verkäufer in der größten Truppe gibt es nicht drei, sondern zwei Verträge. Eventuell müsste man (nach der obigen Modifikation) sogar auf 1:1 gehen, damit es schwerer wird, alle zusammen die Produktion zu guten Preisen im Markt unterzubringen.

Was meint Ihr? Was sind Eure Erfahrungen mit dem Spiel?

Geschrieben (bearbeitet)
20 minutes ago, Ma Kai said:

Mir scheint, das Spiel demonstriert recht gut, unter welchen Bedingungen Unternehmen quasi Gelddruckmaschinen wären: man nennt (muss sie ja nicht kaufen) relativ hohe Rohstoffbedarfe, so dass die Rohstoffpreise sehr niedrig bleiben (dadurch ist die Kapitalbindung darin sehr gering - nicht, dass diese nach dem Monat Januar irgendwie ein Problem wäre - so dass man sich das Eingangslager sowieso vollstopfen kann).

Hm... da müssen aber alle Spieler zusammenarbeiten und niemand sabotieren, oder? :?: In der Anleitung wird ja sogar vorgeschlagen, dass man, wenn man selbst mehr Geld als die Mitspieler hat, die Bedarfe drücken soll, damit wenig Kakao auf den Markt kommt, welchen man den armen Schluckern wegschnappen kann. :P

Ich sag mal: In Familienrunden wird nicht immer maximal scharf gespielt. Daher die Nachfrage. ;)
Auch bei Siedler von Catan hat sich so mancher Familienrunden-Veteran in einer Runde aus Erwachsenen auf einmal gewundert, warum er mit 10 Punkten immer den Räuber abbekommt - und Gnaden-Gesuche und vorwurfsvolle Blicke wirkungslos verpuffen. :sneaky:
Ja, ein Kartell kann gut Kohle machen. :rueckzug:

Das mit den Sekretären und Buchhaltern ist naiv-sinnvoll: Der Sekretär gibt den Kram beim Buchhalter ab, der die Lastschriften dann schreibt. Ich stelle mir dann ganz 80er-Jahre mäßig einen Mann an der Schreibmaschine vor, der den Lastschriften-Einzug einhackt. ;) Klar könnte man das auch anders nennen, aber ist ja nur ein Spiel.

Wie habt Ihr die Extra-Karten gehandhabt, mit denen man seine Mitspieler ärgern kann?

Bearbeitet von dabba
Geschrieben
vor einer Stunde schrieb dabba:

da müssen aber alle Spieler zusammenarbeiten und niemand sabotieren, oder?

Das hat so was spieltheoretisches an sich: wenn alle zusammen halten, profitieren alle. Es fehlt aber zum Gefangenendilemma, dass der eine, der ausschert, davon so sehr profitiert. Ich bin jetzt nicht der hundertmal-gespielt-Experte, aber im ersten Monat haben alle sehr wenig und vor allem ziemlich gleichmäßig Geld (die Konfiguration "zwei Arbeiter, ein Buchhalter, zwei Sekretäre, 1-2 Verkäufer" ist wohl ziemlich optimal). Jeder kann 16 Stück Kakao in dem Pott tun und maximal 6 verbauen in diesem Monat. Man kann den Markt da kaum leer machen. Nach dem ersten Monat sind hunderttausende von Schokomarkt im Umlauf, da wird es schwer, den Markt ganz leer zu räumen. Man kann das allgemeine Wohlstandsniveau drücken, aber man kann kaum den Markt eng genug machen und dann selbst so abräumen, dass man nachher allein die großen Verträge zu Höchstpreisen abräumen kann, weil die anderen nichts produzieren konnten. Wenn man sicher stellen könnte, dass man die (mehreren) anderen Spieler alle überbieten und trocken legen könnte, so dass man den Verkaufsmarkt für sich allein hat, dann wäre es eine attraktive Strategie. So macht man aber nur den Markt für alle enger/teurer, einschließlich seiner selbst.

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb dabba:

Das mit den Sekretären und Buchhaltern ist naiv-sinnvoll: Der Sekretär gibt den Kram beim Buchhalter ab, der die Lastschriften dann schreibt. Ich stelle mir dann ganz 80er-Jahre mäßig einen Mann an der Schreibmaschine vor, der den Lastschriften-Einzug einhackt. ;) Klar könnte man das auch anders nennen, aber ist ja nur ein Spiel.

Ja, und Sekretariat ist gegenüber den von mir genannten Alternativen kürzer und allgemeiner. Aber ich fand es trotzdem - verbesserungswürdig.

Geschrieben
vor einer Stunde schrieb dabba:

Wie habt Ihr die Extra-Karten gehandhabt, mit denen man seine Mitspieler ärgern kann?

Die "Express-Karten". Die wollten meine Töchter nicht, wie ich oben (allerdings nur unter Nennung dieses nicht beschreibenden Namens) erwähnt hatte. Wenn die wie gesagt Korrektiv zu ansonsten überschießenden Einnahmen sein sollten, dann würde mir ein solches gegenläufiges Überschießen nicht so gut gefallen.

Geschrieben (bearbeitet)
38 minutes ago, Ma Kai said:

Das hat so was spieltheoretisches an sich: wenn alle zusammen halten, profitieren alle.

Das hat auch etwas Kritisches gegen den "Realkapitalismus": Das Kartell in der Schokoladen-Industrie verbündet sich. Es übervorteilt gemeinsam die Kakao-Industrie und die Nachfrager. Einzelne Marktteilnehmer könnten das Kartell nicht durchbrechen, selbst wenn sie wollen.

36 minutes ago, Ma Kai said:

Die "Express-Karten". Die wollten meine Töchter nicht, wie ich oben (allerdings nur unter Nennung dieses nicht beschreibenden Namens) erwähnt hatte. Wenn die wie gesagt Korrektiv zu ansonsten überschießenden Einnahmen sein sollten, dann würde mir ein solches gegenläufiges Überschießen nicht so gut gefallen.

Es gibt auch noch den Schmidt-Wirtschaftsdienst, der in jedem Jahr einen Nachteil reinschmeißt. Die Express-Karten sorgen eben dafür, dass man sich gegenseitig ärgert, z. B. jemandem die Schokoladen-Vorräte kaputtmacht. Letztlich geht es nicht darum, selbst viel Kohle zu machen, sondern andere Spieler vom Tisch zu werfen.

Das ist ein ähnliches Problem wie bei den Monopoly-Hausregeln:
Natürlich ist es gefühlt cool, wenn man auf Frei Parken landet und den dicken Jackpot bekommt - letztlich sorgt dieser Jackpot aber dafür, dass das Geld nicht aus dem Spiel gezogen wird, das Spiel in die Länge gezogen wird und der Glücksfaktor steigt. Weswegen der Publisher Hasbro mittlerweile eine Warnung in die Anleitung druckt:

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Quelle: Monopoly - Spielanleitung / Spielregel - Monopoly-Spielanleitung.pdf

Bearbeitet von dabba
  • Haha 1
  • 3 Wochen später...
Geschrieben
Am 2.1.2021 um 23:41 schrieb dabba:

Es gibt auch noch den Schmidt-Wirtschaftsdienst, der in jedem Jahr einen Nachteil reinschmeißt. Die Express-Karten sorgen eben dafür, dass man sich gegenseitig ärgert, z. B. jemandem die Schokoladen-Vorräte kaputtmacht. Letztlich geht es nicht darum, selbst viel Kohle zu machen, sondern andere Spieler vom Tisch zu werfen.

Richtig. Die Wirtschaftsdienst-Karten verwenden wir auch - obwohl die natürlich im konkreten Fall auch zu Stöhnen und Protesten führen. Aber die betreffen alle gleichermaßen und man tut die sich nicht gegenseitig an.

Ich finde, die Express-Karten bringen noch ein bisschen Strategie und Abwechslung herein.

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