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Just asking - wurde je begründet, warum Frankreich und Deutschland als kultureller Hintergrund fehlen?


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Angeregt durch diesen Post habe ich mir die alte Diskussion mal angeguckt.

Was man auf Midgard nicht so recht findet, ist das hochmittelalterliche Kontinentaleuropa mit der kuriosen Ausnahme des Mittelmeerraums (Küstenstaaten).

Ich habe ein gewisses Interesse an der mittelalterlichen deutschen Geschichte (und an jeder Menge Geschichte aller möglichen Länder) und fand schon, dass hier eine Lücke besteht. Das skandinavische Waeland ist kein geeigneter Ausweichraum für Leute, die gern auch mal so etwas wie Störtebeker aufgreifen möchten oder andere aufregende Geschichten, wie man sie z. B. in den historischen Romanen Josef Nyarys findet. Seine Romane "Und sie schufen ein Reich" oder "Das Haupt des Täufers" sind echte Fundgruben für Rollenspiele. Desgleichen die Geschichten um den "Warhound" Ulrich von Beck aus der Feder Michael Moorcocks.

Ich habe durch den Umstand, dass weite Breiche des europäischen Hochittelalters (Frankreich, Deutschland der Karolinger und Ludolfinger, die Westslawen) keine kulturellen Anknüpfungspunkte auf Midgard haben, in den 80er Jahren angefangen, eine eigene Spielwelt zu entwickeln, die besonders herausstellt, was mir fehlt. Wie das alte "heilige römische Reich" ist das Königreich Urland auf meiner Spielwelt eine Melange aus germanischen, slawischen und romanischen Elementen.

Der Zweck dabei war auch, den exotischen Wesen der kontinentaleuropäischen Mythologie eine Heimat zu geben. Weitgehend habe ich mich dabei an Leander Petzoldts "Kleines Lexikon der Dämonen und Elementargeister" orientiert, das in mir schon bei der ersten Lektüre vor Jahrzehnten die Frage auslöste: Warum gibt es keine Rollenspielwelt für all das? Antwort: Klare Sache, das Rollenspiel ist eine amerikanische Erfindung, und seine Monster sind Disneymonster, keine traditionellen europäischen Märchen- und Fabelwesen (wobei ich das Weinnörgele, Ekke Nekkepenn oder den Bilwissschnitter echt vermisse). Da mich in dem Punkt auch Das Schwarze Auge und Midgard im Stich ließen, habe ich eben Urland gebastelt.

(Exkurs: Laut dem erwähnten Büchlein von Petzoldt ist der "Ork" von der Herkunft ein Tiroler, als "wilder Geißer" ein Viehhirte, aber auch ein Hüter des Waldes und der Tiere. Sein städtischer Verwandter ist das o. g. Weinnörgele.)

Allerdings wurde in Urland nach Midgard-Regeln gespielt, weil sie halt relativ "lebensnah" (mit allen Vorbehalten) sind. Später habe ich dann auf das Nischensystem "Fantasy Age" umgestellt, das sich in meinem Rollenspielerherzen mit Midgard um den ersten Platz streitet, aber hierzulande bei kaum jemandem Interesse weckt.

Man verzeihe mir bitte die kleine Abschweifung zum Schluss.

Bearbeitet von Rulandor
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Geschrieben
vor 2 Stunden schrieb Rulandor:

Ich habe durch den Umstand, dass weite Breiche des europäischen Hochittelalters (Frankreich, Deutschland der Karolinger und Ludolfinger, die Westslawen) keine kulturellen Anknüpfungspunkte auf Midgard haben, in den 80er Jahren angefangen, eine eigene Spielwelt zu entwickeln, die besonders herausstellt, was mir fehlt. Wie das alte "heilige römische Reich" ist das Königreich Urland auf meiner Spielwelt eine Melange aus germanischen, slawischen und romanischen Elementen.

Fühl dich frei, deine Ausarbeitungen hier im Forum zu veröffentlichen! 

Wir haben dafür sogar einen eigenen Bereich: Neue Welten

  • Like 3
  • 2 Wochen später...
Geschrieben (bearbeitet)
Am 27.1.2025 um 20:55 schrieb Bruder Buck:

Fühl dich frei, deine Ausarbeitungen hier im Forum zu veröffentlichen! 

Wir haben dafür sogar einen eigenen Bereich: Neue Welten

Danke für den Hinweis. Leider ist da das leidige Problem der schlicht nicht vorhandenen Zeit. Das Material zu meiner Spielwelt Gundram, auf der auch das durch das frühmittelalterliche Frankenreich und mehrere Sagenquellen inspirierte multiethnische Königreich Urland liegt, ist seit den späten 1980ern gewachsen und gewachsen und liegt in den sonderbarsten Formaten vor, angefangen von Schreibmaschinentexten über Dateien in Computerformaten, die seit Jahrzehnten nicht mehr laufen.

Zu den Quellen für, sagen wir mal, nichtalbische Kampagnen gehört übrigens auch der französische Romanzyklus über die "Roi Maudits", die "Verfluchten Könige", von Maurice Druon. In einem guten Antiquariat kann man die deutschen Ausgaben der ersten sechs Romane (zusammengefasst in drei Bänden) vielleicht noch kriegen und den siebten Band auf Englisch. Die beneidenswerten Menschen, die des Französischen lesemächtig sind, dürfen natürlich gern die Originale lesen und die beiden nur auf Französisch vorliegenden TV-Serienadaptationen dieser Romane angucken.

Der Zyklus der verfluchten Könige hat Urland auch stark inspiriert und z. B. Themen wie kriegsbedingte Inflation in die Kampagne eingeführt. Die Lösung in meiner Kampagne bestand im Angebot eines Drachen, eine durch seinen Hort gedeckte neue Währung einzuführen, die den völlig wertlosen Königsthaler ablösen und die Inflation und Wirtschaftskrise beheben konnte. Dabei habe ich dann auch gleich das Bankenwesen des frühen 14. Jahrhunderts, wie von Druon dargestellt, in die Spielwelt eingeführt und dazu eine Kooperation zwischen dem Drachen und einem Großbanker.

Ein weiteres Kriterium für das Königreich Urland war mein Wunsch, ein Heimatland für Abenteurer zu haben, in dem einfach alle Laufbahnen eine kulturelle und regionale Nische haben: Druiden und Priester, Ritter und Barbaren, Menschen und Elfen und Zwerge und Gnome und spielbare Orks (weniger tolkienesk und mehr aus Tirol inspiriert).

 

Bearbeitet von Rulandor
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Geschrieben

Wer Historisches auf Midgard bzgl. mittelalterliches und frühneuzeitliches Deutschland und Frankreich sucht, der wird in Alba und Leonessa (Lidralien) sehr wohl fündig. Es springt einem nicht direkt ins Auge, aber wer historische bzw. literarische Kenntnisse hat, dem fällt es wahrlich auf.

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Geschrieben
vor 3 Minuten schrieb LarsB:

Wer Historisches auf Midgard bzgl. mittelalterliches und frühneuzeitliches Deutschland und Frankreich sucht, der wird in Alba und Leonessa (Lidralien) sehr wohl fündig. Es springt einem nicht direkt ins Auge, aber wer historische bzw. literarische Kenntnisse hat, dem fällt es wahrlich auf.

Das mag ja stimmen, aber für die meisten Kulturbanausen zählt doch irgendwie die oberste, sichtbare Schicht und die ist in Alba nun mal schottisch*. Feinere Nuancen oder Untergründigeres nehme ich als Verfremdung oder Abweichung wahr, aber nicht in dem Sinne, dass ein anderer kultureller Einschlag für mich spürbar wäre.

Und dann bringt mir das rollenspielmäßig eben keine anderen Kultur.

 

* Ich fürchte mal, dass wir alle in Alba wohl aus purer Not ein derart deutsches Schottland spielen, dass es für echte Schotten ein Graus sein muss.

  • Haha 1
Geschrieben
vor 30 Minuten schrieb Eleazar:

Das mag ja stimmen, aber für die meisten Kulturbanausen zählt doch irgendwie die oberste, sichtbare Schicht und die ist in Alba nun mal schottisch*. Feinere Nuancen oder Untergründigeres nehme ich als Verfremdung oder Abweichung wahr, aber nicht in dem Sinne, dass ein anderer kultureller Einschlag für mich spürbar wäre.

Und dann bringt mir das rollenspielmäßig eben keine anderen Kultur.

 

* Ich fürchte mal, dass wir alle in Alba wohl aus purer Not ein derart deutsches Schottland spielen, dass es für echte Schotten ein Graus sein muss.

Man musste schon immer selber eine passende Umsetzung einer Idee in ein Setting machen. Für die meisten Märchen sind Alba, Lidralien, Moravod usw. gut, aber eben nicht 1:1 verwendbar. Einige Ideen passen gut und manche passen weniger. Der SL muss die richtigen Aspekte betonen, dann passt das schon oder braucht nur wenig Anpassung. Bis jetzt habe ich es jedenfalls immer geschafft und weiß nach einem Abenteuer recht genau woran etwas gehakt hat.

Geschrieben
Am 6.2.2025 um 12:10 schrieb LarsB:

Wer Historisches auf Midgard bzgl. mittelalterliches und frühneuzeitliches Deutschland und Frankreich sucht, der wird in Alba und Leonessa (Lidralien) sehr wohl fündig. Es springt einem nicht direkt ins Auge, aber wer historische bzw. literarische Kenntnisse hat, dem fällt es wahrlich auf.

Aha. Bodenschwere Erkenntnis. :sigh:

Geschrieben (bearbeitet)
Am 5.2.2025 um 18:42 schrieb Rulandor:

Leider ist da das leidige Problem der schlicht nicht vorhandenen Zeit. [...] und liegt in den sonderbarsten Formaten vor, angefangen von Schreibmaschinentexten über Dateien in Computerformaten, die seit Jahrzehnten nicht mehr laufen.

Oh ja, das kenne ich nur zu gut. Nicht in dem Umfang, aber die Tendenz gibt's bei mir auch. :blush:

Deine Kampagnen-Skizze finde ich übrigens sehr interessant, davon würde ich gerne mehr lesen! :read:

Bearbeitet von Bruder Buck
Geschrieben (bearbeitet)

Passt eigentlich nur bedingt hierhin, aber vielleicht findet es jemand nützlich.

Ich hatte den Romanzyklus "Die Verfluchten Könige" von Maurice Druon als Ideenquelle für Rollenspiele empfohlen. Gerade unter dem Gesichtspunkt "kontinentaleuropäische" Schauplätze sind auch sehr empfehlenswerte Lektüren diverse Romane von Josef Nyary wie "Das Haupt des Täufers", "Die Vinland-Saga" und "Und sie schufen ein Reich".

Davon ist jedoch nur "Das Haupt des Täufers" ein fantastischer Roman, die anderen sind historische Erzählungen, aber das sind gerade für die Midgard-Welt (oder, prahl, mein Urland) immer geeignete Quellen. Im genannten Roman stellt ein Student aus dem mittelalterlichen Detmold bei der Rückkehr vom Studium in Paris fest, dass er von einem Dämon verfolgt wird, einem "Assiduus", der eine einmal aufgenommene Fährte nie mehr verlässt, auch wenn er seiner Beute durch einen Fluss oder auf dem Meeresgrund folgen muss. Da kommt unserem Studenten die Hilfe eines böhmischen Magiers gerade recht, der zusammen mit einem versoffenen, prügelsüchtigen Mönch aus der Schweiz, einem französischen Ritter und einem türkischen Seeräuber eine Queste zu erfüllen hat.

Ich empfehle auch "Die Kriegsmeute" (Originaltitel "The Warhound and the World's Pain") von Michael Moorcock. Ist eigentlich nicht mehr Mittelalter, aber bietet trotzdem spannende Abenteuerideen. Im 30jährigen Krieg reiten zwei müde Krieger, der Hauptmann Ulrich von Bek und sein alter Kampfgefährte, ein Kosack, durch einen Wald in Deutschland und kommen prompt in einem Zauberschloss unter. Eine geheimnisvolle Gräfin hat dort für sie einen Auftrag von geradezu mythischen Ausmaßen.

 

Bearbeitet von Rulandor
Geschrieben
Am 7.2.2025 um 13:24 schrieb Bruder Buck:

 

Deine Kampagnen-Skizze finde ich übrigens sehr interessant, davon würde ich gerne mehr lesen! :read:

Da hast du mich an einem Schwachpunkt erwischt - ich bin leicht zu überreden.

Vielleicht schreibe ich mal eine ausführliche Zusammenfassung für das genannte Forum.

 

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